Hochtechnologie-Metalle Germanium und Gallium aus der Tiefsee?

Jacobs University Bremen: Forschung am Rohstoff-Dilemma

Die zwei Metalle Germanium und Gallium sind wichtige Rohstoffe für die Halbleiterindustrie, für Glasfaserkabel und für die Photovoltaik und als essenzielle Komponenten für die Gestaltung der Elektromobilität und Energiewende für moderne Hochtechnologien von großer Bedeutung. Mit neuen Analysemethoden hat die Arbeitsgruppe „CritMET: Critical Metals for Enabling Technologies“ um Michael Bau, Professor für Geochemie an der Bremer Jacobs University, die Verteilung von Germanium und Gallium in Eisen-Mangan-Krusten der Tiefsee untersucht. Die Ergebnisse wurden einer Medienmitteilung vom 10.05.2022 zufolge in zwei renommierten Fachzeitschriften veröffentlicht.

Bohrgerät – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

2020 stammten 66 Prozent der Welt-Germaniumförderung aus China; für Gallium ist die chinesische Marktbeherrschung mit 97 Prozent noch größer. Aufgrund dieser Abhängigkeit und den damit verbundenen Risiken für die Rohstoffversorgung haben sowohl die US-amerikanische Regierung als auch die Europäische Union diese Metalle in ihre Listen der kritischen Rohstoffe aufgenommen. Mit großem Aufwand wird weltweit nach Lagerstätten gesucht, zumal die Nachfrage nach diesen Metallen in den nächsten Jahren dramatisch zunehmen wird. Doch die Rohstoffsuche gestaltet sich schwierig, und so kommen auch unkonventionelle Vorkommen in Betracht.

Eine Möglichkeit, die weltweite Versorgung mit kritischen Rohstoffen zu sichern, könnte der Tiefseebergbau sein. Zwar ist er einerseits wegen seiner unklaren Auswirkungen auf die Umwelt umstritten, andererseits könnte er eine Vielzahl an Metallen liefern, ohne die klimapolitische Ziele wie die Energiewende nicht realisierbar sind. Recycling ist für kritische Rohstoffe in absehbarer Zeit noch keine Lösung, da diese Metalle bisher noch nicht in größeren Mengen genutzt wurden.

Die Arbeitsgruppe „CritMET: Critical Metals for Enabling Technologies”, die an der Jacobs University im Studienprogramm „Earth and Environmental Science and Technology“ angesiedelt ist, untersucht sowohl potenzielle Rohstoffquellen als auch das Umweltverhalten kritischer Rohstoffe wie der Seltenen Erden, Germanium und Gallium. Die jetzt veröffentlichten Artikel fassen die Forschungsergebnisse der Gruppe um Katharina Schier und David Ernst, die Professoren Michael Bau und Dieter Garbe-Schönberg sowie nationale und internationaln Kooperationspartner zusammen.

Die untersuchten Eisen-Mangan-Krusten bilden sich sehr langsam am Meeresboden der Tiefsee. Dabei fangen sie eine Vielzahl im Meerwasser gelöster Metalle ein und reichern diese an. Mit neuen Analysemethoden gelang es der Arbeitsgruppe, die Konzentrationen von Gallium und Germanium in solchen Krusten verlässlich zu bestimmen. Die Ergebnisse sind für die geochemische Grundlagenforschung von großer Bedeutung, denn sie helfen, den Transport von Metallen vom Festland in die Ozeane besser zu verstehen.

Für die angewandte Forschung sind sie allerdings eher ernüchternd: Die Gehalte an Gallium und Germanium sind zu niedrig, um die Krusten in absehbarer Zeit zu einer Rohstoffquelle für diese Metalle zu machen. Aber die Ergebnisse haben auch eine positive Seite, denn die Forschenden konnten zeigen, wie effektiv Gallium und Germanium an Eisenoxide angelagert werden und dass sie damit effektiv aus dem Wasser und somit aus der Umwelt entfernt werden können. Da alle kritischen Metalle durch die dramatisch steigende Verwendung in immer größeren Mengen in die Umwelt und damit in Flüsse, Seen und ins Grundwasser gelangen, werden Verfahren, mit denen dies verhindert oder das Wasser wieder gereinigt werden kann, immer wichtiger. Der Einsatz von Eisenoxiden könnte hier für Germanium und Gallium eine einfache und relativ preiswerte Lösung sein.

Auf der Suche nach Hochtechnologiemetallen in Norddeutschland: Vielversprechendes Forschungsprojekt

Vor fast fünf Jahren, am 26.06.2017, meldete die Jacobs University einen ersten Einstieg in das Thema: „Mit modernsten geowissenschaftlichen Analysemethoden werden im Forschungsprojekt ‚MinNoBeck‘ Bohrkerne und Formationswässer aus der Erdöl- und Erdgasexploration und -förderung untersucht, um eventuell vorhandenen Erzen auf die Spur zu kommen. Gibt es Erzvorkommen im norddeutschen Untergrund? Und wenn ja, wie wurden die Erzminerale unter Mitwirkung heißer Wässer gebildet? Diese Fragen versucht das MinNoBeck Verbundprojekt zu beantworten, das im Rahmen des Programms „r4 – Innovative Technologien für Ressourceneffizienz – Forschung zur Bereitstellung wirtschaftsstrategischer Rohstoffe“.

Im Rahmen des Projektes „MinNoBeck – Ressourcenpotenzial verdeckter hydrothermaler Mineralisationen im Norddeutschen Becken“ wurden damals erstmals Formationswässer und Gesteinsproben aus Bohrungen im Bereich des Norddeutschen Beckens, das sich von der Nord- und Ostsee bis an den Rand der Mittelgebirge im Süden erstreckt, in Hinblick auf Lagerstätten von Hochtechnologiemetallen untersucht. Dass es Anreicherungen von Blei-, Zink- und Kupfer gibt, ist durch teils bis zu 3500 Meter tiefe Bohrungen bekannt. Systematisch untersucht worden sind sie bisher aber nicht. Modernste geowissenschaftliche Analysemethoden sollen nun Aufschluss geben, welche Rohstoffe die Mineralisationen in den Bohrkernen enthalten.

„All diese Elemente findet man nur sehr selten in wirtschaftlich abbaubaren Konzentrationen, also in Erzlagerstätten“, so Prof. Dr. Michael Bau, Professor für Geochemie an der Jacobs University und Projektleiter von MinNoBeck am Standort Bremen. „Unser Fokus liegt nicht nur auf den Erzvorkommen im Norddeutschen Becken, sondern wir werden auch Formationswässer untersuchen. Solche Formationswässer stammen aus großen Tiefen, aus denen sie im Rahmen der Erdöl- und Erdgasförderung mit an die Oberfläche transportiert werden, wo wir sie dann beproben und analysieren können. Solche Formationswässer sind meist sehr salzreich und können hohe Gehalte an High-Tech Rohstoffen enthalten“, so Bau weiter.

In dem auf drei Jahre ausgelegten Verbundprojekt arbeiteten Partner aus der Wissenschaft und der Industrie zusammen. Die Bohrkerne und Formationswässer wurden den MinNoBeck-Verbundpartnern von ExxonMobil Production Deutschland GmbH, ENGIE E&P Deutschland GmbH, Vermilion Energy Germany GmbH & Co. KG und der Wintershall Holding GmbH bereitgestellt.

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