Kritische Stimmen zum Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Gesetzentwurf für Gebäudeenergiegesetz (GEG) im Kabinett beschlossen

Das Bundeskabinett hat am 23.10.2019 den vom Wirtschafts- und vom Innenminister vorgelegten Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) beschlossen. Sie setzt damit nach eigenen Angaben den Koalitionsvertrag, das Klimaschutzprogramm 2030 und die Beschlüsse des Wohngipfels 2018 um. Das Gebäudeenergiegesetz schaffe ein neues, einheitliches, aufeinander abgestimmtes Regelwerk für die energetischen Anforderungen an Neubauten, an Bestandsgebäude und an den Einsatz erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden.

Wärmedämmung an Berliner Wohnhaus (energetische Sanierung) – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier: „Ich freue mich, dass wir dieses wichtige Vorhaben heute auf den Weg bringen konnten. Wir sind uns in der Bundesregierung einig, dass Bauen und Wohnen bezahlbar sein und bleiben müssen. Daran halten wir uns. Das Gebäudeenergiegesetz setzt Energieeffizienz und Klimaschutz bei Gebäuden wirtschaftlich, umweltfreundlich und sozial um. Gleichzeitig machen wir einen weiteren wichtigen Schritt zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030.“

Bundesinnenminister Horst Seehofer: „Mit dem Gebäudeenergiegesetz werden die Vorschriften für energetisches Bauen und Sanieren vereinheitlicht. Das sorgt für Klarheit und weniger Bürokratie. Mit Blick auf die klima- und wohnungspolitischen Ziele der Bundesregierung ist dies ein wichtiges Signal für alle, die ein Haus planen, bauen oder sanieren wollen.“

Zentrales Anliegen der Novelle seien Entbürokratisierung und Vereinfachung – so die einschlägige Medienmitteilung. Die heute noch separaten Regelwerke zur Gebäudeenergieeffizienz und zur Nutzung von Wärme aus erneuerbaren Energien würden zusammengeführt und vereinheitlicht. Anwendung und Vollzug würden wesentlich erleichtert. Eine erhebliche Bürokratieentlastung für Bauherren und Planer sei mit der Einführung eines alternativen gleichwertigen Nachweisverfahrens für neue Wohngebäude verbunden. Mit diesem „Modellgebäudeverfahren“ könnten die Anforderungen nachgewiesen werden, ohne dass Berechnungen für den Nachweis erforderlich seien.

Wörtlich: „Die europäischen Vorgaben zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden werden vollständig umgesetzt und die Regelung des Niedrigstenergiegebäudes in das vereinheitlichte Energieeinsparrecht integriert. Das aktuelle Anforderungsniveau für Neubauten und Sanierung bleibt unverändert und wird nicht verschärft.“

DUH: Angekündigtes Ölheizungsverbot entlarvt sich als Luftnummer

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) kritisiert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) als klimapolitische Luftnummer. Als wesentliche Neuerung zum letzten Entwurf von Mai 2019 sei das im Klimapaket festgehaltene Einbauverbot von Ölheizungen ab 2026 aufgenommen worden. Allerdings seien weitreichende Einschränkungen enthalten, so eine DUH-Medienmitteilung: So sollen Hybridlösungen in Neu- und Altbau auch noch nach 2026 möglich sein. Auch die geltenden energetischen Standards für Gebäude werden unverändert fortgeführt und sollen erst im Jahr 2023 überprüft werden.

Dazu erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner: „Der neue Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz ist eine Enttäuschung mit Ansage. Die Bundesregierung leistet damit keinen nennenswerten Beitrag zum Erreichen des Klimaziels 2030 im Gebäudesektor. Wir fordern ein Verbot neuer Ölheizungen ab 2020 und ohne Ausnahmen. Gasheizungen dürfen nur noch bis 2025 eingebaut werden. Wir müssen es schaffen, auf verfügbare klimafreundliche Alternativen wie Wärmepumpen oder mit Erneuerbaren Energien gespeiste Wärmenetze umzusteigen.“

Wer eine neue Ölheizung einbauen möchte, bräuchte diese zum Beispiel lediglich mit zusätzlicher Solarthermie zu kombinieren und müsste so auch künftig nicht auf ein klimafreundliches Heizungssystem wechseln. Das GEG hält außerdem weiter an den unzureichenden energetischen Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV)-2016 fest und will diese zum Niedrigstenergiegebäude erklären, um die Vorgaben nach EU-Gebäuderichtlinie zu erfüllen.

