Klimaalarm der 11.000 verstärkt und erneuert

„Trotz einiger vielversprechender Entwicklungen ist der Handlungsbedarf noch dringlicher geworden“

Am 06.01.2021 schrieben fünf (einschlägig bekannte) Autoren aus Oregon, Sydney und Kapstadt (William J. Ripple, Christopher Wolf, Thomas M. Newsome, Phoebe Barnard, William R. Moomaw) u.a. in Scientific American, der Klimanotstand beschleunige sich schneller, als die meisten Wissenschaftler befürchtet hätten: „Die negativen Auswirkungen des Klimawandels sind viel gravierender als erwartet und bedrohen nun sowohl die Biosphäre als auch die Menschheit.“

Fridays-for-Future-Demonstration am Brandenburger Tor – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Immer mehr Belege sprächen dafür, dass die ansteigende Häufigkeit und Intensität extremer Wetterereignisse mit dem Klimawandel zusammenhängt. Daher müssten alle Anstrengungen zur Emissionsverringerung unternommen werden. Denn Wissenschaftler seien überzeugt, dass die Klimakatastrophe einen bedeutenden Teil der Erde unbewohnbar machen könnte – als Folge sich selbst verstärkender Klima-Rückkopplungsschleifen und drohender Kipppunkte. 1.859 Kommunen mit mehr als 820 Millionen Menschen hätten in 33 Ländern den Klimanotstand erklärt.

„Im Januar 2020 haben wir in einem Text mit dem Titel ‚World Scientists‘ Warning of a Climate Emergency‘ [Solarify hat ihn bereits am 06.11.2020 veröffentlicht] zusammen mit mehr als 11.000 unterzeichneten Wissenschaftlerkollegen aus 153 Ländern vor unermesslichem menschlichen Leid gewarnt. Als Weltwissenschaftler-Allianz sammeln wir weiterhin Unterschriften von Wissenschaftlern, mit mittlerweile mehr als 13.700 Unterzeichnern. In unserem Papier präsentierten wir Diagramme, die wichtige Anzeichen für sehr beunruhigende Trends des Klimawandels mit geringen Fortschritten der Menschheit zeigen. Basierend auf diesen Trends und der moralischen Verpflichtung der Wissenschaftler, ‚die Menschheit deutlich vor einer katastrophalen Bedrohung zu warnen‘ und ‚es so zu sagen, wie es ist‘, erklärten wir den Klimanotstand und machten Vorschläge für die Politik. Wir forderten einen transformativen Wandel mit sechs Schritten, die Energie, kurzlebige Luftschadstoffe, Natur, Nahrung, Wirtschaft und Bevölkerung betreffen. Eine kurze Videodiskussion von Vordenkern zu den sechs Schritten ist jetzt verfügbar.“

Die Autoren untersuchten den Fortschritt für diese sechs Schritte im Jahr 2020 und sahen einige „vielversprechende Entwicklungen bei Energie, Natur und Nahrung“. Joe Biden habe zugesagt, die USA würden dem Pariser Abkommen wieder beitreten, und einen 2-Billionen-Dollar-Klimaplan vorgeschlagen. Obwohl die COVID-19-Pandemie 2020 zu einem Rückgang der CO2-Emissionen geführt habe, sei dieser wahrscheinlich nicht von Dauer, war nur ein winziger Wimpernschlag im Vergleich zur kumulativen Anhäufung von Treibhausgasen, die dazu geführt habe, dass alle fünf der wärmsten Jahre seit 2015 aufgezeichnet worden seien. Tatsächlich sei die atmosphärische CO2-Konzentration 2020 weiter rapide angestiegen und habe im September ein Rekordhoch erreicht.

Die fünf zeigten sich besorgt, „dass kein großes Industrieland auf dem Weg ist, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, dem Ziel des Pariser Abkommens. Stattdessen sind die Maßnahmen vieler reicher Länder – einschließlich der USA – mit einer Erwärmung von mehr als drei Grad Celsius vereinbar. Leider waren die Fortschritte 2020 auch in den Bereichen der kurzlebigen Luftschadstoffe, der Wirtschaft und der Bevölkerung begrenzt. Auf dem Weg ins Jahr 2021 und darüber hinaus brauchen wir eine massive Mobilisierung zur Bewältigung der Klimakrise, einschließlich viel größerer Fortschritte bei den sechs Schritten zur Minderung des Klimawandels.“

Zu den wichtigsten Maßnahmen für jeden Schritt gehören die folgenden:

  1. Energie – Der zügige Ausstieg aus fossilen Brennstoffen hat höchste Priorität.
  2. Kurzlebige Schadstoffe – Eine schnelle Reduzierung der Emissionen von Methan, Ruß, Fluorkohlenwasserstoffen und anderen kurzlebigen Klimaschadstoffen ist entscheidend.
  3. Natur – Wir müssen natürliche Ökosysteme wie Wälder, Mangroven, Feuchtgebiete und Grasland wiederherstellen und schützen, damit diese Ökosysteme ihr ökologisches Potenzial zur Bindung von Kohlendioxid erreichen können.
  4. Ernährung. Eine Ernährungsumstellung hin zu mehr pflanzlichen Lebensmitteln und weniger tierischen Produkten, insbesondere Rindfleisch, würde den Ausstoß von Methan und anderen Treibhausgasen deutlich reduzieren.
  5. Wirtschaft. Wir müssen zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft übergehen, die unsere Abhängigkeit von der Biosphäre widerspiegelt. Die Ausbeutung von Ökosystemen aus Profitgründen muss für eine langfristige Nachhaltigkeit unbedingt gestoppt werden.
  6. Bevölkerung. Die Weltbevölkerung, die täglich um mehr als 200.000 Menschen wächst, muss stabilisiert und allmählich reduziert werden.

Trotz aller negativen Befunde sehen die fünf einen Hoffnungsschimmer: Junge Menschen in mehr als 3.500 Orten setzten die weltweiten Klimastreiks fort und forderten dringende Maßnahmen. Die Black-Lives-Matter-Bewegung habe zudem tiefe soziale Ungerechtigkeit und Ungleichheit in unseren Sozial- und Wirtschaftssystemen an die Oberfläche gebracht. Schnelle Fortschritte in jedem der sechs Schritte könnten erreicht werden, wenn sie von Anfang an im Kontext der Klimagerechtigkeit ständen, da der Klimawandel ein zutiefst moralisches Thema sei. Dies sei jedoch nur möglich, wenn die, welche den größten Klimarisiken ausgesetzt seien, die Antwort mitgestalten, einschließlich indigener Völker, Frauen, Jugend, farbiger Menschen und Menschen mit niedrigen Einkommen.

„Ein aggressiver, transformativer Wandel wird, wenn er ganzheitlich und gerecht gestaltet wird, breit angelegte Wiederherstellungsmaßnahmen beschleunigen und das Schlimmste der Klimakrise abwenden. Das Überleben unserer Gesellschaft, wie wir sie kennen, hängt von diesem beispiellosen Wandel ab.“

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