Strukturwandel demokratisch, ökologisch und sozial

Mehr Bürgerpower für Zukunft in Revieren

Im Juli 2020 haben Bundestag und -rat die Gesetze zum Kohleausstieg bis 2038 und zur Stärkung der regionalen Wirtschaft beschlossen. Wie können zwei vom Kohleausstieg besonders stark betroffene Regionen – die Lausitz und das Rheinische Revier – den Strukturwandel demokratisch, ökologisch und sozial umsetzen? Das Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung in Potsdam (IASS) und das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI) legen dazu gemeinsame Empfehlungen vor.

Mondlandschaft mit Braunkohlebagger in der Ferne – Tagebau Welzow Süd – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Die beiden Reviere, das Rheinische und das Lausitzer, unterscheiden sich deutlich in ihrer Ausgangslage, konstatiert das Autorenteam. In dem nun veröffentlichten Bericht „Partizipative Governance und nachhaltiger Strulturwandel“ werden Empfehlungen für die Politik in der jeweiligen Region von gleich zwei Begleitforschungsprojekten präsentiert.

Das Team um Jeremias Herberg vom IASS kommt zu dem Schluss, dass die demokratische Legitimation nachhaltiger Entwicklung in beiden Regionen gefährdet sei. Daher empfehlen die Wissenschaftler, schrittweise eine die Bürger beteiligende Verwaltungsform (Partizipative Governance) zu etablieren, und zwar entlang von drei zentralen Themen:

  1. Es brauche greifbare und anwendbare Zukunftskonzepte für die Regionen. Dafür sei eine Struktur der Bürgerbeteiligung zu schaffen, die strukturiert und langfristig angelegt ist. Verschiedene Interessensgruppen aller Bereiche sollten darin vertreten sein.
  2. Zuständigkeiten müssten definiert und Förderziele klar formuliert werden. Die Länder sollten Maßstäbe der Nachhaltigkeit für die Vergabe öffentlicher Gelder entwickeln und Prüfverfahren etablieren.
  3. Es sei mehr Rückkoppelung von der Politik zu den Bürgern rund um die Strukturwandelpolitik vonnöten. Umfassende Information zähle dazu, aber auch das Stärken von Eigeninitiativen und Selbstgestaltung.

Ideen für die Zukunft: Zukunftsfonds und Bürgerausschuss

Aufgrund ihrer Analysen schlagen die Wissenschaftler vor: Ein Zukunftsfonds kann dazu beitragen, eine krisenfeste Infrastruktur der Zivilgesellschaft zu entwickeln. Die Mittel des Fonds sollten von einem Ausschuss mit zufällig ausgewählten Bürgern an gemeinnützige Einrichtungen vergeben werden.

Bürgerausschüsse wiederum könnten Politik und Verwaltung direkt und konkret beraten, wenn aktive Beteiligung zu einem Ziel im Strukturwandel gemacht werde. Solche Ausschüsse trügen dazu bei, dass die Gesellschaft für den Wandel mobilisiert werde, sich beteilige und selbst organisiere. Sie stärkten Stimmenvielfalt, Lernfähigkeit und lokale Anschlussfähigkeit im demokratischen Entscheidungsprozess.

„Wenn die Landesregierungen Instrumente wie etwa den vorgeschlagenen Ausschuss der Bürger zielgerichtet einsetzen, indem sie ihn mit Entscheidungsgremien verzahnen und aktiv unterstützen“, erläutert der Leiter der Studie Jeremias Herberg vom IASS – „dann vermag Beteiligung das Verwaltungshandeln für den Wandel zu stärken, sie kann die Qualität demokratischer Willensbildung steigern und eine den Wandel treibende nicht-staatliche Selbstorganisation fördern.“

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