DIW-Analyse: Effektivität der internationalen Klimafinanzierung steigern

Industriestaaten sollten Unterstützung an Schwellenländer mit eigenen Verpflichtungen verbinden

Vor dem Weltklimagipfel in Glasgow im Herbst dieses Jahres stellt sich die Frage, wie die Industrieländer die Entwicklungs- und Schwellenländer besser bei klimapolitischen Maßnahmen unterstützen können, um die globalen Klimaziele zu erreichen. Eine Analyse der Abteilung Klimapolitik am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) kommt auf Basis von Experteninterviews zu dem Ergebnis, dass vor allem die internationale Klimafinanzierung überarbeitet werden muss.

Zukünftig sollte die Gegenseitigkeit der Klimabeiträge im Zentrum der Klimafinanzierung stehen. Das bedeutet, dass Länder, die andere Länder finanziell bei Klimamaßnahmen unterstützen, diese Unterstützung auch an Bemühungen im eigenen Land knüpfen. „Wenn die Geberländer sich mit der Unterstützung von Entwicklungsländern zu eigenen klimapolitischen Anstrengungen verpflichten, kann eine Dynamik des gegenseitigen Verstärkens von Klimaschutzmaßnahmen entstehen“, so der Studienautor Heiner von Lüpke. „Zudem kann so verhindert werden, dass Klimafinanzierung zu einem reinen Transfermechanismus wird, mit dem Industriestaaten Entwicklungs- und Schwellenländern einseitig Klimaschutz als Auflage machen.“ Dies habe in der Vergangenheit als sogenannte Konditionalität immer wieder zu politischen Kontroversen geführt.

Reformvorschlag der internationalen Klimafinanzierung – Grafik © diw-berlin 2021

Neues Leitbild für internationale Klimafinanzierung

Aktuell orientiert sich die internationale Klimafinanzierung, zu der sich die Industriestaaten im Umfang von etwa 100 Milliarden Dollar pro Jahr verpflichtet haben, hauptsächlich an den Grundsätzen der Entwicklungsarbeit: Im Vordergrund der einseitigen Geldtransfers stehen finanzielle Anreize für klimapolitische Maßnahmen in den Schwellenländern. Die DIW-Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass die Effektivität der Klimazusammenarbeit gesteigert werden könnte, wenn stattdessen die Prinzipien globaler Kooperation im Sinne der Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom als Leitbild dienen würden. Neben der Gegenseitigkeit der Beiträge sind dies gemeinsame Normen, Vertrauen, Transparenz und Wissensaustausch. „Die Prinzipien der globalen Kooperation sind so aufgebaut, dass sie sich gegenseitig unterstützen“, erklärt Co-Autorin Charlotte Aebischer. „Wenn beispielsweise die Geberländer ihre Unterstützung mit eigenen Verpflichtungen verbinden, stärkt dies auch das gegenseitige Vertrauen und schafft Anreize, das eigene Wissen zu teilen – und das größere Vertrauen untereinander steigert wiederum die Bereitschaft, höhere Verpflichtungen aufzunehmen.“

Stahlsektor bisher unzureichend in Klimaschutz einbezogen

Das besondere Augenmerk der Autoren lag auf dem Stahlsektor, der für fast ein Zehntel der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist. „Der Stahlsektor wurde bisher unzureichend in den Klimaschutz einbezogen. Dabei zeigt sich an ihm exemplarisch, wie eine Reform der internationalen Klimafinanzierung zur CO2-Neutralität beitragen könnte“, sagt Karsten Neuhoff, Mitautor der Studie und Leiter der Abteilung Klimapolitik am DIW Berlin. Wenn die Industriestaaten den Umstieg auf klimaschonende Herstellungsprozesse im Bereich Stahl in Schwellenländern finanziell unterstützten und diese Unterstützung mit ähnlichen Regeln im eigenen Land verknüpften, dann wären die Schwellenländer auch eher zu Klimaschutzmaßnahmen bereit. Zudem könnte die gegenseitige Berichtspflicht, die häufig mit der finanziellen Unterstützung verbunden ist, erweitert werden um den Anteil von Recycling und von klimaneutralen Produktionsprozessen bei verschiedenen Materialien.

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