Klimakrise nicht anthropogen – Westen und Kapitalismus Hauptschuldige

„Verzweifelter Versuch“

Die Schuld der Konzerne an der Klimakrise auf die ganze Menschheit zu übertragen, sei der verzweifelte Versuch, dass die Schuldigen sich hinter der Menschlichkeit verstecken können, schreibt S. Faizi am 29.07.2023 im Indian Express. Jede Benennung der vom Imperialismus und den Konzernen entfesselten Gewalt gegen das Erdsystem sollte die objektive Realität widerspiegeln, dass die Schuldigen die Verantwortlichen der Konzerne seien und nicht alle Menschen.

Der Begriff „Anthropozän“ wurde erstmals von zwei Nobelpreisträgern bei einem Treffen des wenig bekannten Internationalen Biosphären-Geosphären-Programms 2000 in Mexiko vorgeschlagen vorgeschlagen – dem Chemiker Paul Crutzen und dem Biologen Eugene Stoermer. Das Anthropozän sollte eine neue geologische Epoche sein, die auf die mehr als 11.700 Jahre alte Nacheiszeit folgte, um die Auswirkungen des Menschen auf die Biosphäre und das Klimasystem der Erde zu benennen.

Der Begriff hält sich hartnäckig, obwohl er in der Umweltgemeinschaft und unter Geologen kaum Anklang fand. Dennoch wurde vor kurzem vorgeschlagen, das Anfangsjahr der Epoche auf 1950 festzulegen – nachdem ein Team unter der Leitung von Francine McCarthy von der kanadischen Brock University im kleinen Crawford-See eine jährliche Sedimentschicht mit Spuren von Plutonium gefunden hatte.

Die westliche Wissenschaft, die während der Kolonialzeit entwickelt wurde, war von Anfang an rassistisch und eurozentrisch. Dies gilt insbesondere für die Biologie und die Anthropologie. Als Masterstudent war ich schockiert, als ich las, dass Charles Darwins in The Origin of Species die Außereuropäischen  wiederholt als „Wilde“ bezeichnete. Der Westen hat sich noch nicht von dieser Tradition befreit. Die neue Namensgebung, die Idee des Anthropozäns, steht ebenfalls im Einklang mit seiner Rassenpolitik. Denn die Vorstellung, alle „Menschen“ seien schuld an der Schädigung der Ökosysteme und am Klimawandel, schirmt die wahren Schuldigen ab. Die überwältigende Verantwortung für die Beeinträchtigung der Ökosysteme der Erde und die Verursachung des Klimawandels liegt bei den Konzernen im Westen, die über das Kapital und die Technologie dazu verfügen – und nicht bei der Mehrheit der Menschheit, die im globalen Süden lebt. Sie waren/sind Opfer der Plünderungen der westlichen Länder und verantwortlich für die Auswirkungen der Technologie auf die Umwelt. Die Befürworter des Anthropozäns verbinden sowohl die Täter als auch die Opfer untrennbar miteinander und vernebeln eine sachkundige Debatte über die tatsächlichen Schuldigen. Wenn dies keine bewusste Entscheidung ist, dann ist es eine Art unbeabsichtigte, durch das Erbe der kolonialen Weltanschauung begünstigte Fahrlässigkeit.

Der Mensch hat die Umwelt seit jeher verändert. Diese Veränderungen hielten sich im Rahmen der Belastbarkeit und Regenerationsfähigkeit der Erde. Was das Schicksal des Planeten verändert hat, ist der imperiale Angriff und die Politik der Gewalt und der sinnlosen Ausbeutung, die er mit sich gebracht hat. Nicht der Einsatz von Nuklearmaterial markiert die Wende in der Biosphäre, sondern der Erwerb der Waffentechnologie im Westen. Beide, Columbus – der das Land besuchte, das später Amerika genannt wurde – und Vasco de Gama, der nach Indien kam, besaßen Feuerwaffen. Waffen ermöglichten es dem Westen, auf der ganzen Welt Verwüstung anzurichten, indem er die unterjochte, die keine Waffen besaßen. Und mit der Erfindung der Dampfmaschine drei Jahrhunderte später verwüstete der Westen die Ökosysteme und die Artenvielfalt des nordamerikanischen Kontinents und löschte die dortige Bevölkerung aus. Das Gleiche geschah in Südamerika, wenn auch in geringerem Ausmaß. Auch in Australien und Neuseeland war es nicht anders.

Afrika, die ursprüngliche Heimat des Homo sapiens mit der größten genetischen Vielfalt, wurde auf seine derzeitige Verwundbarkeit reduziert – ökologisch, sozial und politisch. Ein bedeutender Teil der menschlichen Bevölkerung Afrikas wurde versklavt und über den Atlantik transportiert. Die Brutalität gegenüber den Menschen, den Ökosystemen und der biologischen Vielfalt nahm ein noch nie dagewesenes Ausmaß an. Wie [der Historiker und Journalist] Ramachandra Guha [1994 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin] festgestellt hat, wurden die Wälder Indiens von den Briten brutal angegriffen.

Der Kolonialismus setzt sich in Form von Wirtschaftsbeziehungen fort, wobei der Westen regelmäßig zur Gewalt greift. Die 11 Billionen Dollar Schulden des globalen Südens bei den Industrieländern lähmen die Ökosysteme, die biologische Vielfalt und die Menschen. Der Westen häuft lebende und mineralische Ressourcen an und verbraucht 20mal mehr als die Menschen im globalen Süden. Damit hat der Westen auch die Klimakrise ausgelöst.

Imperialismus und industrielle Revolution sind die größte Bedrohung, der die Erde und die Menschen je ausgesetzt waren. Ihre Auswirkungen werden noch zwei Jahrhunderte andauern, wenn die allgegenwärtige industrielle Zivilisation so lange anhält. Aber es ist auch unwahrscheinlich, dass dies der Fall sein wird. Erdöl, der Treibstoff der Moderne, wird in weiteren 60 Jahren erschöpft sein. Die Süßwasservorräte der Erde haben sich bereits auf die Hälfte reduziert. Da der Westen zögert, die Kohlendioxidemissionen deutlich zu reduzieren und stattdessen falsche Lösungen fördert, wird sich die Klimakrise verschärfen.

->Quelle: indianexpress.com/climate-change-west-capitalism-culprits