Bundestag überweist EEG-Novelle an Wirtschaftsausschuss – Reaktionen

Proteste vieler NGOs

Bei der ersten Lesung der EEG-Novelle im Bundestag – eine halbe Stunde am 29.10.2020 sind die kritischen Punkte nur angerissen worden – die Novelle wurde an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie überwiesen – so Petra Hannen in pv magazine. Parallel zur ersten Lesung hagelt es Kritik von NGOs, Verbänden und Unternehmen – und aus der Regierungskoalition selbst.

Bundestagsplenum - Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Bundestagsplenum – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier begründete die Novelle. Sie werde den Ökostromausbau beschleunigen, er zeigte sich zuversichtlich, dass man bis 2030 65 % Erneuerbare im Strommix haben werde. Altmaier nannte es einen großen Erfolg, dass sich der Anteil der Erneuerbaren in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt habe. Gleichzeitig müsse die Politik stets im Auge behalten, was realistisch und machbar ist. Die Windenergie auf 71 Gigawatt und die Photovoltaik auf 100 Gigawatt auszubauen bis 2030, sei ein ehrgeiziges Vorhaben. Dafür müssten marktwirtschaftliche Verfahren stärker zur Anwendung kommen, und die EEG-Umlage müsse durch kluge Reformen weiter sinken, bis sie nicht mehr notwendig sei. „Es ist Zeit für einen großen Kompromiss“, so Altmaier. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hält dagegen einen deutlich höheren Anteil von Wind- und Solarstrom 2030 für nötig – auch, weil die EU dabei ist, ihr Klimaschutzziel für 2030 zu erhöhen.

Der SPD-Fraktion geht der Entwurf nicht weit genug. Fraktionsvize Matthias Miersch kündigte bereits am Donnerstag (28.10.2020) Verhandlungsbedarf in der Koalition an. In einem „Zukunftspakt Erneuerbare Energien“ definierte die Fraktion dafür zentrale Leitlinien – vom Anspruch, dass Strom weiterhin bezahlbar sein muss, über den noch umfangreicheren Ausbau der Erneuerbaren bis hin zu schnellerer Umsetzung von Projekten und Bürgerbeteiligung.

Miersch zeigte sich im Bundestag enttäuscht von Altmaiers Äußerungen. „Wir wollen einen großen Wurf“, so Miersch mit Blick auf die Novelle und forderte Altmaiers Unterstützung, um das vorgelegte „Reförmchen“ zu einem solchen großen Wurf zu machen – „und wenn man das nicht aus umweltpolitischen Überlegungsn tut, sollte man es aus wirtschaftspolitischen Gründen tun“, ergänzte sein Fraktionskollege Johann Saathoff. Zudem müssten die Beteiligungsmöglichkeiten für die Kommunen und Bürger verbessert werden.

Langfristig will die SPD die EEG-Umlage abschaffen, weil sie in ihrer derzeitigen Form unsozial ist. Die Ausnahmen bei der EEG-Umlage produzierten Ungerechtigkeiten, die es abzuschaffen gelte, erklärt Fraktionsvize Miersch. Gleichzeitig soll der Ausbau der Erneuerbaren Energien aber weiter gefördert und andere Unternehmen trotzdem nicht zusätzlich belastet werden. „Wir wollen Gerechtigkeit realisieren, die das neue weiter ermöglicht“, sagt Miersch zu diesem Spagat.

In dem Positionspapier der Fraktion heißt es weiter: „Eine Finanzierung soll über die Einnahmen aus dem nationalen Emissionshandel sowie über eine Erhöhung der Stromsteuer und den Abbau von klimaschädlichen Subventionen erfolgen.“ Für Miersch ist die Finanzierung der Energiewende die Schlüsselfrage: „Wir haben in den letzten Jahrzehnten in der Energiepolitik erlebt, dass wir die Folgekosten, beispielsweise bei der atomaren Endlagerung oder Kohle, nie preislich abgebildet haben.“

Ein Bündnis aus Umweltverbänden hat die erste Lesung zur Novelle des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes im Bundestag auf der Reichstagswiese mit einer bildstarken Protestaktion begleitet. Protestierende in Merkel- und Altmaier-Masken, ausgerüstet mit winzigen Windrädern und Solarmodulen, standen Aktivistinnen und Aktivisten mit großen Solarpaneelen und bis zu drei Meter hohen Windrädern gegenüber. Nach Ansicht des Bundesverbands Erneuerbare Energie, des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland und des Bündnisses Bürgerenergie reicht die EEG-Novelle, die schon am 01.01.2021 das alte EEG ersetzen soll, bei weitem nicht aus, um der Klimakrise zu trotzen. Der geplante Ausbau von Sonnen- und Windkraft ist zu niedrig ausgelegt.

“Energien aus

Wind und Sonne sind die Motoren der Energiewende und des Klimaschutzes. Diese Novelle wirft den Schraubenzieher ins Getriebe”, so eine Sprecherin des Bündnisses aus Campact, Deutscher Umwelthilfe, NaturFreunde Deutschlands, Robin Wood, dem Umweltinstitut München und dem WWF Deutschland. Mit dem im Entwurf geplanten Ausbau der Photovoltaik um fünf Gigawatt und der Windenergie um 3,7 Gigawatt wird das Klimaziel des Pariser Klimaabkommens nicht erreicht. Daher verlangt das Bündnis basierend auf den Vorgaben der Wissenschaft, dass der Ausbau von Solar- und Windenergie dreimal so hoch sein muss wie bisher im Entwurf vorgesehen.

Das Bündnis kritisiert in diesem Zusammenhang, dass das Wirtschaftsministerium mit einem zu geringen Energiebedarf kalkuliert. Der steigende Strombedarf im Verkehrs- und Wärmebereich wird nicht mit eingerechnet. “Der Wirtschaftsminister rechnet sich die Zahlen schön. So verfehlen wir die deutschen Klimaziele sicher”, erklärt die Sprecherin des Bündnisses weiter. Neben der Verdreifachung der Ausbauziele sehen die Umweltverbände einen Abbau der finanziellen und bürokratischen Hürden für die Bürgerenergie als zentral an.

Aus Sicht des Ökostromanbieters Naturstrom sind die Ausbaupfade der verschiedenen Technologien viel zu niedrig angesetzt. Denn der prognostizierte Strombedarf, der den Ausbaupfaden zugrunde liegt, klammere die vermehrte Nutzung von Stromanwendungen wie Elektroautos, Wärmepumpen und Wasserstoff aus. Nur mit deutlich mehr Photovoltaik- und Windenergie lasse sich die Wirtschaft dekarbonisieren und so auf nachhaltigen Erfolgskurs bringen.

Bundesrat - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Bundesrat – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Der Bundesrat hat bereits am 09.10.2020 eine Beschlussvorlage des Finanzausschusses angenommen, nach der kleine PV-

Anlagen von der Einkommensteuer freigestellt werden sollen. Konkret geht es um Photovoltaik-Dachanlagen bis 10 Kilowatt, die seit diesem Jahr installiert werden. In Verbindung mit der Wahl der Kleinunternehmerregelung bei der Umsatzsteuer könnten Betreiber kleiner Photovoltaik-Anlagen damit erstmals auf klarer gesetzlicher Grundlage ihre Anlage „ohne Finanzamt“ betreiben.

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