Politik soll umweltfreundliches Verhalten erleichtern, fördern und einfordern

Vorwurf der ,Bevormundungspolitik‘ greift oft zu kurz

Viele Menschen wollen sich umweltfreundlicher verhalten, aber oft scheitert es an der Umsetzung. Mit seinem am 09.05.2023 veröffentlichten Sondergutachten ermutigt der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) die Politik, die Rahmenbedingungen so umzugestalten, dass Umweltschutz naheliegende Option wird.

Verkehr in Berlin – Stau oder S-Bahn, eine Alternative – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

„Wir können die ökologischen Krisen nur eindämmen, wenn alle beitragen.“, betont Prof. Annette Elisabeth Töller. „Ob Konsum, private Investitionen oder Freizeitverhalten: Es ist höchste Zeit, dass die Politik umweltfreundliches Verhalten erleichtert, fördert und – wo notwendig – auch einfordert.“ Dies ist nicht nur eine Aufgabe für die Umweltpolitik, sondern auch für Ressorts wie Verkehr, Energie, Bauen und Ernährung.

Neugerät statt Update

Wenn Politik das Alltagshandeln beeinflusst, wird allerdings schnell Kritik laut. „Der Vorwurf der ,Bevormundungspolitik‘ greift aber oft zu kurz“, sagt Prof. Töller. „Verhalten ist immer von außen beeinflusst, etwa durch Werbung und frühere politische Entscheidungen, derzeit aber häufig zu Lasten der Umwelt.“ Dass beispielsweise viele Menschen auf das Auto angewiesen sind, hat auch mit der Verkehrspolitik der vergangenen Jahrzehnte zu tun, die zu wenig in öffentlichen Nahverkehr investiert hat.

Ein weiteres Beispiel: Viele VerbraucherInnen wären bereit, ihr Smartphone länger zu verwenden, statt ein neues zu kaufen. Oft erschweren das aber die Rahmenbedingungen: Der Akku kann nicht selbst gewechselt werden, Software-Updates werden nicht mehr eingespielt oder Verträge bieten starke Anreize für eine Neugerät. „Wenn Produkte langlebiger gestaltet werden und dies beim Kauf auch deutlich wird, dann nützt es den VerbraucherInnen und der Umwelt“, erklärt Prof. Christina Dornack.

Mit dem Gutachten will der SRU die Politik bei dieser Aufgabe unterstützen. Dazu hat er Forschung aufbereitet, die untersucht, wie Menschen umweltrelevante Entscheidungen treffen und wie Politik umweltfreundliches Verhalten auf effektive und gesellschaftlich akzeptable Weise fördern kann.

Das Sondergutachten „Politik in der Pflicht: Umweltfreundliches Verhalten erleichtern“ wurde am 09.05.2023 an Bundesumweltministerin Steffi Lemke übergeben und steht auf www.umweltrat.de zum Download zur Verfügung.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) berät die Bundesregierung seit 50 Jahren in Fragen der Umweltpolitik. Die Zusammensetzung des Rates aus sieben Professorinnen und Professoren verschiedener Fachdisziplinen gewährleistet eine wissenschaftlich unabhängige und umfassende Begutachtung, sowohl aus naturwissenschaftlich-technischer als auch aus sozialwissenschaftlicher Perspektive.

Der Rat besteht derzeit aus folgenden Mitgliedern:

  • Prof. Dr. Claudia Hornberg (Vorsitzende), Universität Bielefeld
  • Prof. Dr. Claudia Kemfert (stellvertretende Vorsitzende), Leuphana Universität Lüneburg und Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berlin
  • Prof. Dr.-Ing. Christina Dornack, Technische Universität Dresden
  • Prof. Dr. Wolfgang Köck, Universität Leipzig und Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
  • Prof. Dr. Wolfgang Lucht, Humboldt-Universität zu Berlin und Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
  • Prof. Dr. Josef Settele, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
  • Prof. Dr. Annette Elisabeth Töller, FernUniversität in Hagen

->Quelle: umweltrat.de/2023_5_PM_Umweltfreundliches_Verhalten