Klimawandel macht diesjährige Sommerdürre 20x wahrscheinlicher

Katastrophe droht

Hohe Temperaturen, angeheizt durch den (anthropogenen) Klimawandel, trockneten in diesem Sommer die Böden der nördlichen Hemisphäre außerhalb der Tropen aus. Zu dem am veröffentlichten Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit daür im Steigen begriffen ist, kommt ein Team von Klimaforschenden unter der Leitung der ETH Zürich im Namen der World Weather Attribution Group (WWAG).

Ausgetrockneter Fluss in Katalonien – 20220920 – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Der Sommer 2022 auf der Nordhalbkugel war einer der wärmsten, die jemals in Europa aufgezeichnet wurden – mit mehr als 24.000 hitzebedingten Todesfällen. Auch in Teilen Chinas und Nordamerikas kam es zu starken Hitzewellen. Die aus Hitze und Trockenheit resultierenden Dürren verursachten weit verbreitete Wasserknappheit, Waldbrände und Ernteausfälle. Die Lebensmittelpreise stiegen, die Stromversorgung litt.

Ein internationales Team von Klimawissenschaftlern unter der Leitung der Forschungsgruppe von Sonia Seneviratne, Professorin für Land-Klima-Dynamik an der ETH Zürich, hat nun den möglichen Einfluss des Klimawandels auf dieses extreme Wetterereignis analysiert. Die Untersuchung der WWAG kommt zu dem Schluss, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel die Wahrscheinlichkeit einer solchen Bodentrockenheit in der nördlichen Hemisphäre um mindestens das Zwanzigfache erhöht hat.

Intensive landwirtschaftliche und ökologische Dürren

Für ihre Studie analysierten die Forscher die Bodenfeuchtigkeit in den Monaten Juni, Juli und August 2022 auf der nördlichen Halbkugel außerhalb der Tropen. Ein Fokus galt West- und Mitteleuropa, wo eine besonders schwere Dürre herrschte und die Ernteerträge erheblich zurückgingen. Ein Mangel an Feuchte im obersten Meter des Bodens, der so genannten Wurzelzone, in der Pflanzen Wasser aufnehmen, wird als landwirtschaftliche und ökologische Dürre bezeichnet.

Laut den Forschenden sind Dürreverhältnisse wie in diesem Sommer unter den heutigen klimatischen Bedingungen etwa einmal in 20 Jahren zu erwarten. Ohne den Klimawandel  wären derartige landwirtschaftliche Dürreverhältnisse in der nördlichen Hemisphäre nur etwa einmal alle 400 Jahre oder weniger zu erwarten.

In West- und Zentraleuropa hat der Klimawandel die landwirtschaftliche und ökologische Dürre 2022 etwa drei bis vier mal wahrscheinlicher gemacht. Dies bedeutet nicht, dass der Klimawandel Europa weniger beeinflusst hat als die restliche nördliche Hemisphäre; aufgrund der unterschiedlichen Grösse der Regionen lassen sich die Ergebnisse nicht direkt vergleichen.

„Der Sommer 2022 hat gezeigt, wie der menschgemachte Klimawandel das Risiko landwirtschaftlicher und ökologischer Dürren in dicht besiedelten und landwirtschaftlichen Regionen der nördlichen Hemisphäre erhöht“, sagt Seneviratne.

Menschengemachte Erwärmung als treibende Kraft

Der stärkste Treiber für das erhöhte landwirtschaftliche und ökologische Dürrerisiko waren steigende Temperaturen, während veränderte Niederschläge relativ unwichtig waren. Der Klimawandel hat die Temperaturen in der gesamten nördlichen Hemisphäre bereits so stark erhöht, dass ein so heißer Sommer wie der diesjährige ohne den Klimawandel unmöglich gewesen wäre, so die Wissenschaftler.

„Die Ergebnisse unserer Analyse gewähren uns auch einen Blick auf das, was uns bevorsteht“, sagt Dominik Schumacher, Postdoc in Seneviratnes Forschungsgruppe und Erstautor der Studie. „Erwärmt sich die Erde weiter, ist in Zukunft mit noch stärkeren und häufigeren Sommerdürren zu rechnen.“ Seneviratne: „Deshalb müssen wir aus den fossilen Energien aussteigen, wenn wir die Klimabedingungen stabilisieren und eine weitere Verschlimmerung solcher Dürreereignisse vermeiden wollen“.

