Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht

Flexible Biomasse-Speicherkraftwerke produzieren auch an grauen Wintertagen

Zur Erreichung der Klimaschutzziele hat der Bundestag einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien beschlossen. Schon bis 2030 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch auf 80 Prozent steigen. Gleichzeitig erfolgt der Ausstieg aus Atom und Kohle. Bereits in den nächsten Jahren werden erhebliche Stromerzeugungskapazitäten abgestellt und durch erneuerbare Energien ersetzt. Näheres dazu in der Pressemitteilung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) vom 02.12.2022.

Biogas-Anlage Berge, Prignitz, Brandenburg – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Mit dem Fokus auf Wind und Sonne machten wir uns jedoch wetterabhängig. Was passiere in Zeiten, in denen sehr wenig erneuerbarer Strom erzeugt werde, weil es dunkel und windstill sei –  in sogenannten Dunkelflauten? Komme es dann zum Stromausfall? In diesen Zeiten würden flexible Backup-Kraftwerke einspringen, die bislang überwiegend mit fossilen Energien betrieben worden seien. Biogas-Speicherkraftwerke könnten einen bedeutenden Anteil dieser fossilen Kraftwerksleistung ersetzen, heißt es in der Pressemeldung der FNR weiter.

Bewölkt und windstill – so sieht es dieser Tage in weiten Teilen Deutschlands aus. Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, wird Biomasse zur wichtigsten erneuerbaren Stromquelle. So lag die Stromerzeugung aus Biomasse laut Bundesnetzagentur am 29. November beispielsweise mit einer Leistung von 116 GWh über der Leistung aus Wind (103 GWh) und PV (15 GWh).

Flexibel betriebene Biogasanlagen, sogenannte Speicherkraftwerke, erzeugen Strom schon heute zuverlässig entsprechend des Bedarfs. Dies zeigt die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) mit dem Vorhaben VisuFlex – Visualisierung der Netz- und Systemdienlichkeit flexibilisierter Biogasanlagen. Auf der Website https://visuflex.fnr.de/visualisierung ist die Stromerzeugung ausgewählter, zukunftsweisend flexibilisierter Biogasanlagen den Strompreisen und der Residuallast in Echtzeit gegenübergestellt. Dabei wird deutlich, dass die Stromeinspeisung aus Biogas sehr genau der Residuallast, also der Differenz zwischen erneuerbarer Stromerzeugung und dem Strombedarf, folgt. Bei hoher Netzbelastung lassen sich die Biogas-Blockheizkraftwerke (BHKW) herunterfahren, um das Netz freizumachen für Wind- und Solarstrom. Bei Strombedarf hingegen eignet sich Biogas als Reservekapazität und wird so zur „Batterie“ für Engpasszeiten.

Biogasanlagen haben im Jahr 2021 mit knapp 13 % einen wesentlichen Anteil zur erneuerbaren Stromerzeugung beigetragen. Die rund 9.000 Anlagen in Deutschland haben eine installierte Leistung von 6,4 GW, mit der sie 31,3 TWh Strom nachhaltig, klimafreundlich und aus heimischen Rohstoffen erzeugen konnten. Darüber hinaus wurden 17,4 TWh thermische Energie bereitgestellt, die ausreicht, um etwa 1,5 Mio. Haushalte mit Wärme zu versorgen. 2 GW der installierten BHKW-Leistung, das entspricht der Leistung von zwei Atomkraftwerken, dienen der flexiblen Strombereitstellung – diese Anlagen wurden in den letzten Jahren eigens für diese Aufgabe umgebaut. Während die sonstigen Biogasanlagen überwiegend Dauerläufer sind, also rund um die Uhr Strom für die sogenannte Grundlast erzeugen, produzieren die Speicherkraftwerke Strom, um Bedarfsspitzen abzudecken.

Alle Biogasanlagen ersetzten direkt fossiles Erdgas für die Strom- und Wärmebereitstellung, flexibilisierte Biogasanlagen seien jedoch besonders wertvoll für das Energiesystem der Zukunft mit hohen Wind- und Solaranteilen, erklärt Uwe Welteke-Fabricius vom Flexperten-Netzwerk, und weiter: „Durch die Flexibilisierung weiterer Biogasanlagen könnten zusätzlich etwa 10 – 15 GW flexible Spitzenleistung bereitgestellt werden; bei Erschließung aller Potenziale für die Biogaserzeugung sogar über 30 GW. Zu Zeiten hoher Residuallast ließe sich so mehr als die Hälfte des prognostizierten Leistungsbedarfes durch Biogas decken“.

Wolfram Wiggert aus Baden-Württemberg betreibt das Speicherkraftwerk Haslachhof. In den vergangenen Jahren hat er in zusätzliche BHKW, Wärme- und Gasspeicher investiert und seine Anlage von 500 KW Grundlastbetrieb zu einem 2,6 MW-Speicherkraftwerk umgerüstet. Seitdem produziert er höchstflexibel Strom und versorgt ca. 250 Haushalte mit Wärme. Die jüngste Debatte der Bundesregierung um die Strompreisbremse und die damit geplante Erlösabschöpfung bei der Stromerzeugung aus Biogas verunsichern ihn allerdings. „Würden die Erlöse aus der Stromvermarktung abgeschöpft, gäbe es für mich keinen Anreiz mehr, meine Biogasanlage flexibel zu betreiben“, so Wiggert. „Die Investitionen in mein Speicherkraftwerk kann ich mit den geplanten Vergütungen dann nicht mehr finanzieren“.

Die bedarfsgerechte Stromerzeugung aus Biogas sei wichtiger Bestandteil für das Gelingen der Energiewende und trage zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Energieversorgung aus heimischen Rohstoffen bei. Seit Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetz im Jahr 2014 werde für Biogasanlagen der Ausbau hin zu einer flexiblen und bedarfsgerechten Stromerzeugung gefördert. Entsprechend des RePowerEU-Plans ziele die Europäische Kommission darauf ab, den Biomethananteil von aktuell 18 Milliarden Kubikmeter auf 35 Milliarden im Jahr 2030 zu steigern, heißt es weiter.

Sofern die Rahmenbedingungen stimmen, will Wiggert seinen Gas- und Wärmespeicher in den nächsten Jahren noch einmal erweitern, um die Ziele der Bundesregierung bei der Energiewende weiter zu unterstützen. Dafür brauche es aber verlässliche Rahmenbedingungen, die den Betreibern und Kreditinstituten Investitionen in die Zukunft erlaubten.

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