SRU: Umweltfreundliches Verhalten erleichtern

Expertenrat plädiert für entsprechende politische Rahmenbedingungen

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen empfiehlt der Bundesregierung in einem Sondergutachten („Politik in der Pflicht: Umweltfreundliches Verhalten erleichtern“), umweltfreundliches Verhalten durch entsprechende politische Rahmenbedingungen zu erleichtern. Den Fokus allein auf umweltfreundliche und effiziente Produktionsprozesse und den Ausbau Erneuerbarer Energien zu legen, reiche – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag – nicht aus. Auch das „umweltrelevante Verhalten der Bevölkerung“ gelte es – wie etwa den Fleischkonsum – in den Blick zu nehmen, heißt es in dem Gutachten der Experten, das nun als Unterrichtung vorliegt (20/7717).

Fleisch und Wurst – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Viele Menschen würden sich gerne umweltfreundlich verhalten, doch die Rahmenbedingungen stünden dem oftmals entgegen. So sei umweltfreundliches Verhalten häufig deutlich aufwändiger und teuer, schreiben die Experten. Sie sehen daher die Politik in der Pflicht: Ein Wandel könne nur gelingen, wenn die Politik umweltfreundliches Verhalten „an verschiedenen Stellen und über verschiedene Maßnahmen erleichtere, anreize und teilweise auch einfordert“.

Beispiel Fleischkonsum

Der Sachverständigenrat empfiehlt, die gesamte Breite an politischen Instrumenten einzusetzen – von Anreizen und staatlichen Angeboten über Information, Bildung und Überzeugung bis hin zu Ge- und Verboten. Um dieses Instrumentarium effektiv einzusetzen, sollten die Maßnahmen aufeinander aufbauen und möglichst viel Unterstützung in der Bevölkerung versprechen.

Denn ohne Verhaltensänderungen drohten schon jetzt, vorhandene umwelt- und klimapolitische Maßnahmen ins Leere zu laufen. Das Beratergremium verweist als Beispiel auf die Reduktion des Fleischkonsums: Würden durch staatliche Regulierung die Preise für Fleisch aus deutscher Produktion steigen, ohne dass sich die Nachfrage ändere, könne der Import von Fleisch aus dem Ausland wachsen. Umwelteffekte würden so nur verlagert – oder gar verschärft. Beispiel Nutzungsdauer von Smartphones: Langlebiger konzipierte Geräte nützten nur, wenn die Menschen sie auch tatsächlich länger nutzten. Oder siehe Wärmewende: Vorgaben zum klimafreundlichen Heizen griffen nicht, wenn Eigentümer nicht genügend über neue Techniken informiert seien und sie nicht bezahlen könnten.

Um den Fleischkonsum zu verringern, empfiehlt der Sachverständigenrat konkret etwa, den reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Fleisch auf den regulären anzuheben und gleichzeitig die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte abzuschaffen. Das sei seit April 2022 durch EU-Recht bereits möglich. Um längere Nutzung elektrischer Geräte wie Smartphones zu erreichen, plädieren die Experten für ein „Recht auf Reparatur“ oder einen bundesweiten „Reparaturbonus“. Das faktische Verbot für den Einbau von fossilen Heizungen ab dem Jahr 2024 wiederum sollte aus Sicht der Sachverständigen begleitet werden von einem besseren Informationsangebot und finanziellen Entlastungen für ärmste Haushalte – etwa durch eine Rückverteilung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung und „deutlich höhere Fördersätze für Sanierungen“.

In manchen Bereichen ist es politisch umstritten, ob die Politik das Verhalten der Bevölkerung stärker beeinflussen sollte. Durch eine transparente Kommunikation zu geplanten Maßnahmen und ihren Wirkungen, durch eine gezielte Kombination von Instrumenten sowie durch Bürgerbeteiligung lässt sich die gesellschaftliche Akzeptanz verbessern.

In diesem Gutachten analysiert der SRU, wann das Verhalten adressiert werden sollte, welche Maßnahmen sich dafür eignen und wie diese politisch realisiert werden können. Für die Bereiche Fleischkonsum, Smartphones und energetische Sanierung gibt das Gutachten Empfehlungen zur konkreten Umsetzung.

Der Sachverständigenrat berät die Bundesregierung in Fragen der Umweltpolitik. Er ist mit sieben Professorinnen und Professoren verschiedener Fachdisziplinen besetzt. (hib/SAS)

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