„Emissionsdaten 2020 lediglich Momentaufnahme“

Expertenrat für Klimafragen legt ersten Bericht vor

Der erste Bericht des im September 2020 berufenen Expertenrats für Klimafragen bewertet die Vorjahresschätzung des Umweltbundesamts zum Treibhausgas-Ausstoß und macht Vorschläge zum künftigen Prozess. Am 15.04.2021 hat er seinen ersten Bericht vorgelegt und Bundesumweltministerin Svenja Schulze übergeben. In dem gemäß § 12 BundesKlimaschutzgesetz erstellten Bericht prüfen und bewerten die fünf Experten die am 15. März vom Umweltbundesamt nach sieben Sektoren gegliederte Vorjahresschätzung der deutschen Treibhausgasemissionen.

Prüfung der Emissionsdaten

Kernstück des 140 Seiten starken Berichts ist die Prüfung der komplexen Methodik der Vorjahresschätzung. Der Expertenrat hat die Zahlen stichprobenartig nachvollzogen und findet keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Behörde bei ihren Punktwertschätzungen zu anderen Ergebnissen hätte kommen müssen. Die berichteten Emissionswerte lagen für alle im BundesKlimaschutzgesetz genannten Sektoren mit Ausnahme des Gebäudesektors unterhalb der jahresscharf im Gesetz vorgegebenen Zielwerte. Der frühe Zeitpunkt der Berichterstattung bedingt allerdings, dass einige Datenquellen für eine möglichst genaue Ermittlung der Emissionswerte der Sektoren noch nicht vollständig oder nur als Schätzung vorliegen.

Einordnung der Ergebnisse

Mit Blick auf die Sondereffekte des Jahres 2020, die vor allem von den Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie geprägt waren, ordnet der Expertenrat die Emissionsdaten in den einzelnen Sektoren in einer breiteren Analyse ein. Als Basis dafür dient eine Trendfortschreibung der historischen Emissionsdaten für 2020. Der Befund lautet: Der Verkehrssektor habe seine im Bundes-Klimaschutzgesetz vorgegebene maximale Emissionsmenge überschritten. Alle anderen Sektoren hätten ihr jeweiliges Ziel eingehalten, auch der Gebäudesektor. Die umfassende Analyse nimmt auch Bezug auf den kürzlich vom Europäischen Rat gefassten Beschluss, dass die Treibhausgasemissionen EU-weit 2030 statt um 40 um 55 Prozent niedriger liegen sollen als 1990, und diskutiert die möglichen Folgen für die nationalen Sektorziele in Deutschland. „Angesichts des dynamischen Umfelds erscheint es verfehlt, über Erfolg oder Misserfolg des Klimaschutzes in einem bestimmten Sektor allein auf Basis einer einzigen Zahl zu urteilen“, erläutert Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Expertenrats. „Zudem ist die Momentaufnahme unscharf. Die von uns analysierten Datenunsicherheiten und späteren Korrekturbedarfe liegen bei einigen Sektoren in der Größe der gesetzlich geforderten jährlichen Minderung, teilweise sogar darüber.“

Weiterentwicklung des Gesetzes

Vor dem Hintergrund der ersten Prüferfahrung kommt der Expertenrat zu dem Schluss, dass es für den künftigen Prozess noch Verbesserungspotenzial gibt. So lasse sich durch eine zusätzliche Datenerhebung und eine Erweiterung der Methoden die Genauigkeit der Vorjahresschätzung erhöhen. Überdies regt das Gremium an, zur Weiterentwicklung der Wirkungsweise des BundesKlimaschutzgesetzes einen zusätzlichen Prüfmechanismus zu etablieren. „Nach bestimmten, noch zu definierenden Kriterien könnte es angezeigt sein, dass für einen Sektor ungeachtet der formalen Zielerreichung dennoch ein Sofortprogramm vorgelegt werden sollte“, erklärt Brigitte Knopf vom MCC, die stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats. „Bei der entsprechenden Bewertung wäre auch bei Unterschreitung der maximal zulässigen Emissionsmenge zu prüfen, ob dafür strukturelle Gründe oder vor allem Sondereffekte für die Zielerreichung maßgeblich waren. Auch bereits eingeleitete klimapolitische Maßnahmen wären mit zu berücksichtigen.“

Der Expertenrat für Klimafragen (ERK) ist ein unabhängiges Gremium von fünf sachverständigen Personen verschiedener Disziplinen. Er wurde im September 2020 berufen und ist beauftragt durch § 11 und § 12 Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG). Das Gremium besteht aus den fünf Mitgliedern

  • Prof. Dr. Hans-Martin Henning (Vorsitzender),
  • Dr. Brigitte Knopf (stellvertretende Vorsitzende),
  • Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge,
  • Prof. Dr. Thomas Heimer und
  • Dr. Barbara Schlomann.

Neben anderen gesetzlichen Aufgaben prüft der Expertenrat für Klimafragen gemäß § 12 Abs. 1 KSG die Emissionsdaten des Umweltbundesamts und legt der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag innerhalb eines Monats eine Bewertung der veröffentlichten Daten vor.

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