Der klimaneutrale Verbrennungsmotor

Diesel raus – Wasserstoff rein – oder E-Fuels

Während alle nur noch von der Brennstoffzelle redeten, nehme der Verbrennungsmotor „einen Wasserstoff-Anlauf“, schrieb Rudolf Skarics am 06.12.2020 im Wiener Standard. Er sieht die  Vorteile des Verbrenners „bei widrigen Umgebungsbedingungen“. Der schlechte Ruf des Verbrenners rühre von den fossilen Treibstoffen her – langkettigen Kohlenwasserstoffen. Das sei bei Wasserstoff anders.

Wasserstoff-Auto der NOW – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Füttere man den Verbrenner mit Wasserstoff, komme hinten ebenso wie bei der Brennstoffzelle nur Wasserdampf heraus, „abgesehen von beherrschbar geringen Mengen an Stickoxiden“. Großer Nachteil des Verbrennungsmotors: sein schlechter Wirkungsgrad. Die Brennstoffzelle habe jedenfalls einen besseren, mit dem Vorteil, dass man mit gleich großen Tanks weiter fahren könne.

Als Kenner vergaß Standard-Redakteur Skarics  die synthetische Kraftstoffe (alternative, Designer oder E-Fuels) aus regenerativen Quellen nicht: „Sie wären zwar eine Möglichkeit, den Verbrennungsmotor im Auto klimaneutral zu machen, werden aber bevorzugt dort zum Einsatz kommen, wo Strom und Wasserstoff überhaupt nicht realisierbar erscheinen, etwa als Kerosinersatz für Flugzeuge.“

Im Rahmen seines Vortrags „Der Wasserstoff-Verbrennungsmotor – Konzepte und deren Potenzial für nachhaltige Antriebe“ beim Österreichischen Vereins für Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK) am 27.10.2020 habe Helmut Eichlseder, Vorstand des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik an der TU Graz (IVT), gesagt: „Der Wirkungsgradnachteil des Verbrennungsmotors ist umso geringer, je höher die Belastung ist. Die Brennstoffzelle ist vor allem bei Teillast besser.“ Wasserstoff werde als Energieträger für CO2-neutrale Mobilität zumeist automatisch mit der Brennstoffzelle assoziiert. Dass Wasserstoff grundsätzlich auch inVerbrennungsmotoren eingesetzt werden könne, sei seit langem bekannt.

Eichlseder ist mit Manfred Klell und Alexander Trattner vom HyCentA Autor des Standardwerks Wasserstoff in der Fahrzeugtechnik (Springer-Vieweg, € 9, eBook € 20).

In der jüngsten Vergangenheit komme diesem Thema wieder großes Interesse zu, und an mehreren Stellen würden Forschungsaktivitäten aufgenommen. Eichlseder zeigte, warum der Wasserstoff-Verbrennungsmotor unter heutigen Rahmenbedingungen eine besonders attraktive Lösung darstellen kann. Ebenso erläuterte er mögliche und zielführende Brennverfahrenskonzepte. Diese reichen von den äußeren, inneren sowie kryogenen Gemischbildungsverfahren sowie Zündverfahren mit Funken, Glühstift und Zündstrahl bis zur Verbrennungssteuerung und zum Dual Fuel-Betrieb. Alle Konzepte seien in den vergangenen Jahren am IVT gemeinsam mit Partnern dargestellt, experimentell untersucht und bewertet worden. Anhand der topaktuellen Forschungsergebnisse stellte er das Konzept Wasserstoff und dessen Potenzial zum „Zero Impact“-Antrieb für verschiedene Anwendungen vor. Eichlseder laut Standard: „Die Direkteinblasung in den Brennraum hat sich als zielführender erwiesen. Wasserstoff verdrängt sonst nämlich die Luft, und es bleibt zu wenig Sauerstoff zur Verbrennung. Wegen der hohen Selbstzündtemperatur ist Wasserstoff für Fremdzündungsverfahren prädestiniert, mit den weiten Zündgrenzen können diese sogar mager und ungedrosselt wie Dieselmotoren betrieben werden.“

Skarics‘ Fazit: „Der Verbrennungsmotor ist deshalb noch immer nicht abgeschrieben, weil er in bestimmten Einsatzbereichen die bessere Wahl darstellt – wenn er mit regenerativen Kraftstoffen betrieben wird, weil er leichter, robuster und billiger ist als die Brennstoffzelle. Vor allem die hochflexible Einsetzbarkeit unter rauen Bedingungen stellt sich als Vorteil dar, etwa im Bereich von Baumaschinen, bestimmten Nutzfahrzeugen und in der Landwirtschaft.

Helmut Eichlseder in einem Interview auf tugraz.at: „Wenn ich in fünfzehn Jahren noch zu einem Geschäftstermin fahre, dann nach wie vor mit einer Verbrennungskraftmaschine, aber mit einem hohen Grad an Elektrifizierung, das heißt elektrischen Komponenten. Betrieben wird sie hoffentlich mit synthetisch, also künstlich erzeugten Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels. Diese Kraftstoffe können erneuerbar hergestellt werden und bieten – ebenso wie Wasserstoff – die Möglichkeit, Erneuerbare Energie, die ja unregelmäßig anfällt, zu speichern. Ich halte E-Fuels und Wasserstoff im Langstreckenverkehr für mögliche Lösungen – wobei beim Wasserstoff die Herausforderung im Ausbau der Infrastruktur besteht. Die Stärke von batterieelektrischen Antrieben wird innerstädtisch ausgespielt. Diese Antriebe haben weniger große Reichweiten, sind aber dafür lokal emissionsfrei. Wenn wir das ganze System betrachten, gibt es derzeit keinen alleinigen Sieger. Der optimale Antrieb hängt stark von der Anwendung und von den lokalen Gegebenheiten ab.“

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