IPCC-Sonderbericht über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima (SROCC)

Beobachtete Folgen für Menschen und Ökosystemleistungen

A7. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat die schrumpfende Kryosphäre in der Arktis und in Hochgebirgsregionen zu überwiegend negativen Folgen für Ernährungssicherheit, Wasserressourcen, Wasserqualität, Lebensgrundlagen, Gesundheit und Wohlergehen, Infrastruktur, Verkehr, Tourismus und Erholung sowie für die Kultur menschlicher Gesellschaften geführt, insbesondere für indigene Völker (hohes Vertrauen). Kosten und Nutzen wurden ungleichmäßig unter Bevölkerungen und Regionen verteilt. Anpassungsanstrengungen haben von der Einbeziehung indigenen Wissens und lokalen Wissens profitiert (hohes Vertrauen).
A8. Veränderungen im Ozean haben sich mit regional unterschiedlichen Resultaten auf marine Ökosysteme und deren Leistungen ausgewirkt, was deren Management und Steuerung erschwert (hohes Vertrauen). Es ergeben sich sowohl positive als auch negative Folgen für die fischereigestützte Ernährungssicherheit (mittleres Vertrauen), lokale Kulturen und Lebensgrundlagen (mittleres Vertrauen) sowie Tourismus und Erholung (mittleres Vertrauen). Die Folgen für Ökosystemleistungen haben negative Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlergehen (mittleres Vertrauen) sowie auf von der Fischerei abhängige indigene Völker und lokale Gemeinschaften (hohes Vertrauen).
A9. Gemeinschaften an Küsten sind einer Vielzahl klimabedingter Gefahren ausgesetzt, darunter tropische Wirbelstürme, extreme Meeresspiegel und Überschwemmungen, marine Hitzewellen, Meereisverlust und Tauen von Permafrost (hohes Vertrauen). Weltweit wurden vielfältige Maßnahmen umgesetzt, meist nach Extremereignissen, aber manche auch in Erwartung zukünftigen Meeresspiegelanstiegs, z. B. bei großen Infrastrukturen.

SPM.B Projizierte Veränderungen und Risiken

Projizierte physische Veränderungen9

B1. Massenverlust von Gletschern in globalem Ausmaß, das Tauen von Permafrost und der Rückgang der Schneebedeckung und des arktischen Meereises werden sich laut Projektionen in der nahen Zukunft (2031–2050) fortsetzen, da die Oberflächenlufttemperatur zunimmt (hohes Vertrauen), was unvermeidliche Auswirkungen auf den Abfluss von Flüssen und lokale Gefahren hat (hohes Vertrauen). Die grönländischen und antarktischen Eisschilde werden laut Projektionen während des gesamten 21. Jahrhunderts und darüber hinaus mit zunehmender Geschwindigkeit an Masse verlieren (hohes Vertrauen). Die Geschwindigkeiten und Ausmaße dieser kryosphärischen Veränderungen werden laut Projektionen bei einem Pfad mit hohen Treibhausgasemissionen in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts weiter zunehmen (hohes Vertrauen). Starke Verringerungen der Treibhausgasemissionen in den kommenden Jahrzehnten werden laut Projektionen weitere Veränderungen nach 2050 reduzieren (hohes Vertrauen).
B2. Laut Projektionen wird der Ozean im Laufe des 21. Jahrhunderts einen Übergang zu noch nie dagewesenen Bedingungen vollziehen, mit erhöhten Temperaturen (praktisch sicher), stärkerer Schichtung im oberen Ozean (sehr wahrscheinlich), weiterer Versauerung (praktisch sicher), Sauerstoffrückgang (mittleres Vertrauen) sowie veränderter Nettoprimärproduktion (geringes Vertrauen). Marine Hitzewellen (sehr hohes Vertrauen) und extreme El Niño- und La Niña-Ereignisse (mittleres Vertrauen) werden laut Projektionen häufiger werden. Die Atlantische Meridionale Umwälzbewegung (Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC) wird sich laut Projektionen abschwächen (sehr wahrscheinlich). Die Geschwindigkeiten und Größenordnungen dieser Veränderungen werden bei Pfaden mit geringen Treibhausgasemissionen geringer sein (sehr wahrscheinlich).
B3. Der Meeresspiegel steigt weiter mit zunehmender Geschwindigkeit. Extremwasserstände, die historisch selten sind (einmal pro Jahrhundert in der jüngeren Vergangenheit), werden laut Projektionen bis 2050 in allen RCP-Pfaden an vielen Orten häufig (mindestens einmal pro Jahr) auftreten, insbesondere in tropischen Regionen (hohes Vertrauen). Die zunehmende Häufigkeit von Hochwasserständen kann je nach Exposition an vielen Orten schwerwiegende Folgen haben (hohes Vertrau-en). Der Meeresspiegelanstieg wird sich laut Projektionen in allen RCP-Pfaden über das Jahr 2100 hinaus fortsetzen. Für einen Pfad mit hohen Emissionen (RCP8.5) sind die Projektionen für den globalen Meeresspiegelanstieg bis zum Jahr 2100 höher als in AR5, was auf einen verstärkten Beitrag des antarktischen Eisschildes zurückzuführen ist (mittleres Vertrauen). Unter den Bedingungen des RCP8.5-Pfads wird projiziert, dass der Meeresspiegelanstieg in den kommenden Jahrhunderten Geschwindigkeiten von mehreren Zentimetern pro Jahr überschreiten wird, was zu einem Anstieg von mehreren Metern führt (mittleres Vertrauen), während in RCP2.6 der Meeresspiegelanstieg laut Projektionen auf etwa 1 Meter im Jahr 2300 begrenzt ist (geringes Vertrauen). Extremwasserstände und küstenbezogene Gefährdungen werden durch einen prognostizierten Anstieg der Intensität und der Niederschläge tropischer Wirbelstürme verschärft (hohes Vertrauen). Projizierte Veränderungen von Wellen und Gezeiten variieren lokal dahingehend, ob sie diese Gefahren verstärken oder mildern (mittleres Vertrauen).

Projizierte Risiken für Ökosysteme

B.4 Zukünftige Veränderungen der Kryosphäre an Land werden weiterhin Land- und Süßwasserökosysteme in Hochgebirgs- und Polarregionen verändern, wobei sich die Verbreitungsgebiete von Arten stark verlagern, was zu Veränderungen der Struktur und Funktionsweise von Ökosystemen und schließlich zum Verlust weltweit einzigartiger biologischer Vielfalt führt (mittleres Vertrauen). Wald- und Flächenbrände werden laut Projektionen für den Rest dieses Jahrhunderts in den meisten Tun-dragebieten und borealen Regionen sowie in einigen Gebirgsregionen deutlich zunehmen (mittleres Vertrauen).
B5. Für die Ökosysteme der Ozeane von der Oberfläche bis zum Tiefseeboden wird bei allen Emissionspfaden im Laufe des 21. Jahrhunderts ein Rückgang der globalen Biomasse mariner Tiergemeinschaften, ihrer Produktion und ihres Fangpotenzials sowie eine Verschiebung der Artenzusammensetzung projiziert (mittleres Vertrauen). Die Geschwindigkeit und das Ausmaß des Rückgangs werden laut Projektionen in den Tropen am höchsten sein (hohes Vertrauen), wohingegen die Folgen in den Polarregionen vielfältig bleiben (mittleres Vertrauen) und bei Pfaden mit hohen Emissionen zunehmen. Ozeanversauerung (mittleres Vertrauen), Sauerstoffverlust (mittleres Vertrauen) und geringere Meereisausdehnung (mittleres Vertrauen) sowie nicht-klimatische menschliche Aktivitäten (mittleres Vertrauen) haben das Potenzial, diese durch Erwärmung hervorgerufenen Ökosystemfolgen zu verschärfen.
B6. Die Risiken schwerwiegender Folgen für Biodiversität, Struktur und Funktion von Küstenökosystemen werden laut Projektionen im 21. Jahrhundert und darüber hinaus bei erhöhten Temperaturen bei Pfaden mit hohen Emissionen gegenüber solchen mit niedrigen Emissionen höher ausfallen. Zu den projizierten Reaktionen von Ökosystemen gehören der Verlust von Lebensraum und Artenvielfalt sowie die Schädigung von Ökosystemfunktionen. Die Anpassungsfähigkeit von Organismen und Ökosystemen ist bei niedrigeren Emissionspfaden größer (hohes Vertrauen). Für empfindliche Ökosysteme wie Seegraswiesen und Tangwälder werden hohe Risiken projiziert, wenn die globale Erwärmung 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau überschreitet, kombiniert mit anderen klimabedingten Gefährdungen (hohes Vertrauen). Für Warmwasserkorallen besteht schon ein hohes Risiko und es wird ein Übergang zu sehr hohem Risiko projiziert, selbst wenn die globale Erwärmung auf 1,5 °C begrenzt wird (sehr hohes Vertrauen).

