Polen steigt in Atomkraft ein

Deutsche gegen Abschaltungen – Trittin: AKW gehen weltweit zurück

Polen steigt in die Atomenergie ein. In Warschau kann man schwer verstehen, warum Deutschland gerade angesichts der Energiekrise in die andere Richtung marschiert. In Polen wird der Atomeinstieg quer durchs politische Spektrum von allen mitgetragen, schreibt Martin Adam, ARD-Studio Warschau am 11.04.2023 auf tagesschau.de. Premier Morawiecki ließ Anfang November 2022 wissen, wenn Wladimir Putin ganz Europa energiepolitisch erpresse, solle man auf andere, bewährte Energiequellen setzen. Mit „bewährt“ meinte er Atomenergie und die USA. Nach Jahren von Ankündigung und Planung steigt Polen mit Westinghaouse-Druckwasserreaktoren in die Atomenergie ein.

AKW Philippsburg – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Ab 2026 soll gebaut werden, insgesamt sechs AKW sollen es bis Mitte der 2040er-Jahre werden. Die Hälfte aus den USA, die andere aus Südkorea – beides Länder, in denen Polen in den letzten Monaten auch großzügig Waffen, Militärfahrzeuge und Kampfflugzeuge bestellt hat.

Ex-Umweltminister Trittin sieht im Tagesspiegel derlei Ankündigen gelassen: „Ich lese seit 20 Jahren solche forschen Ankündigungen, aber seit 20 Jahren geht die Zahl der Atomkraftwerke weltweit zurück. Es werden kaum neue Atomkraftwerke gebaut und die, die im Bau sind, brauchen doppelt so lange und werden dreimal so teuer wie geplant. Nur China baut noch neue Anlagen, trotzdem sinkt die Zahl insgesamt. Atomkraft ist eine Nischentechnologie. Weltweit beträgt der Anteil von Atomenergie nicht einmal fünf Prozent, weil sie schlicht nicht mehr rentabel und wettbewerbsfähig ist. Auch aus den USA höre ich nur Ankündigungen und sehe, dass Staatsgelder verwendet werden. Die amerikanische Privatwirtschaft investiert nicht in Atomkraft. Der Preis pro Kilowattstunde wird durch die kleinen Anlagen noch steigen. Schon heute beträgt der Preis für Strom aus AKW das Vier- bis Fünffache im Vergleich zu Strom aus Solar- und Windkraftanlagen.“

Die meisten Deutschen sind Umfragen zufolge gegen die Abschaltung der drei letzten drei Atomkraftwerke – so die ZEIT. Zum jetzigen Zeitpunkt sind gar zwei Drittel gegen den Atomausstieg. 43 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, die Atomkraftwerke noch länger für die Stromerzeugung zu nutzen. Ein Viertel will gar bereits stillgelegte Atomkraftwerke wieder hochfahren. Nur 28 Prozent der Bürgerinnen und Bürger finden die AKW-Abschaltung richtig. Allein die Anhänger der Grünen befürworten mehrheitlich (65 Prozent) eine endgültige Abschaltung. Über die Hälfte der Befragten (51 Prozent) glaubt nicht daran, dass die Stromversorgung in Deutschland auch ohne Atomstrom dauerhaft gesichert werden kann. An eine sichere Stromversorgung ohne Nutzung der Kernenergie glauben mehrheitlich lediglich die Anhänger der Grünen (81 Prozent) und der SPD (59 Prozent).

Experten rechnen in Polen mit 40 Milliarden Kosten

Energie und Rüstung, mit dieser Kombination sind die USA und Südkorea Sicherheitsgaranten für Polen, befand bereits im November Olga Semeniuk, Staatssekretärin im Ministerium für Entwicklung und Technologie. Zumindest ist der Preis noch nicht bekannt. Experten rechnen mit etwa 40 Milliarden Euro für den Einstieg in die Atomkraft. Sehr viel Geld, das kurzfristig überhaupt nichts bringt, findet Joanna Mackowiak-Pandera vom Thinktank „Forum Energii“. Aber Polens Umstieg auf Atomenergie wird politisch getragen, quer durchs Parteienspektrum. Aus polnischer Sichttappt Deutschland energiepolitisch von einem Fehler zum nächsten – erst die Abhängigkeit von russischem Gas und jetzt der Ausstieg aus der Atomkraft.

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