acatech-Position „Holzbasierte Bioökonomie“

Nachhaltig, zirkulär, klimaresilient

Die holzbasierte Bioökonomie kann einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise leisten. Dies erfordert eine systemische Betrachtung, die ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Aspekte berücksichtigt: Der Wald ist Rohstofflieferant, Erholungsraum und erbringt neben dem Klimaschutz weitere Ökosystemleistungen, ist jedoch vom Klimawandel selbst betroffen. Es gilt Ressourcen zu schonen und effizient zu verwenden, Produkte also möglichst lange, mit hoher Wertschöpfung wiederzuverwerten und mehrfach in Kaskaden zu nutzen. Das Ziel: Wirtschaftswachstum vom Rohstoffverbrauch entkoppeln und zu einer „Circular Economy“ beitragen. Das ist kurzgefasst der Inhalt der neuen acatech-Position „Holzbasierte Bioökonomie“.

Cover acatech-POSITION Bioökonomie Holz – © acatech

Im Fokus der Publikation steht die stoffliche Holzverwendung. Innovative Beispiele aus verschiedenen Wirtschaftszweigen wurden betrachtet, begünstigende Faktoren sowie Hemmnisse identifiziert und Handlungsempfehlungen für Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft abgeleitet. Die Politik sollte den Vorrang der stofflichen Nutzung festschreiben und die energetische Verwendung auf nicht stofflich verwertbare Holzsortimente beschränken. Ausschreibungen sollten an Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtet und Unternehmen angeregt werden, bei der Produktentwicklung das Prinzip „Design for Re-Use and Recycling“ mitzudenken. Zudem bedarf es einer breiten Einbindung der Gesellschaft, um Zielkonflikte frühzeitig zu diskutieren.

Mit Technologien und Produkten auf Holzbasis nachhaltig wirtschaften

Innovative Technologien und Produkte auf Holzbasis können einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise leisten. In einem Verbundprojekt zur holzbasierten Bioökonomie von acatech und der TU Dresden haben Expertinnen und Experten Treiber und Hemmnisse für Innovationen in diesem Bereich analysiert und Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Das Konzept der Bioökonomie verbindet Ökonomie und Ökologie und zielt auf eine nachhaltigere, zirkuläre Wirtschaftsweise ab, die aus fossilen Rohstoffen hergestellte Produkte durch Erzeugnisse ersetzt, die aus nachwachsenden Rohstoffen stammen. Eine zweite Herangehensweise innerhalb der Bioökonomie ist es, das Wissen um biologische Prozesse und Systeme für neue Technologien zu nutzen.

Im Fokus der neu erschienenen acatech-Publikation steht die holzbasierte Bioökonomie, die den Rohstoff Holz nutzt; also das Frischholz aus dem Wald sowie Sekundärrohstoffe wie Altholz und Altpapier. Beispiele für innovative holzbasierte Anwendung finden sich im Bereich der Holz- und Verbundwerkstoffe und im mengenmäßig bedeutenden Baubereich. Aber auch bei Lebensmittelverpackungen und im Textilsektor kommen holzbasierte Lösungen zum Tragen. Ferner können aus den chemischen Hauptbestandteilen von Holz wie beispielsweise aus Lignin erneuerbare Füllmittel oder biobasierte Bindemittel entstehen, also biobasierte Produkte, die Erzeugnisse auf Basis fossiler Rohstoffe ersetzen können.

Hans-Jürgen Froese, Leiter des Referats „Energie, Bioökonomie, Nachwachsende Rohstoffe“ im BMEL, betont: „Eine auf Klima- und Biodiversitätsschutz ausgerichtete holzbasierte Bioökonomie leistet einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung. Wo dazu konkret angesetzt werden sollte, dazu hat das Projekt ‚Holzbasierte Bioökonomie – Treiber innovativer Technologien‘ wertvolle Empfehlungen gegeben. Sie sollten nicht zuletzt im Umsetzungsplan für die Nationale Bioökonomiestrategie aufgegriffen werden, mit dem die Bundesregierung die prioritären Handlungsfelder für die nächsten Jahre benennen wird.“

