EU-Rat verabschiedet neuen Rechtsakt zur Dekarbonisierung des Seeverkehrs

Weg frei zur Implementierung nachhaltiger Erneuerbarer Kraftstoffe

Die EU-Mitgliedstaaten haben am 25.07.2023 den Weg freigemacht, um nachhaltige Erneuerbare Kraftstoffe in den Seeverkehr zu bringen. Sie stimmten der Verordnung „Fuel EU Maritime“ zu. Die neuen Vorgaben gelten für Schiffe mit einer Bruttoraumzahl über 5.000, die in Häfen im Hoheitsgebiet eines EU-Mitgliedstaats einlaufen, aus ihnen auslaufen oder sich dort aufhalten, zudem ab 2030 eine Landstrompflicht für Container und Passagierschiffe. Der Einsatz von synthetischen Kraftstoffen aus Erneuerbaren Energien wird für die Schifffahrt gezielt gefördert.

Zwei Kreuzfahrtschiffe im Hafen von Barcelona – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Nach der Annahme der neuen Verordnung zur sogenannten Initiative „FuelEU Maritime“ durch den Rat wird eine gesteigerte Nutzung Erneuerbarer und kohlenstoffarmer Kraftstoffe den CO2-Fußabdruck des Seeverkehrssektors in der EU künftig verringern.

Wichtigste Ziele der neuen Vorschriften

Hauptziel der Initiative „FuelEU Maritime“ – eines zentralen Bestandteils des Pakets „Fit für 55“ der EU – ist es, die Nachfrage nach Erneuerbaren und kohlenstoffarmen Kraftstoffen und deren konsequente Nutzung zu steigern und damit die Treibhausgasemissionen des Schifffahrtssektors zu verringern und dabei zugleich das reibungslose Funktionieren des Seeverkehrs zu gewährleisten und Verzerrungen im Binnenmarkt zu vermeiden. Die neuen Vorschriften sollen im Seeverkehr den Weg hin zu den Klimazielen der EU für 2030 und 2050 ebnen und dürften eine grundlegende Rolle bei der Umsetzung des europäischen Klimagesetzes spielen.

Wesentliche Bestimmungen der neuen Verordnung

Die neue Verordnung umfasst die folgenden wesentlichen Bestimmungen:

  • Maßnahmen, mit denen sichergestellt wird, dass die Treibhausgasintensität der vom Schifffahrtssektor verwendeten Kraftstoffe im Laufe der Zeit schrittweise verringert wird – um 2 % im Jahr 2025 und schließlich um 80 % im Jahr 2050
  • einen speziellen Anreiz zur Förderung der Einführung sogenannter Erneuerbarer Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (renewable fuels of non-biological origin, RFNBO) mit hohem Dekarbonisierungspotenzial
  • den Ausschluss fossiler Brennstoffe vom Zertifizierungsverfahren der Verordnung
  • eine Verpflichtung für Fahrgast- und Containerschiffe, ab 2030 die landseitige Stromversorgung für den gesamten Strombedarf zu nutzen, solange sie in großen EU-Häfen am Kai festgemacht sind, um die Luftverschmutzung in Häfen zu verringern, die oft in der Nähe dicht besiedelter Gebiete liegen
  • einen freiwilligen Mechanismus zur Zusammenlegung in einem Pool, bei dem Schiffe ihre Konformitätsbilanz mit einem oder mehreren anderen Schiffen bündeln können, wobei der Pool – als Ganzes – die Grenzwerte für die Treibhausgasintensität im Durchschnitt einhalten muss
  • zeitlich befristete Ausnahmen für die besondere Behandlung von Gebieten in äußerster Randlage, kleinen Inselstaaten und wirtschaftlich stark von ihrer Anbindung abhängigen Gebieten
  • Einnahmen aus der Durchführung der Verordnung („FuelEU-Strafzahlungen“) sollten für Projekte zur Förderung der Dekarbonisierung des Seeverkehrs mit einem verbesserten Transparenzmechanismus verwendet werden
  • die Überwachung der Umsetzung der Verordnung durch das Berichterstattungs- und Überprüfungsverfahren der Kommission

Nach der förmlichen Annahme durch den Rat wird die neue Verordnung nach dem Sommer im Amtsblatt der EU veröffentlicht und am zwanzigsten Tag nach dieser Veröffentlichung in Kraft treten. Die neuen Vorschriften gelten ab dem 1. Januar 2025 mit Ausnahme der Artikel 8 und 9, die ab dem 31. August 2024 gelten.

Hintergrundinformationen

Die FuelEU Maritime legt EU-weit einheitliche Regeln für die Begrenzung der Treibhausgasintensität der an Bord eines Schiffes verwendeten Energie fest, und damit vor allem der Kraftstoffe. Die Verordnung aus dem Fit-for-55-Paket sieht vor, dass die Schifffahrt in der EU ihre Emissionen ab 2025 um 2 Prozent, ab 2030 um 6 Prozent, ab 2035 um 14,5 Prozent, ab 2040 um 31 Prozent, ab 2045 um 62 Prozent und ab 2050 um 80 Prozent reduzieren muss. Die Reduktionsziele der Treibhausgasintensität werden gegenüber der durchschnittlichen Treibhausgasintensität der an Bord von Schiffen verbrauchten Energie aus dem Jahr 2020 festgelegt. Die Bewertung der Treibhausgasemissionen aller Kraftstoffe erfolgt anhand einer Lebenszyklusbetrachtung (sog. Well-to-wake (WtW)-Ansatz der die Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas einbezieht). Als Erfüllungsoption sind alle Kraftstoffe zugelassen, die Gesetzesinitiative ist somit technologieneutral.

Der Einsatz von synthetischen Kraftstoffen wird mit einem besonderen Mechanismus angereizt: Sollte der Anteil synthetischer Kraftstoffe aus Erneuerbaren Energien (sog. „renewable fuels of non-biological origin, RFNBO) im Brennstoffmix im Jahr 2031 nicht über ein Prozent liegen, tritt automatisch ab 2034 eine verpflichtende Mindestquote von zwei Prozent für diese RFNBO-Kraftstoffe in Kraft. Über die Verwendung von alternativen Kraftstoffen hinaus verpflichtet die FuelEU Maritime Verordnung Container- und Passagierschiffe in Häfen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats Landstromversorgung oder alternativ Nullemissions-Technologien zur Energieversorgung an Bord zu verwenden.

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Sie gilt ab dem 1. Januar 2025, mit Ausnahme einiger Artikel, die ab dem 31. August 2024 gelten.

Die Initiative „FuelEU Maritime“ ist Teil des Pakets „Fit für 55“. Das Paket, das die Europäische Kommission am 14. Juli 2021 vorgelegt hatte, soll es der EU ermöglichen, ihre Nettotreibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 zu senken und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen.

Der Rat „Verkehr“ hat am 02.06.2022 eine allgemeine Ausrichtung zu dem Vorschlag festgelegt, und nach Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament erzielten die beiden gesetzgebenden Organe am 23. März 2023 eine vorläufige Einigung über die Verordnung.

->Quellen: