Historischer Tiefstand für Wind-Onshore

BWE: Durch mehr Genehmigungen und Flächen schnellstmöglich überwinden

Der Brutto-Zubau der Windenergie an Land von 1.078 Megawatt (MW) bzw. 325 Anlagen im Gesamtjahr 2019 liegt auf dem niedrigsten Stand seit Einführung des EEG im Jahr 2000, meldete der Bundesverband WindEnergie am 28.01.2020. Der Zubau sei um 55 Prozent geringer als 2018 und 80 Prozent geringer als 2017 gewesen. Daher fordert der Branchenverband, Bund und Länder müssten das Ausbautief durch Sofortmaßnahmen für mehr Genehmigungen und Flächen überwinden helfen. Zudem müssten pauschale Abstandsregeln vor allem für bestehende Regional-, Flächen- und Bauplanungen sowie Repowering-Projekte vermieden werden. Nachdem der Bedarf an Erneuerbaren Energien für klimaneutrale Produktion, Sektorenkopplung und Wasserstofferzeugung steigt, müsse die  Bundesregierung die Ausbaupfade anpassen.

Stop für Wind an Land – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Nach den von der Deutschen WindGuard ermittelten Zahlen hat der Windenergie-Zubau den niedrigsten Stand seit Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 erreicht. Der Ausbau lag damit deutlich unter der von Bundesverband WindEnergie (BWE) und VDMA Power Systems zur Jahresmitte 2019 geschätzten Prognose von 1.500 MW. Nach Schätzungen der Branche ist bei wachsender Bruttostromnachfrage ein Zubau von rund 5.000 MW pro Jahr erforderlich, um das 65 Prozent-Ziel bis 2030 zu erreichen.

BWE und VDMA Power Systems fordern deshalb Bund und Länder auf, von der kontraproduktiven Abstandsregelung abzusehen. Stattdessen müssten die anderen 17 Punkte auf der Aufgabenliste des Bundeswirtschaftsministeriums zur Stärkung der Windenergie umgesetzt werden: „Die Auswirkungen der Zubauflaute auf Beschäftigung und Wertschöpfung in der Windindustrie müssen jetzt dringend überwunden werden, um die Substanz in Deutschland zu halten. Die Windindustrie musste bereits mit drastischen Beschäftigungsrückgängen auf die abnehmende Produktion für den Heimatmarkt reagieren. Sollte der Markt auf diesem Niveau stagnieren, drohen allein durch den Wegfall der Nachfrage aus Deutschland weitere 25 Prozent der Beschäftigten wegzubrechen. Eine Produktionsverlagerung in Exportmärkte ist dabei noch gar nicht berücksichtigt. Ohne Heimatmarkt kann Deutschland die Technologieführerschaft in der Windindustrie nicht aufrechterhalten“, erklärt Matthias Zelinger, Geschäftsführer VDMA Power Systems.

Hermann Albers, Präsident Bundesverband WindEnergie, ergänzt: „Um die Ausschreibungsvolumina mit Projekten zu füllen sowie die Ausbau- und Klimaschutzziele zu erreichen, müssen die identifizierten und seit Langem bekannten Genehmigungshemmnisse schnellstmöglich beseitigt und mehr Flächen für Windenergieanlagen ausgewiesen werden. Hierfür braucht es noch im Frühjahr eine Übereinkunft zwischen Bund und Ländern. Neue Hürden wie pauschale Abstandsregeln würden die Lage verschärfen und zu einem Verlust von ca. 40 Prozent der potenziellen Windflächen in Deutschland führen.“

Ein erster positiver Schritt ist die angekündigte Anpassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen (AVV) zur Vermeidung von Lichtimmissionen und zum Ermöglichen von leiseren sowie höchst effizienten Windenergieanlagen. Die Länder sollten die AVV nun final verabschieden und damit rechtsverbindlich machen. Eine weitere wichtige Stellschraube sind UKW-Drehfunkfeuer, deren überzogene Prüfbereiche an internationale Standards angepasst werden müssen, um derzeit blockierte Flächen kurzfristig verfügbar zu machen.