(Dieser Artikel basiert auf der folgenden Pressemitteilung der World Weather Attribution, einer internationalen Zusammenarbeit, die den Einfluss des Klimawandels auf extreme Wetterereignisse analysiert und veröffentlicht, vbom 05.10.2022.)

Hohe durch den Klimawandel verschärfte Temperaturen machen Dürreperioden auf der Nordhalbkugel 2022 wahrscheinlicher

Wasserknappheit, ausgedehnte Brände, hohe Lebensmittelpreise und schwere Ernteeinbußen gehörten zu den wichtigsten Auswirkungen eines der heißesten europäischen Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen, mit Hitzewellen und außergewöhnlich geringen Niederschlägen in der gesamten nördlichen Hemisphäre. Diese Bedingungen führten zu sehr trockenen Böden, insbesondere in Frankreich, Deutschland und anderen mitteleuropäischen Ländern (im Folgenden „West-Mitteleuropa“); auch das chinesische Festland erlebte außergewöhnlich hohe Temperaturen und Trockenheit. Diese Defizite bei der Bodenfeuchtigkeit führten zu schlechten Ernten in den betroffenen Regionen, erhöhten die Brandgefahr und dürften in Verbindung mit den bereits sehr hohen Lebensmittelpreisen die Ernährungssicherheit weltweit gefährden.

Wissenschaftler aus der Schweiz, Indien, den Niederlanden, Frankreich, den Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien arbeiteten zusammen, um zu bewerten, inwieweit der vom Menschen verursachte Klimawandel die Wahrscheinlichkeit und Intensität der geringen Bodenfeuchtigkeit sowohl an der Oberfläche als auch in den Wurzelzonen der meisten Kulturpflanzen verändert hat.

Wichtigste Ergebnisse

Die Untersuchung konzentriert sich vor allem auf die trockenen Böden, die auf der gesamten Nordhalbkugel (mit Ausnahme der tropischen Regionen) schwerwiegende wirtschaftliche und ökologische Auswirkungen hatten und in West- und Mitteleuropa besonders gravierend waren.

Auf Beobachtungen basierende Landoberflächenmodelle zeigen, dass eine sehr niedrige sommerliche Bodenfeuchtigkeit an der Oberfläche und in der Wurzelzone, wie sie im Jahr 2022 beobachtet wird, im heutigen Klima in beiden Regionen etwa einmal in 20 Jahren auftritt. Obwohl die Größenordnung der historischen Trends zwischen den verschiedenen beobachtungsbasierten Bodenfeuchteprodukten variiert, stimmen alle darin überein, dass die 2022 in beiden Regionen beobachtete Trockenheit zu Beginn des 20. Jahrhunderts weniger wahrscheinlich gewesen wäre.

„Um die Rolle des Klimawandels bei diesen beobachteten Veränderungen zu bestimmen, kombinieren wir die beobachtungsbasierten Datensätze mit Klimamodellen und kommen zu dem Schluss, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel die Wahrscheinlichkeit der beobachteten Dürreereignisse erhöht. Die Veränderung der Wahrscheinlichkeit ist bei den beobachtungsbasierten Daten größer als bei den Modellen. Wir haben auch die Rolle des Klimawandels bei Temperatur und Niederschlag in diesen Regionen untersucht und festgestellt, dass der starke Anstieg der hohen Temperaturen der Hauptgrund für die zunehmende Trockenheit ist.“

Kombiniert man alle Belege, so stellt man für West- und Mitteleuropa fest, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel die Wahrscheinlichkeit einer Dürre in der Wurzelzone im Jahr 2022 um das 3 bis 4fache und die einer Dürre an der Oberfläche um das 5 bis 6fache erhöht hat. In den außertropischen Gebieten der nördlichen Hemisphäre hat der vom Menschen verursachte Klimawandel die Wahrscheinlichkeit der beobachteten Bodentrockenheit um mindestens das 20-fache für die Bodenfeuchtigkeit in der Wurzelzone und um mindestens das 5-fache für die Bodenfeuchtigkeit an der Oberfläche erhöht, aber wie bei schwer zu beobachtenden Größen üblich, sind die genauen Zahlen unsicher. Die analysierten Modelle zeigen auch, dass die Bodenfeuchtigkeitstrockenheit mit einer zusätzlichen globalen Erwärmung weiter zunehmen wird, was mit den prognostizierten langfristigen Trends in Klimamodellen übereinstimmt, wie sie z. B. im IPCC AR6 berichtet werden.

->Quellen: