Frage nach Methanspaltung: Bald förderfähige Projektskizzen

Herstellung von Wasserstoff mittels Pyrolyse

Derzeit gibt es laut der Antwort (19/28010) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/27352) der FDP-Bundestagsfraktion keine Technologie zur Herstellung von Wasserstoff mittels Pyrolyse im großtechnischen Maßstab. Der Reifegrad entsprechender Technologien bewege sich im Rahmen von Versuchsaufbauten in Laborumgebungen, erklärt die Bundesregierung. Nach ihrer Kenntnis gebe es keine konkreten Pläne für den Aus- oder Aufbau von großtechnischen Anlagen dazu in Deutschland, heißt es weiter. (hib/PEZ) Solarify dokumentiert.

Im Wortlaut: Antwort der Bundesregierung auf die H2 grün - SymbolKleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Luksic, Dr. Martin Neumann, Michael Theurer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
-Drucksache 19/27352-

Wasserstoffherstellung durch Pyrolyse

Vorbemerkung der Fragesteller

Wasserstoff gilt als ein Energieträger der Zukunft. Einsatzmöglichkeiten bieten sich sowohl im Mobilitätsbereich als Treibstoff für verschiedenste Verkehrsträger als auch in der Industrie, zum Beispiel der Stahlerzeugung. Durch den Einsatz von Wasserstoff können Produktionsprozesse und Produktionskreisläufe teilweise oder gar vollständig klimaneutral gestaltet werden. Daraus ergeben sich enorme Chancen für das Erreichen der Klimaziele sowie für den Wirtschaftsstandort Deutschland, sowohl was die Energiewirtschaft, energieintensive Produktionen als auch den Mobilitätssektor anbelangt. Wasserstoff bietet als Energieträger die Chance einer besseren Sektorenkopplung und kann zudem als Energiespeicher verwendet werden.

Verfahren, um aus Erdgas mittels Methanpyrolyse Wasserstoff herzustellen, befinden sich in der Marktreife (welt.de/Gazprom-entwickelt-klimaneutrales-Wasserstoff-Produktionsverfahren). Bei der Pyrolyse werden mittels eines thermochemischen Umwandlungsprozesses organische Verbindungen bei hohen Temperaturen ohne Sauerstoff gespalten. Für die Wasserstoffproduktion wird die Methanpyrolyse angewandt, bei der Methan in Wasserstoff und Kohlenstoff aufgespalten wird. Ein Vorteil dieser Methode ist, dass der Energieeinsatz gegenüber der klassischen Wasserstoffherstellung geringer ist und kein CO2 freigesetzt wird. In Deutschland möchte diesbezüglich etwa das Unternehmen Wintershall DEA zusammen mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) dieses Verfahren weiter erforschen.

1. Welche Forschungsprojekte für die Herstellung von Wasserstoff mittels Pyrolyse gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland sowie innerhalb der EU?
a) Werden Forschungsprojekte diesbezüglich vom Bund gefördert, oder ist eine Förderung beantragt, und wenn ja, in welcher Höhe (bitte nach Projekt, Projektpartner und Fördermitteln auflisten)?
b) Sind nach Kenntnis der Bundesregierung diesbezüglich weitere Forschungsprojekte in Deutschland oder der Europäischen Union geplant, und wenn ja, welcher Art, wann, und wo?

Im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms der Bundesregierung wurde am 15. Dezember 2020 der Förderaufruf „Technologieoffensive Wasserstoff“ veröffentlicht. Wasserstofferzeugung mittels Pyrolyse ist hierbei als Brückentechnologie zulässig. Die bislang eingegangenen Projektskizzen werden aktuell fachlich bewertet und gegebenenfalls noch in diesem Jahr zur Antragstellung aufgefordert. Die Bundesregierung veröffentlicht jährlich den Bundesbericht Energieforschung und schafft damit Transparenz in der Förderpolitik im Rahmen des Energieforschungsprogramms. Die Zahlen zur Projektförderung des Bundes in diesem Bericht sind auf EnArgus (www.enargus.de), dem zentralen Informationssystem zur Energieforschung der Bundesregierung, transparent und nachvollziehbar dargestellt. Dort sind zudem Informationen zu laufenden und abgeschlossenen Projekten im Rahmen des Energieforschungsprogramms abrufbar.