Dazu Constantin Zerger, Bereichsleiter Energie & Klimaschutz bei der DUH: „Neubauten müssen aufgrund ihrer langen Lebenszyklen schon heute mit dem Klimaziel 2050 kompatibel sein. Mit den aktuellen Plänen ist jeder Neubau der nächsten Jahre eine verpasste Chance für den Klimaschutz. Diese neuen Gebäude werden bis 2050 auch nicht mehr energetisch modernisiert, weil es wirtschaftlich nicht vertretbar wäre. Für Neubauten muss daher schon heute der KfW-Effizienzhaus 40 Standard festgeschrieben werden, bei Vollsanierungen von Bestandsgebäuden braucht es zudem einen Zielstandard von KfW-Effizienzhaus 55. Der neue Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes wird dem klimapolitischen Anspruch nicht gerecht und muss daher zurückgezogen und neu aufgesetzt werden.“

BEE: Gebäudeenergiegesetz gibt wichtige Eckpfeiler für klimaneutralen Gebäudebestand auf

„Die Bundesregierung hat sich mit dem heutigen Kabinettsbeschluss zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) vom Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 verabschiedet. Das ist völlig unverständlich. Mit ihrer mutlosen Energie- und Klimapolitik schiebt die Regierung die Probleme weiterhin vor sich her, anstatt sie endlich anzupacken“, kritisiert BEE-Präsidentin Simone Peter. „Das im vorliegenden Gesetzentwurf skizzierte Ordnungsrecht wird keinen zusätzlichen Beitrag zum Klimaschutz im Gebäudesektor leisten.“

Der Regierung fehle es nach wie vor an einer übergreifenden Strategie zum Erreichen der Klimaziele im Gebäudesektor. Es brauche neben dem Bekenntnis zu einem klimaneutralen Gebäudebestand im Jahr 2050 endlich die Definition von verbindlichen Zwischenzielen in den Jahren 2030 und 2040, forderte Peter. „Verbindliche, überprüfbare Zwischenziele sind wichtig, um auf Kurs zu bleiben.“ Insbesondere kritisiert Peter, dass die Auswirkungen der geplanten CO2-Bepreisung im GEG zunächst unberücksichtigt bleiben: „Mit der CO2-Bepreisung verändern sich die wirtschaftlichen Randbedingungen für Energieeffizienz und Erneuerbare Energien. Es ist daher unverständlich, warum die Bundesregierung erst im Jahr 2023 eine Verschärfung der energetischen Anforderungsniveaus überprüfen wird.“

Durch zahlreiche Ausnahmen würde das eigentlich beschlossene Einbauverbot neuer Ölheizungen ab 2026 nicht konsequent umgesetzt. Gleichzeitig bleibe eine Stärkung der Nutzungspflicht für Erneuerbare Energien aus. „Dieser Widerspruch macht deutlich, dass das Gebäudeenergiegesetz kaum einen Beitrag zum Einsatz der Erneuerbaren Energien im Gebäudesektor leistet. Die bloße Fortführung der aktuellen Regelungen ist viel zu wenig. Die ordnungsrechtlichen Instrumente müssen weiterentwickelt werden. Der BEE hat hierzu eine Reihe von konkreten Handlungsempfehlungen vorgelegt.“

DENEFF: Bundesregierung gibt Ziel des klimaneutralen Gebäudebestandes auf

Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) kritisiert den ihr vorliegenden Entwurf als ambitionslos im Lichte der Klimakrise. Statt innovative Lösungen für energiesparende Gebäude zu befördern, schreibe er selbst für öffentliche Gebäude lediglich die bestehenden Standards fort. Trotz heftiger Kritik am Klimapaket drohe die Bundesregierung ein Gesetz zu verabschieden, das das bereits vor zehn Jahren formulierte Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 aufgebe, so der Verband.

Der mutlose Entwurf verliere so den Weg hin zu einem klimaneutralen Gebäudebestand sogar vorsätzlich aus den Augen und provoziere weitere Strafzahlungen aus Brüssel, moniert die DENEFF. Grundsätzlich sei die Zusammenführung und Vereinfachung bestehender Gesetze im Gebäudeenergierecht aber zu begrüßen. Zudem sei es lobenswert, dass die bestehenden energetischen Anforderungen an Neubauten 2023 geprüft und gegebenenfalls angepasst werden sollen. Auch Details wie die verpflichtende Energieberatung bei Eigentümerwechsel und Sanierung der Gebäudehülle seien durchaus begrüßenswert. Das reiche jedoch bei Weitem nicht aus, um die Gebäudeenergiewende wieder auf Kurs zu bringen, konstatiert die DENEFF.

Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der DENEFF: „Nach jahrelangem Ringen befasst sich das Kabinett nun mit einem Gesetzentwurf, der für das Klima kaum etwas bringt. Mehr noch: die Bundesregierung hat das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 sogar aus dem Gesetz gestrichen! Und von der Vorbildrolle öffentlicher Gebäude ist auch nur noch eine leere Worthülse übriggeblieben. Ob, wann und wie Deutschlands Gebäude klimaneutral werden sollen ist weiterhin völlig unklar. Dabei sind wirtschaftliche Lösungen für klimaneutrale Gebäude ‚Made in Germany‘ längst vorhanden und weltweit spitze. Doch die Bundesregierung lässt Unternehmen und Häuslebauer weiter im Regen stehen anstatt für Planungssicherheit zu sorgen.“

Gebäude verursachen rund ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland. Um energiebedingte Emissionen herunterzufahren, sollte mit dem GEG unter anderem der von der EU geforderte sogenannte Nahe-Null-Energiestandard für neue Gebäude festgelegt werden. Bereits 2007 sah das integrierte Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung vor, dass ab dem Jahr 2020 die Wärmeversorgung von Neubauten möglichst weitgehend unabhängig von fossilen Energieträgern sein sollte.

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