Lesehinweis: Die alte Leier

Weltwoche: „Die Märchen von der allzu teuren Klimapolitik“

„Klimaschutz kostet – aber kein Klimaschutz kostet mehr. Es ergibt langfristig auch ökonomisch Sinn, wenn wir jetzt etwas unternehmen. Und die Corona-Krise zeigt, was entschiedenes Handeln bewirken kann“, schreibt der renommierte Klimaforscher Reto Knutti von der ETH Zürich am 17.06.2020 in der Weltwoche. Der Professor für Klimaphysik, Delegierter für Nachhaltigkeit an der ETH und war einer der Leitautoren beim Vierten und Fünften Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC.

Kraftwerk Schkopau – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Knutti nennt Reaktionen, wir können uns Klimaschutz nicht leisten, denn er bewirke nichts, wie am Lockdown erkennbar, „aus gewissen Kreisen so plump wie voraussehbar“. Das gleiche Argument sei auch in der Parlamentsdebatte über die Revision des CO2-Gesetzes erneut vorgetragen worden (s. solarify.eu/schweiz-totalrevision-des-co2-gesetzes). „Und es wird mit Sicherheit wiederholt“.

Knutti klärt auf, warum keine schnelle Reaktion durch eine zeitweilige Verringerung der CO2-Emissionen erreicht werden kann: CO2 sammle sich „in der Atmosphäre, ein großer Teil bleibt über Jahrhunderte dort“, und eine Teil-Reduktion des Ausstoßes lasse die Gesamtmenge lediglich etwas langsamer ansteigen. So wie „der übergewichtige Alkoholiker weder kurzfristig nüchtern noch langfristig schlank“ werde, „wenn er von täglich zehn Flaschen Bier auf neun reduziert“. Deshalb sei eine vollständige Dekarbonisierung nötig: „Erst wenn wir den Treibhausgas-Ausstoß weltweit auf netto null reduzieren, können wir den Klimawandel stabilisieren. Emissionen, die nicht oder nur mit hohen Kosten zu vermeiden sind, müssen künstlich aus der Atmosphäre entfernt werden. Folglich gehe „es beim Klimaschutz nicht darum, CO2 zu reduzieren, indem man die Wirtschaft abwürgt“. Die Emissionen würden, der sogenannten Kaya-Identität (siehe: solarify.eu/kaya-identitaet) folgend durch vier Faktoren bestimmt: die Weltbevölkerung, das Welt-Bruttoinlandsprodukt, die Energieeffizienz und der CO2-Fußabdruck. Weil die anderen Kenngrößen kaum veränderbar seien, bzw. physikalischen Grenzen unterlägen, sei die Defossilisierung so wichtig.

Klimaschutz koste, so Knutti – und die Energiewende ebenso. Aber die vorgebrachten „Zahlen und Argumente sind so abenteuerlich wie irreführend“: Erstens werde der größte Teil der Lenkungsabgaben an die Bevölkerung zurückerstattet. Zweitens stärken Investitionen den Standort Schweiz. „Und drittens und vielleicht am wichtigsten: Nichts zu machen, kostet mehr. Die gesalzene Rechnung wird uns und den nachfolgenden Generationen dann in ein paar Jahrzehnten präsentiert.“

Knuttis Fazit: Corona habe uns die extreme Verwundbarkeit einer ökonomisch globalisierten Welt vor Augen geführt. Laisser-faire-Politik und Ignoranz könnten tödlich sein. „Wer die Fakten ernst nimmt, frühzeitig entscheidet und solidarisch handelt, steht am Schluss besser da. Länder, die das verpasst haben, das Problem kleingeredet und die Maßnahmen verzögert haben, zahlen einen hohen Preis.“ …

->Quelle und kompletter Text: weltwoche.ch/die-marchen-von-der-allzu-teuren-klimapolitik