Finanzierung größte Hürde für europäische PV-Produktion

23. Forum Neue Energiewelt

Beim 23. Forum Neue Energiewelt in Berlin (ab sofort „Forum Solar PLUS“) diskutierten am 14. und 15.09.2022 zahlreiche Vertreter der Erneuerbaren Energiebranche über die anstehende Herausforderungen auf dem Weg zu 100 Prozent Erneuerbaren. Beim Thema eines Wiederaufbaus der europäischen Solarindustrie sahen sie vor allem die Finanzierung als Problem, so pv magazine.

Dach-PV-Anlage in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

„Gasabhängigkeit und Technologieabhängigkeit sind zwei verschiedene paar Schuhe,“ sagte Andreas Bett, Leiter des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme ISE, zu Beginn seines Vortrags. Der Wissenschaftler nahm an einer Vortragsreihe teil, die sich mit Europas Hürden auf dem Weg zu einem gewichtigen Standort der Solarindustrie befasste. Mit seiner Aussage sprach Bett eine Befürchtung an, die in den vergangenen Monaten häufiger in der Solarbranche und darüber hinaus zu vernehmen war. Der Weg in die Unabhängigkeit vom Gas führt zum Ausbau der Erneuerbaren Energien. Droht eine neue Abhängigkeit in der Energiewirtschaft mit katastrophalen Folgen?

Der entscheidende Unterschied für den ISE-Chef war, dass bei einer Abhängigkeit von Gas ein Lieferstopp des Brennstoffs unmittelbar zu Energieengpässen führe. Ein Lieferstopp von Modulen hingegen habe keine Auswirkung auf die Energieproduktion der installierten Kapazität. Probleme würden mit Verzögerung eintreten, da in so einem Fall die politisch gewollten Ausbaupfade nicht erreicht werden könnten. Dennoch sei es wichtig, dass Europa wieder zum Industriestandort für Solartechnik werde. Es sei grundsätzlich möglich, weit über den  eigenen Bedarf an Modulen und Wechselrichtern hinaus zu produzieren und zu exportieren. Um das Risiko einer Abhängigkeit sinnvoll zu verringern, schätzt Bett, reiche es, wenn Europa seinen Bedarf an Solartechnik zu 40 bis 50 Prozent selber decken könnte.

Viel Produktion für wenig Geld

Wie viel das in absoluten Zahlen sein könnte, weiß Michael Schmela, leitender Berater beim Industrieverband Solarpower Europe – er sagte, in diesem Jahr würden 39 Gigawatt Photovoltaik in Europa installiert. Bis 2026 würden es jährlich 60 GW Zubau sein – Tendenz danach steigend. Bis zum Jahr 2030 soll Europa bei der kumulativen PV-Leistung die Terawattmarke durchbrochen haben.

Nach aktuellen Preisen lassen sich die Maschinen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Modulproduktion für 120 Mio. €/GW kaufen, sagt Andreas Bett. Für eine Produktion von 30 GW, um die Hälfte des Bedarfs von 2026 decken zu können, müssten folglich 3,6 Milliarden Euro investiert werden – ein Drittel der Summe, die für Nordstream 2 aufgewendet worden sei.

Das klingt nach wenig. Doch gerade bei der Finanzierung hapere es noch in Europa, so Schmela. Die Boom-und-Bust-Zyklen der Vergangenheit schürten bis heute Unsicherheit bei den Investoren. Durch Weitblick und stabile Planung müsse das Vertrauen zurückgewonnen werden. So ließen sich Mittel sammeln. Darauf allein sollte man sich die Indsutrie allerdings nicht verlassen.

Schmela setzt auf öffentliche Finanzierung. Denn so wäre es möglich, bei Großprojekten Beschaffungsrichtlinien bezüglich Nachhaltigkeit und Regionalität zu schaffen. Außerdem warb Schmela für ein stärkeres Engagement der Entwicklungsbanken. Zum einen meinte er damit die EIB, aber auch nationale Entwicklungsbanken wie die KfW.

Musterschüler USA

Da in der Vergangenheit die Investition in Photovoltaik-Produktionskapazitäten mit Risiken behaftet waren, scheuten sich Banken eher in neue Fabriken zu investieren. Angesichts der neuen Motivation die Zubauzahlen dauerhaft hochzuhalten, müsse sich das ändern.

Ein Beispiel für eine gelungene öffentliche Finanzierung von Produktionskapazitäten könnte dabei laut Moritz Borgmann, Chief Commercial Officer von Meyer Burger, aus den USA kommen. Mit dem „Inflation Reduction Act“ habe US-Präsident Biden Steuererleichterungen für Unternehmen, die Ihre Produktion in den USA ansiedeln, erlassen. Modulhersteller erhielten zum Beispiel einen Steuernachlass von sieben US-Cent pro Watt. Auf die Produktion von Zellen gebe es einen Nachlass von vier Cent pro Watt.

Dass das seine Wirkung entfalte und die Geschäfte hiesiger Hersteller beschleunigen könne, beweise Meyer Burger. Das günstige Geschäftsklima und eine starke Nachfrage nach seinen Produkten lockten den Hersteller von Hochleistungsmodulen über den Atlantik. Dort solle eine neue 1,5 GW-Fertigung für seine Heterojunction-Module entstehen. Mit den dortigen Steuernachlässen und einem guten Abnahmevertrag schaffe man den Sprung in das Segment der Freiflächenanlagen, sagte Borgmann. Er wünschte sich ähnliche Rahmenbedingungen in Deutschland.

->Quelle: pv-magazine.de/groesste-huerde-fuer-europaeische-photovoltaik-produktion-ist-die-finanzierung