Regelmäßige Klima-Infos im Fernsehen verlangt

„Klima° vor acht“ zielt auf „Börse vor acht“

Überraschendes Crowdfunding-Ergebnis: Schon nach 220 Minuten war die komplette Finanzierung des Projekts Klima° vor acht erreicht. Die Initiatoren waren ebenfalls überrascht: „Mit so einem Erfolg und solch einer Dynamik haben wir nicht gerechnet.“ Gegenstand ist eine Forderung an die ARD, statt den Börsennews vor 20 Uhr oder im Wechsel mit ihnen Informationen über den Klimawandel auszustrahlen. Die ARD erklärte, ein solches Format sei nicht geplant. Deshalb hat sich in engagiertes Team von Klimaschützern zusammengetan, um bis Ende 2020 ein Anschubformat zu finanzieren.

Carsharing, Car2go – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

In einer im Dezember 2019 von der NGO change.org gestarteten Petition forderten inzwischen mehr als 26.000 Unterzeichnete die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf, regelmäßig über die Klimakrise zu berichten. Wirtschaftliche Themen bekämen bereits jetzt viel Aufmerksamkeit und die besten Sendeplätze. So berichtet die ARD mit Börse vor Acht seit zwei Jahrzehnten über Neuigkeiten aus der Welt der Börsen.

Aufgabe des eben gestarteten Projektes ist es, den Piloten von Klima° vor acht bzw. die ersten sechs Folgen zu produzieren. Dazu gehören das Sendungskonzept, die Themenauswahl, die redaktionelle Arbeit und die Produktion. Die drei bis fünf Minuten langen Folgen sollen nach und nach auf gängigen Videoplattformen in Form einer Kurzserie veröffentlicht werden. Die „Ausstrahlung“ dieser Folgen wollen die Aktivisten mit verschiedenen Aktionen begleiten – etwa in Gesprächen mit den Rundfunksendern für die Übernahme des Formates ins reguläre Programm werben. Die Themenredaktion wird von Fachexpert:innen aus der Wissenschaft inhaltlich begleitet.

Die erste Staffel Klima vor acht soll als Prototyp für das neue Informationsformat dienen und TV-Sender dazu anregen, innovative und regelmäßige Klimaberichterstattung anzubieten. Zielgruppe sei „das Publikum des klassischen Fernsehens erreichen, ebenso wie Nutzer:innen von Mediatheken und Videocasts. Ziel ist es, Bevölkerungsgruppen anzusprechen, die mit dem Thema bisher nicht oder nur wenig in Berührung gekommen sind“.

Die Gruppe gibt folgende Qualitätsziele an:

  • auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Wissensvermittlung über die Klimakrise
  • leicht verständliche und möglichst lösungsorientierte Darstellung unterschiedlicher Themen
  • Sendungen, die den technischen Ansprüchen von Rundfunkanstalten genügen

Das Team hinter Klima° vor acht besteht nach eigenen Angaben aus einem Dutzend Menschen, „die sich in Sorge um das weltweite Klima über verschiedene Social-Media-Kanäle gefunden haben. Jeder von uns bringt unterschiedliche Lebenserfahrungen und berufliche Kenntnisse mit ein. Derzeit wächst unser Team von Tag zu Tag. Was uns aber alle verbindet, ist das Ziel die Klimakrise stärker ins Bewusstsein der Menschen zu rücken.“

Bernhard Pötter dazu am 05.09.2020 in der taz: „Ich habe mich schon früher über die oft distanzlosen „Nachrichten“ von den Finanz- und Wirtschaftsplätzen (Milliarden für die Lufthansa-Rettung, hurra!) geärgert, die mein geliebtes gebührenfinanziertes Erstes täglich sendet. Jetzt haben die ‚Klima° vor acht‘-Leute es geschafft, per Crowdfunding genug Geld für ein paar Trailer auf einer Videoplattform zusammen zu bekommen. Glückwunsch! Vielleicht schaffen sie ja den Sprung ins Fernsehen, kurz vor der Bauhaus-Werbung. Dazu fehlt nur noch ein bisschen Mut bei den Planern und den Rundfunkräten, dann freuen wir uns auf ein tägliches Gegengift mit der Grundhaltung ‚Nehmt euch vor der Börse in acht‘. Nur über den Titel der Sendung sollten wir noch mal reden. Besser als „Klima° vor acht“ wäre vielleicht: ‚Fünf nach zwölf‘.

Schon mit der im Dezember 2019 gestarteten Petition sollten „Menschen sensibilisiert, inspiriert und zum Handeln bewegt werden. Projekte und Initiativen sollen vorgestellt werden, die alternative ökologische, soziale und wirtschaftliche Ideen verfolgen. Cradle to Cradle, Solidarische Landwirtschaft oder Carsharing sind Ansätze, denen mehr Gehör verschafft werden müssen.“

Christoph von Eichborn dazu in der Süddeutschen Zeitung vom 27.12.2019: „Das wäre der falsche Weg. Ökologie und Finanzen gehören zusammen. Probleme verschwinden nicht, indem man die Augen vor ihnen verschließt. Und das grundlegende Problem besteht darin, dass ein Gros der Finanzströme in Unternehmen fließt, deren Wirtschaftsweise nicht mit den weltweiten Klimazielen zusammenpasst. Nötig wäre mehr Berichterstattung, aber vorrangig zu nachhaltigen Investments. Statt um die Gewinner im Dax müsste es um ethische und soziale Anlagen gehen, oder um ‚Divestment‘, die Abkehr von Unternehmen, die fossile Energien verbrennen. Hier besteht echter Bedarf, sogar eine öffentliche Aufgabe. Kritiker wenden ein, dass lediglich sechs Prozent der Deutschen Aktien besitzen. Doch schon wer über ein Girokonto verfügt, ist über die Kreditvergabe der Banken indirekt am Kapitalmarkt beteiligt. Bei welchen Firmen das Geld am Ende landet, geht alle etwas an. Fünf Minuten vor der Tagesschau sind allerdings viel zu kurz, um ausreichend über die Auswirkungen der Klimakrise, über Artensterben, Polschmelze und Extremwetter zu berichten.“

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