Projizierte Risiken für Menschen und Ökosystemleistungen

B7. Zukünftige Veränderungen der Kryosphäre an Land werden sich laut Projektionen auf die Wasserressourcen und deren Nutzung wie Wasserkraft (hohes Vertrauen) und bewässerte Landwirtschaft in und flussabwärts von Hochgebirgsgebieten (mittleres Vertrauen) sowie auf die Lebensgrundlagen in der Arktis (mittleres Vertrauen) auswirken. Veränderungen bei Überschwemmungen, Lawinen, Erdrutschen und Bodendestabilisierung werden laut Projektionen das Risiko für Infrastruktur-, Kultur-, Tourismus- und Freizeitgüter erhöhen (mittleres Vertrauen).
B8. Zukünftige Verschiebungen der Verbreitungsgebiete von Fischarten sowie Rückgänge ihrer Bestände und des Fangpotenzials aufgrund des Klimawandels werden sich laut Projektionen auf das Einkommen, die Lebensgrundlagen und die Ernährungssicherheit von Gemeinschaften auswirken, die von Meeresressourcen abhängig sind (mittleres Vertrauen). Langfristiger Verlust und Schädigung mariner Ökosysteme beeinträchtigt die Rolle des Ozeans im Hinblick auf kulturelle, freizeitbezogene und intrinsische Werte, die für die Identität und das Wohlergehen des Menschen wichtig sind (mittleres Vertrauen).
B9. Erhöhte mittlere Meeresspiegel und Extremwasserstände verschärfen neben der Erwärmung und Versauerung des Ozeans auch die Risiken für menschliche Gemeinschaften in tief gelegenen Küsten-gebieten (hohes Vertrauen). In arktischen menschlichen Gemeinschaften ohne schnelle Landhebung und auf städtischen Atollinseln werden die Risiken selbst bei einem niedrigen Emissionspfad (RCP2.6) als moderat bis hoch projiziert (mittleres Vertrauen), einschließlich des Erreichens von Anpassungsgrenzen (hohes Vertrauen). Delta-Regionen und ressourcenreiche Küstenstädte werden laut Projektionen im Rahmen eines Pfades mit hohen Emissionen (RCP8.5) nach 2050 mit gegenwärtiger Anpassung ein hohes Risikoniveau aufweisen (mittleres Vertrauen). Von einer ehrgeizigen Anpassung einschließlich transformativer politischer Steuerung wird erwartet, dass sie Risiko reduziert (hohes Vertrauen), allerdings mit kontextspezifischen Vorteilen.

Folgt: SPM.C Umsetzung von Maßnahmen in Reaktion auf Veränderungen in Ozean und Kryosphäre