Hochdruckstudie: Einblick in vielversprechende Batteriematerialien

Röntgenuntersuchung zeigt systematische Verzerrung des Kristallgitters von Hochentropie-Oxiden

In einer Hochdruck-Röntgen-Untersuchung haben Wissenschaftler neue Erkenntnisse über eine vielversprechende neue Materialklasse für Batterien und andere Anwendungen gewonnen. Das Team um Qiaoshi Zeng vom Center for High Pressure Science in China nutzte die brillanten Röntgenstrahlen der, um ein sogenanntes Hochentropie-Oxid (HEO) unter steigendem Druck zu analysieren. Die in Materials Today Advances veröffentlichte Studie ist ein erster, aber wichtiger Schritt für ein breiteres Verständnis der HEO-Materialien.

Unsere moderne Gesellschaft erwartet von der Industrie die effiziente Herstellung nachhaltiger Produkte für das tägliche Leben, zum Beispiel Batterien für Smartphones. Vor etwa fünf Jahren wurde eine neue Klasse von Materialien identifiziert, die für die Entwicklung neuer Anwendungen, insbesondere von Batterien, sehr vielversprechend zu sein scheint. Diese Oxide mit hoher Unordnung (Entropie) bestehen aus mindestens fünf Metallen, die zufällig in einem gemeinsamen einfachen Kristallgitter verteilt sind, wobei sich ihre Kristallstruktur von dem normalen Gitter der einzelnen Metalle unterscheiden kann. Ein häufig untersuchtes HEO-Material besteht pro Sauerstoffatom zu je 20 Prozent aus Kobalt, Kupfer, Magnesium, Nickel und Zink: (Co0.2Cu0.2Mg0.2Ni0.2Zn0.2)O.

„Die Werkstoffgruppe der Hochentropie-Systeme, die von metallischen Legierungen bis hin zu keramischen Verbindungen reicht, enthält vielversprechende Materialien für die Nachfrage nach intelligenten Produkten für verschiedene Bereiche unseres täglichen Lebens“, betont Zeng. „Vor allem Hochentropie-Oxide bieten außergewöhnliche Eigenschaften, die in industriellen Anwendungen wie Verkehrs- und Luftfahrttechnik eingesetzt werden können, aber auch in der Kommunikationselektronik etwa für Batterien für Smartphones.“ So könnten HEO in Form von Membranmaterial zukünftige Lithium-Ionen-Batterien robuster machen. Die Untersuchung dieser neuen Materialklasse erfordert einen multidisziplinären wissenschaftlichen Ansatz, um die Zusammenhänge hinter Effizienz, Nachhaltigkeit und der zugrundeliegenden Physik zu ergründen. „Im Moment fehlt uns ein vollständiges Verständnis und auch das Gesamtbild zum Ursprung der Effizienz“, sagt Zeng.

Die Deformation des Kristallgitters gilt als wichtiger Faktor für die Kontrolle der Eigenschaften von HEOs. Das Team untersuchte das HEO (Co0.2Cu0.2Mg0.2Ni0.2Zn0.2)O an der Extreme Conditions Beamline (ECB) P02.2 an PETRA III. Dabei wurde das Material einem steigenden Druck von bis zu 40 Gigapascal ausgesetzt, das entspricht rund dem 40 000-Fachen des Atmosphärendrucks. Mit dem Röntgenlicht von PETRA III ließ sich dabei die Deformation der Kristallstruktur auf atomarer Skala verfolgen und ihre Rolle zum Beispiel für die Lithiumionen-Leitfähigkeit und die dielektrischen Eigenschaften des Materials untersuchen. Hochdruck gilt als wichtiges Werkzeug, um chemische Dotierungen von HEO zu simulieren, welche die Eigenschaften der Materialien verändern und erheblich verbessern können.

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Die interdisziplinäre Studie umfasste Röntgenbeugung, Raman-Spektroskopie, Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) und andere Techniken. „Wir konnten beobachten, wie die anfänglich einfache Struktur dieser Verbindung, die bei Normalbedingungen der von Kochsalz ähnelt, oberhalb von 9 bis 10 Gigapascal anisotrop und deformiert wurde“, berichtet DESY-Forscher Konstantin Glazyrin, Ko-Autor der Veröffentlichung. „Oberhalb von 10 Gigapascal nimmt die Bedeutung lokaler Deformationen auf der Nanoskala zu, und eine weitere Kompression führt zu einer ungewöhnlichen Phasenumwandlung. Die Beobachtungen ebnen den Weg zu einem besseren Verständnis der HEO-Materialien, belegen aber auch, dass Hochdruck ein effizientes Werkzeug für ihre Erforschung und Herstellung ist.“

Die Ergebnisse für die hier untersuchten nanokristallinen Proben unterscheiden sich erheblich von denen in anderen Studien untersuchten, grobkörnigeren HEO-Proben. Dies deutet darauf hin, dass sich die Eigenschaften dieser Materialien mit der Größe drastisch verändern. Wie das Team in Materials Today Advances schreibt, könnten druckinduzierte strukturelle Veränderungen eine allgemeine Eigenschaft von Hochentropie-Oxiden sein. Dies sei eine umfassende Untersuchung wert, die nicht nur ein grundlegendes Verständnis dieser neuen Materialien ermöglichen, sondern auch Anwendungen ermöglichen könnte.

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