CO2-Ausstoß von Zementproduktion kann langfristig stark reduziert werden

Mainzer Chemiker entwickeln Methode zur Zementproduktion durch Vermahlen anstelle umweltschädlichen Kalkbrennens

Globale Erwärmung und bezahlbares Wohnen sind zwei dominierende Themen der öffentlichen Debatte. Klimaschutz erreicht man durch CO2-Reduktion. Wohnraum schafft man durch verstärkten Wohnungsbau. Dazu braucht es Beton, den wichtigsten Baustoff unserer modernen Welt. Der enthält zwar keine fossilen Brennstoffe, ist ungiftig und schwimmt nicht als Plastikmüll in den Ozeanen. Aber der Eindruck täuscht, denn die Zementherstellung ist mit rund 8 % (2,7 Mrd.t jährlich) der größte industrielle Emittent weltweiter CO2-Emissionen, die durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe – meist Kohle – beim Brennen mit Temperaturen um 1.000° und Sintern bei etwa 1.450 ° C entstehen. Das können Forscher der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität jetzt ändern.

Lafarge-Zementwerk Barcelona – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Beton ist vielseitig einsetzbar, preiswert, sprichwörtlich hart und er lässt sich in fast jede beliebige Form gießen. Er besteht im Prinzip nur aus Sand, Kies, Wasser und dem Bindemittel Zement, der wiederum aus Kalk, Ton und einigen anderen Komponenten gebrannt wird und beim Aushärten stabile Kalziumsilikat-Hydrate bildet, die für die Eigenschaften des Betons verantwortlich sind.

Im Brennen des Kalks CaCO3 liegt jedoch genau das Problem, denn hier wird für jedes produzierte Molekül Kalziumoxid (CaO), den sogenannten „gebrannten Kalk“, ein Molekül des Treibhausgases CO2 freigesetzt. Bei einer Weltjahresproduktion von rund 4,5 Mrd. t Zement sind das immerhin rund 2,7 Mrd. t CO2. Dies entspricht etwa der Hälfte der CO2-Emissionen aus dem Verkehr. China ist für etwa 50 %, Deutschland für circa 1,5 % der Emissionen durch die Zementproduktion verantwortlich.

Klimaschädliches Kalkbrennen wird durch Vermahlen des Rohkalks mit Natriumsilikat umgangen

Chemiker der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben nun eine Methode entwickelt, die den CO2-Ausstoß der Zementproduktion langfristig drastisch reduzieren könnte. Dabei wird das CaCO3 nicht mehr in kohlenbefeuerten Brennöfen in gebrannten Kalk überführt, sondern lediglich mit festem Natriumsilikat (Na2SiO3) vermahlen. Durch diesen Mahlschritt wird ein „aktiviertes“ Zwischenprodukt hergestellt, das die Bestandteile des Zements in gleichmäßiger Verteilung enthält. Bei der Umsetzung mit Natronlauge bildet sich ein Produkt, das in seiner Struktur den Kalziumsilikat-Hydraten gleicht. Die Bildung der Zementpaste und das Abbinden mit Wasser laufen über eine komplexe Reaktionskaskade ab, deren Elementarschritte mit Hightechmethoden analytisch aufgeklärt werden konnten.

Während das Brennen des Kalks Temperaturen von 1.000 bis 1.500 Grad Celsius erfordert, läuft der Mahlschritt bei Raumtemperatur ab. Der mechanische Energieeintrag zur Mahlung konventionellen Zements beträgt mit 120 kWh/t lediglich etwa 10 Prozent der Energie, die für den Brennprozess aufgebracht wird. Dies entspricht jedoch nur der Energieeinsparung – und dem damit verbundenen Ausstoß von CO2 – durch Verbrennung fossiler Brennstoffe bei der Zementherstellung. Viel wichtiger aber ist, dass durch Umgehung des Kalkbrennens im Idealfall CO2-Emissionen im Milliarden-Tonnen-Bereich umgangen werden könnten. Da das Mahlen ein Standardverfahren in der Zementindustrie ist, wäre die Umsetzung des Verfahrens vom Labormaßstab in industrielle Größenordnung denkbar.

Potenziell für großtechnische Herstellung geeignet: Überführung vom Labormaßstab auf industrielles Niveau denkbar

Die Mainzer Chemiker räumen allerdings ein, dass die Kosten- und Energieabschätzung lediglich grobe Näherungen sind und Laboruntersuchungen nicht mit einem industriellen Prozess verglichen werden können, bei dem Entwicklung, Design, Durchführbarkeit, Wartung und andere Parameter berücksichtigt werden müssen. Doch dafür sei viel Entwicklungsarbeit nötig. „Es kann sich hier um einen ersten Schritt für eine nicht-konventionelle Art der Zementherstellung, aber nicht die voll entwickelte Lösung handeln“, betont Erstautor Marcel Maslyk.

Ähnlich sehen dies auch Prof. Wolfgang Tremel undUte Kolb von der JGU: „Das Verfahren ist potenziell geeignet, Zement für großtechnische Prozesse herzustellen“, so die beiden Gruppenleiter am Department Chemie. „Eine Durchführung im technischen Maßstab würde aber viele Jahre benötigen und damit weder kurz- noch mittelfristig Abhilfe bei den CO2-Emissionen schaffen können.“

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