Ende des Jahres 2020 werden rund vier Gigawatt (GW) derzeit installierte Windenergieleistung aus der EEG-Förderung fallen. „Auf den betroffenen Bestandsflächen sollte das Repowering unter erleichterten Bedingungen möglich sein, auch mit Blick auf diskutierte Abstandsregelungen. Bestandsanlagen stehen in der Regel an den kostengünstigsten und akzeptiertesten Standorten. Dort ist eine Vorprägung der Flächen mit Blick auf Raumplanung sowie Natur- und Landschaftsbild durch bestehende Anlagen erfolgt. Besonders für Bestandsanlagen, die in der aktualisierten Regionalplanung nicht mehr auf Windeignungsflächen stehen, sollte über weitergehende Maßnahmen für Weiterbetrieb und damit CO2-Vermeidung nachgedacht werden,“ erläutert Hermann Albers.

Für das Jahr 2020 erwarten die Verbände einen Zubau von 1.400-1.800 MW. Eine Trendumkehr in diesem oder im nächsten Jahr gelingt jedoch nur, wenn die Bundesregierung die Genehmigungshemmnisse konsequent und schnell abbaut und neue Hindernisse vermeidet. Gemäß Branchenprognosen könnten weltweit in den Jahren 2019-2023 rund 288 GW Onshore zugebaut werden. In Europa könnten in diesem Zeitraum rund 72 GW mit einem durchschnittlichen Zubau von jährlich 14,4 GW realisiert werden. Voraussetzung hierfür sei, dass die Mitgliedsstaaten die Vorgaben der neuen EU-Erneuerbaren Richtlinie umsetzen. Wichtig sei dabei auch, dass der Ausbau der Netzinfrastruktur beschleunigt wird. In Deutschland könnte bis 2023 ein Bruttozuwachs von 11,2 GW erfolgen.

Der Bedarf an Erneuerbarer Energie nehme aber in wesentlich größerem Umfang zu und Wind an Land spiele hier eine zentrale Rolle, betonen die Branchenvertreter. „Die Verpflichtungen großer Technologieunternehmen zur klimaneutralen Produktion zeigt, dass die Bereitstellung von Strom aus Erneuerbaren Quellen zunehmend zum Standortfaktor wird. Die Nachfrage nach Windstrom wird auch getrieben durch zusätzliche Bedarfe für Elektrifizierung und Sektorkopplung. Zudem verstärkt der Beschluss der Bundesregierung zum Ausstieg aus der Kohleverstromung die Notwendigkeit, den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Um eine Erneuerbare-Energien-Stromlücke zu verhindern, muss die Bundesregierung die Verbrauchsannahmen für das Jahr 2030 nach oben korrigieren“, sagt Matthias Zelinger.

Factsheet: Windenergieausbau an Land 2019 – Alle Informationen zu den Ausbauzahlen auf einen Blick

Zahlen im Überblick

Trostlose Bilanz für Windenergie in 2019: Verlorenes Jahr für die Energiewende

Zur Veröffentlichung der Ausbauzahlen von Windenergieanlagen an Land vom Bundesverband WindEnergie erklärte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Das Versagen der Bundesregierung bei der Energiewende kann man an den 2019 neu gebauten Windrädern messen: Nur 325 neue Windräder mit gerade einmal 1 Gigawatt installierter Leistung. Die Bundesregierung mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat 2019 zu einem verlorenen Jahr für die Energiewende gemacht. Das ist nicht nur eine Katastrophe für den Klimaschutz, sondern auch für die Arbeitsplätze in der Branche und die Versorgungssicherheit. Für die Erreichung der angestrebten 65 Prozent in 2030 wäre dagegen ein jährlicher Zubau von mindestens 4 Gigawatt notwendig. Statt mit absurden Abstandsregeln neue Hürden für die Windkraft zu erfinden, muss die Bundesregierung für schnellere Genehmigungsprozesse in dieser Zukunftsbranche sorgen.“

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