Energiewende kann am Fachkräftemangel scheitern

Eineinhalb mal so viele Handwerker für Gebäudesanierung nötig

Das Freiburger Ökoinstitut befürchtet in einem am 25.04.2021 vorgestellten Policypaper, die Energiewende könnte ins Stocken geraten, weil „etwa 50 Prozent mehr Fachkräfte im Handwerk als heute nötig“ seien, um Häuser energetisch zu sanieren und so die Klimaziele bis 2050 noch zu erreichen. Zusätzlich würden rund 100.000 Handwerker im Fensterbau, für Heizungsinstallationen und Malerarbeiten benötigt, um den Gebäudebestand in Deutschland für die Energiewende fit zu machen.

Sanierung in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Um die Klimaschutzziele für Deutschland bis 2050 zu erreichen, müssten jährlich zwei Prozent der bestehenden Gebäude energetisch saniert werden. Dafür wären etwa eineinhalb mal so viele Fachkräfte im Handwerk wie heute nötig. In einer Umfrage des Öko-Instituts unter Eigentümern von Ein- und Zweifamilienhäusern wurde zugleich deutlich, dass der Personalmangel im Handwerk bereits heute die Umsetzung energetischer Sanierungen erschwert.  So gaben mehr als 40 Prozent der Befragten an, dass es schwierig war, geeignete Handwerksbetriebe für die geplanten Sanierungsmaßnahmen zu finden. Jeder Zwölfte konnte kein geeignetes Angebot erhalten, etwa jeder Dritte hat weniger Angebote bekommen als angefragt.

Investitionen brauchen Fachkräfte

Das Öko-Institut führt in seiner Analyse Daten zu Investitionen in die energetische Gebäudesanierung mit Beschäftigungszahlen im Handwerk zusammen. Danach werden jährlich etwa 40 bis 50 Milliarden Euro benötigt, um Altbauten so zu sanieren, dass sie nur noch 80 Prozent der Treibhausgase verursachen wie im Jahr 1990. Die Statistiken im Handwerk zeigen zugleich, dass die Beschäftigungszahlen bei den genannten Gewerken nicht nennenswert steigen, seit die Bundesregierung im Herbst 2010 ihr Energiekonzept und damit ihr Klimaziel für den Gebäudebestand verabschiedet hat.

„Mehr Fachkräfte für die Energiewende im Gebäudebereich zu gewinnen, muss  Hauptaufgabe der Politik in den nächsten Jahren sein. Andernfalls werden die Klimaziele für den Gebäudebestand nicht erreicht und Förderprograme laufen ins Leere“, betont Tanja Kenkmann, Senior Researcher mit Schwerpunkt Klimaschutz im Gebäudebereich am Öko-Institut. „Das Thema wird, obwohl es bekannt ist, stark vernachlässigt.“ Die Politik müsse das Thema gemeinsam mit den Handwerksverbänden angehen und wirksame Lösungsansätze erarbeiten.

Verlässlichkeit, Nachwuchs, Attraktivität: Politikempfehlungen

Das Policy Paper fasst die Empfehlungen der Wissenschaftlerinnen zusammen. Es entstand im Rahmen des vom Bundesforschungsministerium geförderten Verbundprojekts „Perspektiven der Bürgerbeteiligung an der Energiewende“. Wesentlicher Punkt sind verlässliche politische Vorgaben, damit Unternehmen des Ausbaugewerbes eigene Investitionen langfristig besser planen können. Zudem brauche es ein gezieltes und konsequentes Nachwuchsprogramm. Nicht zuletzt müssen Handwerksberufe insgesamt attraktiver werden, um ausgebildete Gesellen nicht an andere Branchen oder die Industrie zu verlieren. Dazu gehören auch Diskussionen über eine angemessene Bezahlung.

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