Mehr Klimaschutz gefordert

Europa und Deutschland im Fokus aktivistischer Investoren

Deutschland entwickelt sich zu einem Schlüsselmarkt für Finanz-Aktivisten, denn die Ergebnisse des jüngsten A&M Activist Alert (AAA) des Beratungsunternehmens Alvarez & Marsal (A&M) zeigen die stärkste Zunahme der prognostiziert gefährdeten Unternehmen. Aktivistische Investoren wollen nicht nur Anteile übernehmen, sondern mehr Klima- und Umweltschutz durchsetzen. Dabei wird Rendite erwartet. Bei den sogenannten aktivistischen Hedgefonds hatte die Corona-Krise zuletzt für Zurückhaltung gesorgt, doch die ist nun laut A&M vorbei.mit dem stärksten Anstieg der prognostiziert gefährdeten Unternehmen. Das zeigen

Symbol-Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Zehn deutsche Unternehmen sieht A&M in den nächsten zwölf Monaten in der Gefahr solcher Einflussnahme-Versuche – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Frühjahr. Damit „verdrängt“ Deutschland Frankreich von Platz zwei der analysierten europäischen Länder und Regionen. Großbritannien bleibt dabei das Hauptangriffsziel der einflussnehmenden Investoren; dort stehen gleich 21 Unternehmen auf der „roten Liste“, in ganz Europa 58.

Welche Firmen voraussichtlich ins Visier von Hedgefonds geraten, verraten die Berater nicht. Mehr als 1600 börsennotierte Unternehmen in Europa untersuchten sie auf den Einfluss durch Investoren. Das größte Risiko für solche Attacken hat demnach die Industrie, die besonders im Umbruch steckt.

Der AAA enthält Analysen und Prognosen zur Tätigkeit aktivistischer Investoren in Europa. Dafür ausgewertet wurden 1.651 europäische Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung ab 200 Millionen US-Dollar. Der AAA zeigt, dass europäische Unternehmen einem signifikant steigenden Aktivismus ausgesetzt sind.

Die gelbe und rote Liste des AAA umfasst mittlerweile 148 europäische Unternehmen, die in naher Zukunft von Aktivisten angegriffen werden könnten. Auf der roten Liste, die ein unmittelbares Angriffsrisiko innerhalb der nächsten 12 Monate bedeutet, stehen dabei mittlerweile 58 Unternehmen. Seit dem letzten AAA im April 2021 ist diese Zahl um weitere 10 Prozent gestiegen. Für die 90 Unternehmen auf der gelben Liste besteht eine Gefahr innerhalb der nächsten 12 bis 18 Monate.

Der AAA stuft 27 deutsche Unternehmen als wahrscheinliche Ziele ein. In Europa ist diese Zahl nur für das UK höher. Als unmittelbar bedroht (rote Liste) gelten 10 deutsche Unternehmen, weitere 17 als mittelbar (gelbe Liste). In dem Maße, wie auch die Akzeptanz für Aktivismus in Deutschland zunimmt, steigt auch das Interesse der Investoren.

Aktivisten nehmen immer größere Unternehmen in ihren Blick

A&M prognostiziert weiterhin, dass Aktivisten größere Ziele als bislang anvisieren werden. Die voraussichtlichen Ziele der nächsten 12 bis 18 Monate haben eine durchschnittliche Marktkapitalisierung von 20,2 Milliarden EUR, was deutlich über den Werten von 2020 (12,3 Mrd. EUR) und 2021 (16,9 Mrd. EUR) liegt.

Ein weiterer Trend liegt in einer längeren durchschnittlichen Haltedauer aktivistischer Investments. Bereits 2021 stieg diese um 18 Prozent an. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen, da Aktivisten eine längerfristige Wertschöpfung und höhere Renditen anstreben.

„In Deutschland gibt es eine Vielzahl an Unternehmen, die im internationalen Wettbewerbsvergleich als Gewinner aus Coronakrise und Brexit hervorgehen. Als Treiber gestärkter Profitabilitäten erweisen sich dabei insbesondere resiliente Lieferketten und digitale Geschäftsprozesse. Das macht große und mittelständische Unternehmen attraktiv für aktivistische Investoren“, erklärt Patrick Siebert, Managing Director und Co-Head A&M Germany. „Auch das Thema ESG gewinnt gegenwärtig rasant an Aufmerksamkeit. Sowohl aus der Sicht aktivistischer Kampagnen als auch aus der Perspektive von Management und Aufsichtsräten.“

Einfluss von ESG-Faktoren auf Rekordhoch

Besonders stark fällt die Aufmerksamkeit der Aktivisten auf Unternehmen mit niedriger ESG-Bewertung. Seit 2018 hat sich die Anzahl der Kampagnen mit Fokus auf „Enviromental“ und „Social“ um das 2,5-fache erhöht. Dieser Trend ist in Europa deutlich ausgeprägter als in den USA. Für Europäische Unternehmen, die wegen unzureichender finanzieller oder betrieblicher Leistung anvisiert werden, besteht damit auch eine höhere Wahrscheinlichkeit, zusätzlich von anderen Aktivisten mit „E“- und „S“-Forderungen ins Visier genommen zu werden. 2021 lag die Wahrscheinlichkeit solcher parallelen Angriffe bei 37 Prozent.

Consumer- und Healthcare-Branchen rücken in den Fokus

Eine Branche, die besonders in den Fokus aktivistischer Investoren geraten wird, ist der Consumer-Bereich. Hier stehen mittlerweile 13 europäische Unternehmen auf der roten Liste und gelten als unmittelbar bedroht. Die Aussichten für nach Ende der Pandemie deuten auf eine verbraucherbasierte Erholung hin. Zu einer ebenfalls hochattraktiven Branche hat sich der Bereich Healthcare entwickelt. Hier stehen 9 Unternehmen auf der roten Liste des AAA. Spitzenreiter ist mit insgesamt 50 Unternehmen auf der roten oder gelben Liste aufgrund der schieren Bandbreite weiterhin der Industriesektor.

Abgenommen hat dagegen die Anzahl der gefährdeten Technologieunternehmen. Hier sieht die Analyse insgesamt 22 als bedroht. Dennoch besteht auch für diesen Sektor nach wie vor ein erhebliches Risiko für Angriffe von Aktivisten. Methoden, eine Neubewertung zu erreichen, entweder durch die Ausgliederung technologieorientierter Geschäftsbereiche oder durch ein Re-Listing an der Börse, führen voraussichtlich zu einer erhöhten Aufmerksamkeit von Aktivisten.

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