Abfall als wertvolle Rohstoffquelle

Fraunhofer IKTS integriert Freiberger Forschungsgruppe Kohlenstoff-Kreislauftechnologien KKT

Kohlenstoff ist ein zentraler Grundstoff unzähliger Produkte unseres täglichen Lebens. Bislang nutzt die Industrie dafür weitestgehend fossile Rohstoffquellen wie Erdöl, Erdgas oder Kohle. Hierbei werden sowohl während der Produktion dieser Grundstoffe als auch am Produktlebensende bei der Verbrennung große Mengen an CO2 frei. Allein Deutschland verbrennt jährlich rund 47 Millionen Tonnen dieser kohlenstoffhaltigen Abfälle in thermischen Abfallbehandlungs- und Feuerungsanlagen. Durch exakt aufeinander abgestimmte Verfahrenskombinationen des chemischen Recyclings sollen zukünftig bis zu 100 % dieser Abfälle recyclebar und in neuen Produkten nutzbar sein. Somit wird Abfall zu einer wertvollen Rohstoffquelle beispielsweise für Grundstoffe in der chemischen Industrie, wie das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS am 10.01.2023 mitteilt.

Die Forschungsgruppe Kohlenstoff-Kreislauftechnologien KKT des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme in Freiberg optimiert chemische Recycling-verfahren und erprobt diese im großtechnischen Maßstab. – Foto © Institut für Energieverfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen, TU Bergakademie Freiberg

Am neuen Standort in Freiberg würden chemische Recyclingverfahren wie die Pyrolyse oder Gasifizierung optimiert und im großtechnischen Maßstab erprobt, heißt es in der Pressemeldung. Kunststoffe, die mechanisch nicht weiter recyclebar seien, Biomassen oder fossile Mischabfälle würden dabei in kleinere Moleküle zerlegt, so dass sie als Synthesegase, Monomere oder andere Zwischenprodukte in der chemischen Industrie wieder einsetzbar seien.

Hierfür betreiben die Forschenden am Standort eine Pyrolyseplattform sowie – in Kooperation mit der TU Bergakademie Freiberg – Anlagen zur Gasifizierung, um verschiedene Fragestellungen zu untersuchen: Welche Abfallfraktionen lassen sich in welche Art Grundstoffe überführen? Wie müssen die Prozesse gefahren werden, um Korrosion oder Anbackungen zu vermeiden oder eine bestimmte Reinheit der Produkte zu erreichen? Und zuletzt auch die Frage der Wirtschaftlichkeit. So lassen sich für Industriepartner verschiedene Technologien anpassen, bewerten und in kundespezifische Lösungen für die Schließung von Kohlenstoffkreisläufen übertragen.

Diese Kompetenzen sollten in Zukunft erweitert werden. Prof. Martin Gräbner, Leiter der neuen Außenstelle in Freiberg und Professor für Energieverfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen an der TU Bergakademie Freiberg, führt aus: „Wir wollen künftig eine möglichst CO2-emissionsarme, effiziente und ressourcenschonende Nutzung von Kohlenstoffquellen ermöglichen. Dabei muss regenerativ erzeugter Strom die Basis bilden, der z. B. als grüner Wasserstoff über spezielle Syntheseprozesse einbezogen wird. Hier knüpfen wir optimal an die Kompetenzen im IKTS an.“ Kombiniere man nämlich die benannten Recyclingprozesse mit elektrochemischen Konversionsprozessen wie der Hochtemperatur-Elektrolyse oder Syntheseprozessen wie der Fischer-Tropsch-Synthese, könnten einerseits höherwertige Produkte wie synthetisches Kerosin hergestellt und andererseits hohe Wirkungsgrade erzielt werden.

Erst die Kopplung von Stoff-, Energie- und Wärmeströmen in Summe führe zu Verfahrenskonzepten, die einen deutlichen Mehrwert gegenüber bisherigen Ansätzen böten. Prof. Alexander Michaelis, Institutsleiter des Fraunhofer IKTS, freut sich über den Zuwachs in Freiberg und beschreibt die damit verbundenen Potenziale: „Das IKTS hat langjährige Erfahrung mit Technologien zur Wasserstofferzeugung und -nutzung. Hier sind die Hochtemperatur-Elektrolyse und Fischer-Tropsch-Synthese absolute Kerntechnologien. Mit der erweiterten Expertise im Bereich der Kohlenstoff-Kreislauftechnologien sind wir nun in der Lage, neue Rohstoff- und Energieressourcen für eine grüne Industrie bereitzustellen.“

Die Forschungsgruppe Kohlenstoff-Kreislauftechnologien KKT wurde im Oktober 2017 als Außenstelle des Fraunhofer IMWS gegründet. Die Forschungsziele der KKT fokussieren auf die effiziente, ressourcenschonende und klimaneutrale Nutzung von Kohlenstoffträgern. Diese Entwicklungsarbeiten erfolgen in enger Kooperation mit der TU Bergakademie Freiberg. Dafür erhielt die Forschungsgruppe KKT eine Anschubfinanzierung vom Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus SMWK in Höhe von 4,6 Mio. Euro, mit der u. a. umfangreiches Equipment angeschafft werden konnte. Am KKT arbeiten aktuell 20 Forschende am Standort Freiberg.

Über Fraunhofer IKTS

Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS betreibt anwendungsorientierte Forschung für Hochleistungskeramik. Die drei Institutsteile in Dresden und Hermsdorf (Thüringen) formen gemeinsam das größte Keramikforschungsinstitut Europas.

Als Forschungs- und Technologiedienstleister entwickelt das Fraunhofer IKTS moderne keramische Hochleistungswerkstoffe, industrierelevante Herstellungsverfahren sowie prototypische Bauteile und Systeme in vollständigen Fertigungslinien bis in den Pilotmaßstab. Darüber hinaus umfasst das Forschungsportfolio Kompetenzen in der Kreislaufwirtschaft sowie den Elektrolyse-, Wasserstoff- und Power-to-X-Technologien.

->Quelle: IKTS.Fraunhofer.de/kohlenstoffrecycling_standort_freiberg