Das Konzept der Bioökonomie hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen, da es zur Bewältigung globaler Herausforderungen wie Klimaschutz, Ressourceneffizienz und Nahrungsmittelversorgung beitragen kann. Es spielt somit eine Rolle bei der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele, „Sustainable Development Goals“ (SDG) der Vereinten Nationen, die diese im Rahmen ihrer Agenda 2030 im Jahr 2015 formuliert haben. Dies spiegelt sich auch in nationalen Strategien viele Länder wider – wie etwa der „Nationalen Bioökonomie-strategie“ der Bundesregierung vom Januar 2020. Auch Bundesländer haben oder entwickeln eigene Strategien. Unter Bioökonomie wird im Allgemeinen die Transformation von einer auf fossilen Rohstoffen basierenden Wirtschaftsweise hin zu einer biobasierten, nachhaltigen Wirtschaftsweise verstanden. Nachwachsende Rohstoffe aus Forst-, Land- und Meereswirtschaft bilden somit eine entscheidende Grundlage der Bioökonomie. In einer weiter gefassten Definition zähIen hierzu auch das Wissen über biologische Prinzipien und Strukturen sowie deren Übertragung und Nutzbarmachung für andere (Technik)-Bereiche.

acatech-Präsident Jan Wörner erläutert: „Die Diskussion über die nachhaltige Nutzung und den Schutz des Waldes hat durch die Folgen des Klimawandels an Aktualität gewonnen. Der Wald ist einerseits selbst vom Klimawandel betroffen. Andererseits wird aus Klimaschutzgründen auch seitens der Politik zunehmend auf Holzprodukte gesetzt, vor allem im Baubereich.“ Eine nachhaltige holzbasierte Bioökonomie sollte daher laut Jan Wörner die ökologischen Grenzen der Rohstoffbereitstellung anerkennen und gleichzeitig den Rohstoff so effizient, so dauerhaft und so oft wie möglich nutzen. Sie sei ein wichtiger Bestandteil einer zirkulären Wirtschaft.

André Wagenführ, acatech-Mitglied und Lehrstuhlinhaber an der TU Dresden, hat das vom BMEL geförderte Verbundprojekt von acatech und TU Dresden zur holzbasierten Bioökonomie geleitet. Er fasst die wichtigsten Handlungsempfehlungen zusammen, beginnend mit Anreizen, die die Politik schaffen sollte: „Damit Holz als Primärrohstoff langfristig zur Verfügung steht, sollte eine nachhaltige Waldbewirtschaftung honoriert werden. Das Ergebnis wäre ein Wald, der auch durch eine andere Baumartenzusammensetzung klima-resilienter ist. Zudem sollten öffentliche Ausschreibungen und die Beantragung von Zuschüssen zum Beispiel im Bauwesen mit Nachhaltigkeitskriterien verknüpft sein.“

Hinzu kommt laut Wagenführ die Änderung von Rahmenbedingungen. Um die stoffliche Nutzung von Altholz auszuschöpfen, müsste die Politik die Altholzverordnung, wie seit längerem geplant, zeitnah novellieren und die Kaskadennutzung verbindlich festschreiben. Um ein Level Playing Field zwischen energetischer und stofflicher Nutzung zu erreichen, sollten bestehende Anreizinstrumente sukzessive abgebaut und dann perspektivisch durch eine möglichst einheitliche CO2 Bepreisung ersetzt werden. „Zudem spricht viel für eine umfassende Biomassestrategie, die für alle beteiligten Akteure zu mehr Planungssicherheit führen könnte“, so der Experte.

Unternehmen und Kundinnen/Kunden ebenfalls gefragt

Auch Unternehmen sehen die Fachleute in der Pflicht: Diese sollten bei der Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle, Produkte und Verfahren das Prinzip „Design for Re-Use and Recycling“ von Beginn an mitdenken. Transparente Informationen über beispielsweise die Qualität von Recyclingprodukten, das Anbieten von Reparaturleistungen und Rücknahmeservices sowie Sharing Dienstleistungen und „grüne“ Produkte mit Zusatznutzen könnten Mehrwert schaffen und somit die Akzeptanz sowie Wertschätzung für stoffliche, innovative holzbasierte Anwendungen bei Kundinnen und Kunden erhöhen. Zudem gelte es für alle Akteure, die Gesellschaft einzubeziehen, um ein gemeinsames Verständnis von Bioökonomie zu erarbeiten. Kundinnen und Kunden könnten ebenfalls zu einem Wandel beitragen, indem sie sich bewusst mit ihrem Konsumverhalten auseinandersetzen.

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