Online und Home-Office treiben ökologischen Fußabdruck in die Höhe

Öfter mal Laptop-Kamera abstellen!

Online-Lehre kann weniger klimafreundlich sein als erhofft; das ergab eine Untersuchung an der englischen Bournemouth University. Digital indirekt durch Fernlehre und Fernarbeit verursachte Emissionen glichen die des Pendelns auf den Campus aus. Anders der VDC: der kam mit dem Borderstep Institut in einer Studie zu dem Ergebnis, dass schon ab fünf Kilometer Anfahrtsweg mit dem Auto der Umstieg auf den PC einen Sinn habe. Und das Umweltbundesamt rechnete vor, dass ein Videostream in HD-Qualität per Glasfaserkabel mit gerade eben mal zwei Gramm CO2 pro Stunde zu Buche schlage und 45mal klimafreundlicherer sei als eine Übertragung über das G3-Datennetz.

Kabeltrommel – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Eine neue Untersuchung aus den USA – die erstmals neben dem Kohlenstoff-Fußabdruck auch den Wasser- und Land-Fußabdruck im Zusammenhang mit der Internet-Infrastruktur analysiert –  besagt jedoch, dass trotz eines Rekordrückgangs der globalen CO2-Emissionen im Jahr 2020 eine pandemiebedingte Verlagerung zu Fernarbeit und mehr Unterhaltung zu Hause immer noch erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt hat, da Internetdaten rund um den Globus übertragen und gespeichert werden. So verursache nur eine Stunde Videokonferenz oder Streaming 150 bis 1.000 Gramm CO2 (ein Liter Benzin verursacht laut KIT 2,37 kg CO2 und verbraucht bis zu 3.2 Liter Wasser). Wenn man jedoch die Kamera während einer Online-Konferenz ausgeschaltet lasse, könne man diesen ökologischen Fußabdruck um 96 % reduzieren. Die Ergebnisse der von Forschern der Purdue University, der Yale University und des Massachusetts Institute of Technology durchgeführten Studie wurden in Resources, Conservation & Recycling veröffentlicht.

„Wenn man sich nur auf eine Art von Fußabdruck konzentriert, verpasst man andere, die einen ganzheitlichen Blick auf die Umweltauswirkungen bieten können“, sagt Roshanak „Roshi“ Nateghi, Professorin für Wirtschaftsingenieurwesen an der Purdue University, deren Arbeit Lücken und Annahmen in der Energieforschung aufdeckt, die dazu geführt haben, dass die Auswirkungen des Klimawandels unterschätzt wurden.

Wald von der Fläche Brandenburgs zum Ausgleich notwendig

Eine Reihe von Ländern hat seit März einen Anstieg des Internetverkehrs um mindestens 20 % verzeichnet. Wenn sich der Trend bis Ende 2021 fortsetzt, würde allein diese erhöhte Internetnutzung einen Wald von etwa 27.645 Quadratkilometern erfordern – fast so viel wie die Fläche Brandenburgs – um den emittierten Kohlenstoff zu binden, so die Studie. Der zusätzliche Wasserbedarf für die Verarbeitung und Übertragung von Daten würde außerdem ausreichen, um mehr als 300.000 olympische Schwimmbecken zu füllen, während der daraus resultierende Landabdruck etwa der Größe von Los Angeles entspräche.

Das Team schätzte den Kohlenstoff-, Wasser- und Land-Fußabdruck, der mit jedem Gigabyte an Daten verbunden ist, die auf YouTube, Zoom, Facebook, Instagram, Twitter, TikTok und 12 weiteren Plattformen sowie bei Online-Spielen und sonstigem Web-Surfen verwendet werden. Wie erwartet, sind die Fußabdrücke umso größer, je mehr Videos in einer Anwendung verwendet werden.

Da die Datenverarbeitung viel Strom verbraucht und jede Stromerzeugung einen Kohlenstoff-, Wasser- und Land-Fußabdruck hat, verringert jede Reduzierung des Daten-Downloads die Umweltbelastung. „Bankensysteme sagen einem, welche positiven Auswirkungen es auf die Umwelt hat, wenn man papierlos wird, aber niemand sagt einem, welche Vorteile es hat, wenn man seine Kamera ausschaltet oder die Qualität des Streamings reduziert. Ohne Ihr Einverständnis vergrößern diese Plattformen also Ihren ökologischen Fußabdruck“, sagt Kaveh Madani, der diese Studie als Gastwissenschaftler am Yale MacMillan Center leitete und führte.

Der Kohlenstoff-Fußabdruck des Internets war schon vor den COVID-19-Lockdowns größer geworden und machte etwa 3,7 % der globalen Treibhausgasemissionen aus. Aber der Wasser- und Land-Fußabdruck der Internet-Infrastruktur wurde bei Studien darüber, wie sich die Internetnutzung auf die Umwelt auswirkt, weitgehend außer Acht gelassen, so Madani. Er hat sich mit Nateghis Forschungsgruppe zusammengetan, um diese Fußabdrücke zu untersuchen und herauszufinden, wie sie durch den zunehmenden Internetverkehr beeinflusst werden könnten. Dabei fand er heraus, dass die Fußabdrücke nicht nur je nach Webplattform, sondern auch nach Land variieren. Das Team sammelte Daten für Brasilien, China, Frankreich, Deutschland, Indien, Iran, Japan, Mexiko, Pakistan, Russland, Südafrika, Großbritannien und die USA und fanden heraus, dass die Verarbeitung und Übertragung von Internetdaten in den USA einen 9 % höheren Kohlenstoff-Fußabdruck als der weltweite Durchschnitt hat, aber einen Wasser- und Land-Fußabdruck, der 45 % bzw. 58 % niedriger ist.

Die Einbeziehung des Wasser- und Land-Fußabdrucks der Internet-Infrastruktur ergab für einige Länder ein überraschendes Bild. Obwohl Deutschland, ein weltweit führendes Land im Bereich der erneuerbaren Energien, einen Kohlenstoff-Fußabdruck hat, der deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt liegt, sind seine Wasser- und Land-Fußabdrücke viel höher. Der Fußabdruck des Landes bei der Energieerzeugung liegt zum Beispiel um 204 % über dem Mittelwert, errechneten die Forscher.

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