Auf dem Weg zur sauberen Katalyse

1,5 Millionen aus ERC für Uni-Jena-Projekt „CILCAT“

Pionierarbeit in der Wissenschaft leisten und Antworten auf Zukunftsfragen finden – bei dieser Aufgabe unterstützt der Europäische Forschungsrat (European Research Council – ERC) junge Forschende mit einem ERC Starting Grant. Dieser stellt bis zu 1,5 Millionen Euro für fünf Jahre zur Verfügung, um einer innovativen Projektidee zu folgen. Eine solche begehrte Förderung erhält in diesem Jahr Prof. Martin Oschatz von der Universität Jena, wie der ERC am 10.01.2022 bekanntgegeben hat. Der Chemiker möchte im Rahmen des nun geförderten Projekts „CILCat” die Katalyse, die in Jena begründet wurde, revolutionieren.

Konzepte für die Katalyse von morgen

Labor – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

In seinem innovativen Projekt will Oschatz nach eigenen Angaben zukunftsträchtige Konzepte für die Katalyse entwickeln „und dabei auch unkonventionelle, vollkommen neue Ideen verwirklichen. Neue Herausforderungen im Bereich Energie und Umwelt brauchen zuerst neue physikalisch-chemische Ansätze“, sagt Oschatz. Und dafür ist der junge Chemiker in Jena am richtigen Ort: Denn hier legte Johann Wolfgang Döbereiner schon vor 200 Jahren die Grundlagen für das, was wir heute als Katalyse bezeichnen. Auf dem Prinzip der Katalyse beruht die Herstellung fast aller Grundchemikalien und ihrer Folgeprodukte. Die Entwicklung neuer Katalyseformen und Katalysatoren hat immer wieder zu großen Veränderungen in technisch-chemischen Prozessen geführt und in vielen Fällen die Herstellung eines bestimmten Produktes erst möglich gemacht. Das Prinzip der sogenannten heterogenen Katalyse beruht darauf, dass sich kleine Teilchen wie Moleküle oder Ionen an den Oberflächen fester Stoffe binden. Die Teilchen werden durch diese Wechselwirkung „aktiviert“, d. h. ihre Umwandlung in andere Stoffe wird beschleunigt.

Katalyse ohne seltene oder giftige Metalle

„Oftmals sind für katalytische Prozesse aber seltene Metalle nötig. Darüber hinaus können die Teilchen nur an ganz bestimmten Zentren an der Oberfläche binden. Zudem sind die Oberflächen der Metalle begrenzt“, beschreibt Oschatz einige Herausforderungen, die er in seinem Forschungsprojekt angehen will. Er will mit seinem Team das Konzept von einzelnen katalytisch aktiven Zentren zu einer insgesamt katalytisch aktiven Oberfläche weiterentwickeln und das ganz ohne seltene, teure oder giftige Metalle. „Wir wollen dies erreichen, indem wir quasi ,künstliche Bindungszustände‘ von Molekülen zwischen den Oberflächen nachhaltiger poröser Kohlenstoffmaterialien und darauf befindlicher Flüssigkeiten, die aus Ionen bestehen, erzeugen. Um dies zu verwirklichen, werden wir uns die Aktivierung von Stickstoff, einem sehr reaktionsträgen Molekül, vornehmen. Als Produkt soll dann mit Hilfe von Wasser und Strom aus erneuerbaren Energien Ammoniak gewonnen werden, der dann weiter zu Düngemittel oder Grundchemikalien verarbeitet werden kann, die etwa zur Herstellung von Medikamenten dienen“, nennt Oschatz das Ziel und die damit verbundenen Hoffnungen, die chemischen Prozesse nachhaltiger und weniger gefährlich zu gestalten.

Hintergrund: Wasserspaltung und Ammoniaksynthese in einem einzigen Reaktor

Seit rund 100 Jahren wird Ammoniak mit dem Haber-Bosch-Verfahren bei hohen Drücken synthetisiert. Dabei wird Wasserstoff, der durch Erhitzen von Erdgas abgespalten wird, mit Stickstoff verbunden – für beide Vorgänge sind hohe Temperaturen notwendig. Oschatz entwickelt bei seinen Forschungen Materialien für Katalysatoren, durch die diese Prozesse auch elektrochemisch bei Raumtemperatur stattfinden können. So kann der Energieeintrag durch elektrischen Strom erfolgen und so modifiziert werden, dass Wasser anstelle von Wasserstoff als Ausgangsstoff eingesetzt werden kann. Wasserspaltung und Ammoniaksynthese könnten dann in einem Reaktor kombiniert werden, was die Kosten deutlich senkt; und die Ammoniak-Synthese würde ein Jahrhundert nach ihrer Etablierung einen beachtlichen Entwicklungsschritt machen.

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