2. Wie viel Wasserstoff kann nach Kenntnis der Bundesregierung pro Jahr durch Pyrolyse in Deutschland hergestellt werden?
Wie viele Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff durch Pyrolyse gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland und innerhalb der EU (bitte nach Unternehmen, Standort und Herstellungsvolumen pro Jahr aufschlüsseln)?

Eine Technologie zur Herstellung von Wasserstoff mittels Pyrolyse ist im großtechnischen Maßstab nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell nicht verfügbar. Der Reifegrad entsprechender Technologien bewegt sich im Rahmen von Versuchsaufbauten in Laborumgebungen (Technology Readiness Level (TRL) 3 bis 4). Die aktuell verfügbaren Herstellungsvolumina von Wasserstoff mittels Pyrolyse von Erdgas pro Jahr sind daher vernachlässigbar gering. Zur großtechnischen Herstellung von Wasserstoff durch Pyrolyse von Erdgas existieren zurzeit keine Anlagen in Deutschland und innerhalb der EU.

3. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Pläne zum Bau neuer Anlagen oder Ausbau bestehender Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff durch Pyrolyse in Deutschland, und wenn ja, wo, durch wen, und wie hoch ist das angestrebte Herstellungsvolumen pro Jahr?

Nach Kenntnis der Bundesregierung existieren zurzeit keine konkreten Pläne für den Ausbau oder Aufbau von großtechnischen Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff mittels Pyrolyse in Deutschland.

4. Welche Einsatzmöglichkeiten sieht die Bundesregierung in welchem Ausmaß für durch Pyrolyse hergestellten Wasserstoff?

Nach Kenntnis der Bundesregierung kann der mittels Methanpyrolyse hergestellte Wasserstoff, gegebenenfalls nach einer dem Einsatzzweck entsprechenden Reinigung, technisch in allen relevanten Anwendungsbereichen und Sektoren eingesetzt werden. Einschränkungen können sich durch nichttechnische Anforderungen (Regulatorik, Emissionsbilanzen, Wirtschaftlichkeit, etc.) ergeben. Aus Sicht der Bundesregierung ist allerdings nur Wasserstoff, der auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt wurde („grüner“ Wasserstoff), auf Dauer nachhaltig. Daher ist es Ziel der Bundesregierung, grünen Wasserstoff zu nutzen, für diesen einen zügigen Markthochlauf zu unterstützen sowie entsprechende Wertschöpfungsketten zu etablieren. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Bereichen, die schon jetzt nahe an der Wirtschaftlichkeit sind oder die sich nicht anders dekarbonisieren lassen, etwa zur Vermeidung von Prozessemissionen in der Stahl- und Chemieindustrie oder in bestimmten Bereichen des Verkehrs.

5. Wie bewertet die Bundesregierung Wasserstoff, der durch Pyrolyse hergestellt wurde, insbesondere im Hinblick auf die Energiebilanz und in der Frage der Klimaneutralität?

Die Treibhausgasbilanz (THG-Bilanz) sowie die einschätzbare Wirtschaftlichkeit des durch Pyrolyse aus Erdgas hergestellten Wasserstoffs („türkiser“ Wasserstoff) sind grundsätzlich ähnlich denen des mittels Dampfreformierung und Kohlenstoffabscheidung hergestellten Wasserstoffs (sogenannter „blauer“ Wasserstoff) zu bewerten. Während der Pyrolyse entstehen keine direkten CO2-Emissionen („lokal emissionsneutral“). Zur umfassenden Einschätzung der THG-Bilanz von Wasserstoff als Produkt einer Pyrolyse spielen jedoch die Emissionen entlang der Herstellungskette (Vorkettenemissionen), die Emissionen aus der Bereitstellung der notwendigen Prozessenergie und die langfristige, nachhaltige Bindung des abgeschiedenen Kohlenstoffs eine wichtige Rolle. Im Vergleich zu „blauem Wasserstoff“ besteht bei der Methanpyrolyse ein höherer Bedarf an Erdgas pro hergestellter Wasserstoff-Einheit. Dies ist durch grundlegende technische Unterschiede beider Prozesse begründet und führt zu höheren Vorkettenemissionen von pyrolytisch hergestelltem Wasserstoff. Neben Erdgas können auch Biomethan, Gruben- oder Deponiegase genutzt werden. In diesem Fall wird verhindert, dass das stark klimawirksame Gas in die Atmosphäre gelangt. Die Klimabilanz ist in diesem Falle günstig zu bewerten. Zudem beeinflussen die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten des Pyrolyseprodukts Kohlenstoff die Klimabilanz. Entscheidend ist hier, inwiefern der Kohlenstoff dauerhaft gebunden bleibt. Weiterhin können weniger umweltfreundliche Verfahren der Kohlenstoff-Herstellung ersetzt werden, was sich vorteilhaft auf die Gesamtbilanz auswirkt. Als Beispiel ist die CO2-intensive Herstellung von Ruß oder Carbon Black für die Reifenindustrie zu nennen. Durch die Nutzung von Methanpyrolyse-Kohlenstoff können die entsprechenden CO2-Emissionen eingespart werden.

6. Sieht die Bundesregierung durch Pyrolyse hergestellten Wasserstoff als Übergangstechnologie für das Erreichen der Klimaziele an?

Um das Ziel der Treibhausgasneutralität zu erreichen und um der internationalen Verantwortung zur Erreichung der Ziele des Klimaabkommens von Paris gerecht zu werden, muss Deutschland Möglichkeiten schaffen, Wasserstoff als Dekarbonisierungsoption zu etablieren. Dabei ist aus Sicht der Bundesregierung nur Wasserstoff, der auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt wurde („grüner“ Wasserstoff), auf Dauer nachhaltig. Daher ist es Ziel der Bundesregierung, grünen Wasserstoff zu nutzen, für diesen einen zügigen Markthochlauf zu unterstützen sowie entsprechende Wertschöpfungsketten zu etablieren. Die Bundesregierung geht jedoch gleichzeitig davon aus, dass sich in den nächsten zehn Jahren ein globaler und europäischer Wasserstoffmarkt herausbilden wird. Auf diesem Markt wird auch CO2-neutraler (z. B. „blauer“ oder „türkiser“) Wasserstoff gehandelt werden. Aufgrund der engen Einbindung von Deutschland in die europäische Energieversorgungsinfrastruktur wird daher auch in Deutschland CO2-neutraler Wasserstoff eine Rolle spielen und, wenn verfügbar, auch übergangsweise genutzt werden. Dazu gehören insbesondere eine kurz- bis mittelfristige Erreichung einer hinreichenden industriellen Reife (TRL 8 bis 9), die entsprechende Hochskalierung der Pyrolysekapazitäten, so-wie die Verfügbarkeit hinreichender Mengen and Erdgas und erneuerbarer Energien.

7. Sieht die Bundesregierung in der Herstellung von Wasserstoff durch Pyrolyse eine „Verschwendung von Ökostrom“, wie anderweitig geäußert (Quelle: www.welt.de/wirtschaft/plus205318935/Wasserstoff-Pyrolyse-Verfahren-kann-klimaneutrale-Herstellung-ermoeglichen.html)?

Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen.

8. Wie viel Wasserstoff könnte nach Kenntnis der Bundesregierung pro Jahr durch Pyrolyse erzeugt werden?

Der Umfang künftig verfügbarer Mengen Wasserstoff aus der Methanpyrolyse ist von den in der Antwort zu Frage 6 genannten Rahmenbedingungen abhängig und lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beziffern.

9. Wird durch Pyrolyse hergestellter Wasserstoff als grüner Wasserstoff klassifiziert, und wenn nicht, welche konkreten Folgen hätte dies für diese Technologie?

Die Fragestellung ist Gegenstand aktueller Prüfungen sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene.

10. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über die benötigte Energiemenge zur ausreichenden Herstellung von Wasserstoff für die Nutzung im gesamten Mobilitätssektor sowie allein in Teilbereichen, insbesondere jeweils im Schiffsverkehr und im Güterkraftverkehr?
11. Wie bewertet die Bundesregierung den Strombedarf einer überwiegend wasserstoffbasierten Mobilität pro Jahr gegenüber einer überwiegend batterieelektrischen Mobilität (bitte nach Mobilitätsform aufschlüsseln)?

Die Fragen 10 und 11 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.Der Endenergiebedarf der einzelnen Verkehrsträger kann nachfolgender Tabelle entnommen werden.

Der sich daraus ergebende Primärenergiebedarf – etwa an Strom – ist je nach Energie- und Antriebsoption unterschiedlich. Beim Einsatz von Wasserstoff im Vergleich zur direktelektrischen Nutzung ist je nach Bereitstellungs- und Nutzungspfad von einem zwei- bis dreifach höheren Strombedarf auszugehen.

->Quellen: