Eine Watschn für das BMDV – und Wissing

Expertenrat veröffentlicht Stellungnahme zum Entwurf des Klimaschutzprogramms 2023 – Reaktionen

Der Expertenrat für Klimafragen hat am 22.08.2023 seine Stellungnahme zum Klimaschutzprogramm 2023 veröffentlicht, gleichzeitig das Umweltbundesamt den zugrunde liegenden Projektionsbericht der Bundesregierung. Der vom UBA koordinierte Projektionsbericht analysiert die aktuelle Klimaschutzpolitik. Der Bericht zeigt, dass das Erreichen der nationalen Klimaziele bis 2030 und 2045 ohne zusätzliche Maßnahmen gefährdet ist – vor allem wegen der Nichterfüllung durch das BMDV und damit verbunden das Verfehlen der EU-Ziele. Nicht zuletzt deshalb droht Deutschland seitens der EU eine saftige Strafe. Bis zu 30 Milliarden Euro.

Wahl: Stau, S-Bahn oder Zug? – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Auch wenn die Gesamtlücke im Vergleich zur vorherigen Projektion um 70 Prozent reduziert werden konnte, beträgt sie bis zum Jahr 2030 immer noch 331 Mio. Tonnen klimaschädliche Treibhausgasemissionen. Die Lücke wird auch durch bereits geplante Maßnahmen nicht vollständig geschlossen. Das Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität bis 2045 würde unter den gegebenen Umständen nicht erreicht.

Dazu sagt UBA-Präsident Dirk Messner: „Der Projektionsbericht zeigt deutlich, dass es zusätzliche Maßnahmen braucht, um die gesteckten Klimaziele noch erreichen zu können. So müssen in den kommenden sechs Jahren Treibhausgasemissionen zusätzlich reduziert werden, die einem Umfang von etwa 40 Prozent der Emissionen Deutschlands im gesamten Jahr 2022 entsprechen.“

Zwei unterschiedliche Szenarien

Der Projektionsbericht 2023 attestiert eine deutliche Gesamtlücke zur Zielerreichung, obwohl die Klimaziele gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) im Gegensatz zum Projektionsbericht 2021 näher gerückt sind: Die Lücke von 1.100 Mio. Tonnen Treibhausgasemissionen bis 2030 wurde je nach Szenario auf 194 Mio. Tonnen bis 331 Mio. Tonnen reduziert. Damit sind ca. 70 bis 80 Prozent der Lücke aus dem Jahr 2021 geschlossen.

Im Bericht wird dabei zwischen zwei Szenarien unterschieden:

  1. Das Mit-Maßnahmen-Szenario (MMS) berücksichtigt die zum jeweiligen Modellierungsbeginn gültigen Maßnahmen.
  2. In das Mit-Weiteren-Maßnahmen-Szenario (MWMS) gehen zusätzlich zu den Maßnahmen des MMS bereits konkret geplante, jedoch noch nicht implementierte Maßnahmen ein. Die zukünftigen Emissionsminderungen dieses Szenarios sind abhängig vom politischen Willen, geplante klimapolitische Maßnahmen umzusetzen.

In den neuen Projektionen verfehlt das MMS mit 63 Prozent den Zielwert für das Jahr 2030 nur knapp und das MWMS erreicht ihn mit 65 Prozent Minderung gegenüber 1990. Allerdings wird das Ziel in den Jahren davor erheblich überschritten. Dadurch beträgt die Gesamtlücke bis 2030 insgesamt 331 Mio. Tonnen klimaschädliche Treibhausgasemissionen im MMS und 194 Mio. Tonnen klimaschädliche Treibhausgasemissionen im MWMS. Damit ist die bis 2030 entstehende Lücke so groß wie etwa 40 Prozent der nationalen Treibhausgasemissionen im gesamten Jahr 2022. Mit zusätzlichen geplanten Maßnahmen beträgt sie noch über ein Fünftel der Emissionen aus dem Jahr 2022.

Dabei verfehlen die Sektoren Verkehr (210 Mio. Tonnen), Gebäude (96 Mio. Tonnen) und Industrie (83 Mio. Tonnen) ihre Ziele wie bereits in der Vergangenheit im MMS. Im MWMS, das geplante Maßnahmen zusätzlich berücksichtigt, verringert der Verkehrssektor seine Lücke kaum (auf 187 Mio. Tonnen), der Sektor Gebäude erheblich (auf 34 Mio. Tonnen) und der Sektor Industrie moderat (auf 51 Mio. Tonnen). Wie deutliche Treibhausgasemissionsminderungen zur Zielerreichung aussehen könnten, zeigen verschiedene Studien, wie das Klimaschutzinstrumente-Szenario 2030 (KIS-2030) (UBA 2023), Klimaneutrales Deutschland 2045 (Agora 2022) oder Aufbruch Klimaneutralität (dena 2021). So zeigt die KIS-2030 Studie, dass unter anderem mehr Schienenverkehr, eine Reform der KfZ-Steuer sowie die Beschränkung fossiler Heizungen nötig wären, um die Lücke bis 2030 zu schließen.

Die Sektoren Energiewirtschaft, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft übererfüllen ihre Ziele und kompensieren damit teilweise die Zielverfehlungen der anderen Sektoren. Die Übererfüllung der Sektorziele bis 2030 beträgt in der Energiewirtschaft 38 Mio. Tonnen (MMS) und 37 Mio. Tonnen (MWMS), in der Landwirtschaft 20 Mio. Tonnen (MMS) und 40 Mio. Tonnen (MWMS) und in der Abfallwirtschaft jeweils 6,4 Mio. Tonnen mit MMS und MWMS.

Die für den Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) festgelegten Zielwerte für 2030 von -25 Mio. Tonnen, für 2040 von -35 Mio. Tonnen und für 2045 von -40 Mio. Tonnen werden in beiden Szenarien nicht erreicht. Während der Zielwert für 2030 im MWMS ab 2035 und damit fünf Jahre später erreicht wird, werden die Ziele für 2040 und 2045 um 10 bis 20 Mio. Tonnen pro Jahr verfehlt.

Auch die deutschen Klimaziele auf europäischer Ebene werden laut Projektionsbericht verfehlt. Die Treibhausgasemissionen, die unter die europäische Lastenteilungsverordnung (ESR) fallen, summieren sich im relevanten Zeitraum von 2021 bis 2030 auf eine Gesamtlücke von 299 Mio. Tonnen im MMS und auf 152 Mio. Tonnen im MWMS. Diese Lücken sind ähnlich groß wie die Zielverfehlung in den Sektoren gemäß KSG. Die ESR-Emissionen sinken bis 2030 um knapp 35 Prozent gegenüber 2005. Alle anderen Emissionen fallen unter den europäischen Emissionshandel. Sie sinken im selben Zeitraum um gut 71 Prozent.

Das Klimaziel Netto-Treibhausgasneutralität für das Jahr 2045 wird in beiden Szenarien mit 82 bzw. 86 Prozent Minderung gegenüber 1990 klar verfehlt. Damit würde Deutschland nach jetzigem Stand im Zieljahr 2045 der Treibhausgasneutralität noch 229 Mio. Tonnen klimaschädlicher Treibhausgasemissionen ausstoßen.

Hintergrund

Für die Erstellung des Projektionsberichts der Bundesregierung beauftragt das UBA regelmäßig ein unabhängiges Forschungskonsortium, das mit einem integrierten Modellierungsansatz abschätzt, wie sich die aktuelle Klimaschutzpolitik auf die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen Deutschlands auswirkt. Der Fokus liegt auf den Ergebnissen in den Sektoren bis zum Jahr 2030 und auf dem Jahr 2045. Das UBA koordiniert die Arbeiten in enger Abstimmung mit den zuständigen Ressorts aller Sektoren auf Bundesebene (Energiewirtschaft, Verkehr, Industrie, Gebäude, Abfallwirtschaft, Landwirtschaft und LULUCF).

Diese Projektionen sollten nicht als Prognose für kommende Jahre missverstanden werden. Für Projektionen werden Modelle eingesetzt, die eine langjährige, plausible Treibhausgasemissionsentwicklung unter den Bedingungen und Annahmen zum Start des Modellierungszeitpunktes projizieren. Auftretenden Sondereffekten und unvorhergesehenen, kurzfristigen Ereignissen, wie z. B. die Energiekrise im vergangenen Jahr, sind methodisch nicht oder nur begrenzt integrierbar.

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Der Expertenrat für Klimafragen erkennt mit seiner Stellungnahme an, dass mit den vorgelegten Maßnahmen ein signifikanter Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird, verweist dabei allerdings auch auf bestehende Unsicherheiten und weitere nötige Anstrengungen. Wesentliche Grundlage für die Wirkungsabschätzung ist der Klimaschutz-Projektionsbericht 2023 der Bundesregierung, der heute veröffentlicht wurde. Während der vorherige Klimaschutz-Projektionsbericht aus dem Jahr 2021 noch eine kumulierte Überschreitung der im Bundes-Klimaschutzgesetz bis 2030 festgeschriebenen Jahreshöchstmengen von mehr als 1100 Millionen Tonnen klimaschädliche Treibhausgase auswies, wird diese Klimaschutzlücke gemäß aktueller Projektion je nach Szenario auf rund 200-330 Millionen Tonnen reduziert.

Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck: „Die Klimaschutzlücke, die die Vorgängerregierung hinterlassen hat, wird um bis zu etwa 80 Prozent geschlossen. Das ist ein großer Fortschritt, weil wir viele entscheidende Weichen gestellt haben – vom Ausbau der Erneuerbaren bis zum Klima- und Transformationsfonds und der gezielten Förderung der Dekarbonisierung der Industrie. Aber natürlich ist noch viel zu tun und die Umsetzung ist entscheidend. Daran zu arbeiten, ist eine Aufgabe für die gesamte Regierung.“

Der Beitrag zur Verringerung der Klimaschutzlücke variiert dabei stark von Sektor zu Sektor.
Mit der Erarbeitung des Klimaschutzprogramms 2023 hat die Bundesregierung viele Maßnahmen, wie den schnelleren Erneuerbaren- Ausbau, das Deutschlandticket und das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK), bereits umgesetzt. Weitere Maßnahmen, wie das GEG, die Klimaschutzverträge für die Transformation der Industrie oder die CO2-orientierte LKW-Maut, wurden auf den Weg gebracht.

Die verbleibende Klimaschutz-Lücke ist laut Projektionsbericht 2023 zu etwa zwei Dritteln auf den Verkehrssektor zurückzuführen. Der restliche nicht-Verkehrssektor-Anteil der Lücke ist in etwa gleichen Teilen dem Gebäude- und dem Industriesektor zuzuordnen. Die Lücke im Gebäudesektor wird laut ERK insbesondere durch die im parlamentarischen Verfahren zum GEG diskutierten längeren Übergangsfristen zur Erfüllung der 65 Prozent Erneuerbare Energien Pflicht für neue Heizungen etwas größer als im Projektionsbericht 2023 angenommen. Es kommt jetzt darauf an, das im Gebäudesektor auf den Weg gebrachte Instrumentarium ambitioniert umzusetzen.

Ähnliches gilt für den Industriesektor: Hier kommt der Projektionsbericht zum Schluss, dass der von der Bundesregierung gewählte Instrumentenmix grundsätzlich geeignet ist, die 2030-Ziele zu erreichen. Es ist daher für die Einhaltung der Ziele im Industriesektor besonders wichtig, dass die Förderprogramme zur Dekarbonisierung sowie die Klimaschutzverträge zeitnah an Fahrt aufnehmen und die erforderlichen Investitionen seitens der Industrie getätigt werden.

Das BMWK dankt dem Expertenrat für seine Prüfung und Stellungnahme. Die Bundesregierung wird die Stellungnahme des ERK sowie zahlreiche eingegangene Stellungnahmen aus dem Öffentlichkeitsbeteiligungsprozess nun intensiv prüfen und bei ihrer weiteren Arbeit an der Umsetzung der jetzt vereinbarten Maßnahmen und bei den notwendigen weiteren Anstrengungen zur Schließung der verbleibenden Klimaschutzlücke einbeziehen.

Aus dem Prüfbericht 2023 für die Sektoren Gebäude und Verkehr des Expertenrats für Klimafragen: „Im Fazit ist … die Erreichung der ausgewiesenen THG-Minderung mit der Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen angesichts der genannten Prüfergebnisse nur teilweise wahrscheinlich. Darüber hinaus sind die Ambitionen der vorgelegten Maßnahmen nach § 8 Abs.1 KSG hinsichtlich der kumulierten THG-Minderungswirkung nicht ausreichend, um den Verkehrssektor zurück auf den KSG-Zielpfad zu bringen. Somit ist die zukünftige Einhaltung des KSG-Zielpfads für diesen Sektor im Ergebnis der Prüfung nicht zu erwarten. (Neben der unsicheren Finanzierung und der in Teilen unkonkreten Maßnahmenausgestaltung führt auch die geringe Anzahl an Maßnahmen, die einen Antriebswechsel sowie eine Verkehrsverlagerung auf Schiene, Fuß- und Radverkehr adressieren, in Summe zu einer tendenziellen Überschätzung der Minderungswirkung.)“

Hintergrundinformation zum Expertenrat für Klimafragen:

Der Expertenrat wurde auf Grundlage des Bundes-Klimaschutzgesetzes eingerichtet. Er überprüft gemäß aktuell geltender Rechtslage die Treibhausgasemissionsdaten im Hinblick auf die Einhaltung der Jahresemissionsmengen der Sektoren, die im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegt sind. Darüber hinaus prüft er die Treibhausgasminderungswirkung von Klimaschutzmaßnahmen in Sofortprogrammen und Klimaschutzprogrammen der Bundesregierung und veröffentlicht alle zwei Jahre ein umfassendes Gutachten zu bisherigen Entwicklungen und Trends der Treibhausgasemissionen.

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BEE: Projektionsbericht 2023 des Umweltbundesamts warnt vor Verfehlung der Klimaziele

Der vom Umweltbundesamt veröffentlichte Projektionsbericht kommt zu dem Ergebnis, dass Deutschland bis 2030 lediglich 63 Prozent seiner Treibhausgase bezugnehmend auf das Jahr 1990 einsparen wird. Die Zielvorgabe liegt bei 65 Prozent und lässt somit eine Lücke von 331 Millionen Tonnen Treibhausgasen entstehen, die auch mit weiteren Maßnahmen nur auf 194 Millionen Tonnen Treibhausgase reduziert werden kann. Auch das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 wird in allen Szenarien des Projektionsberichts verfehlt. „Eine zukunftsfähige Energie- und Klimapolitik wurde jahrelang durch vorhergehende Regierungen verschleppt und dabei auch die Wertschöpfung mit dem Bade ausgeschüttet. Die Last der Untätigkeit der letzten Bundesregierungen wiegt schwer und muss nun überkompensiert werden. Deutschland hat als Industrieland eine besondere Verantwortung und als einstiger Vorreiter bei der Energiewende auch das Know-How, die erwarteten Lücken zu schließen”, so Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE).

Leichte Verbesserungen gegenüber dem letzten Bericht seien insbesondere auf die Errungenschaften der Energiewirtschaft, speziell auf den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Einsparungen beim Energieverbrauch zurückzuführen. Gleichzeitig berücksichtige die Prognose den vorgezogenen Kohleausstieg im Ruhrgebiet. „Die Energiewirtschaft kann ihre Ziele sogar inklusive Atom- und Kohleausstieg bis 2030 übererfüllen. Das ist ein gutes Zeichen für die Erneuerbaren-Branche. Die neuen Maßnahmen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, allen voran Photovoltaik und Windkraft, beginnen zu wirken, es müssen aber noch letzte Hemmnisse beseitigt und das gesamte Technologie-Portfolio genutzt werden, um ein klimaneutrales Stromsystem zu schaffen und mit der Sektorenkopplung auch in andere Sektoren zu wirken”, so Peter.

Denn alle anderen Sektoren seien laut Projektionsbericht noch nicht auf dem richtigen Weg. Während der Verkehrssektor seine Ziele auch mit weiteren Maßnahmen um fast 200 Millionen Tonnen CO2e reißt, liegen auch Industrie mit etwa 51 Millionen Tonnen CO2e sowie der Gebäudesektor mit 34 Millionen Tonnen CO2e weit unter der Zielvorgabe, und das sogar in einem Szenario, in dem bereits weitere Maßnahmen ergriffen werden. „Wärme- und Verkehrssektor bleiben zusammen mit der Industrie weiter hinter den Zielvorgaben zurück. Für die Bundesregierung bedeutet das, dass die nun anstehenden Projekte wie z.B. das Wärmeplanungs- und Gebäudeenergiegesetz noch ambitionierter voranzubringen und Förderungen attraktiver zu gestalten sind”, so Peter.

Beim Verkehr sei die klimaschonende Wirkung von Biotreibstoffen auf dem Weg zur e-Mobilität oder bei nicht zu elektrifizierenden Verkehren stärker zu stützen. Und beim Hochlauf von heimischem Grünen Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien müsse das Tempo den Bedürfnissen, vorwiegend aus der Industrie, angepasst werden. „Nutzen statt Abregeln von Ökostrom ist hier eine Devise, die den Vor-Ort-Hochlauf kurzfristig voranbringen kann. Begleitet werden sollte dies durch entsprechende Anreizprogramme und einen ambitioniert gestaffelten CO2-Preis, der die Dekarbonisierung beschleunigt. Nur mit vereinten Kräften über alle Sektoren unter Nutzung der gesamten Breite der Erneuerbaren Energien hinweg kann die Energiewende gelingen”, so Peter abschließend.

Greenpeace fordert CO2-Restbudget

Ohne zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen klafft bis zum Jahr 2030 eine noch größere CO2-Lücke zu den beschlossenen Klimazielen, als bislang erwartet, teilte der unabhängige Expertenrat Klimafragen am 22.08.2023 mit. Die Bundesregierung rechnet damit, dass zwischen 2021 und 2030 rund 200 Megatonnen CO2-Äquivalente zu viel ausgestoßen werden. Der Expertenrat hält diese Prognose für zu optimistisch. Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid fordert ein CO2-Restbudget, um die Klimaziele verbindlich einzuhalten: “Der Expertenrat entlarvt den Klimaschutz der Ampel als Luftschloss. Noch erschreckender als die Klimaschutzlücke von mehreren Hundert Megatonnen aber ist: Es fehlt jeglicher Plan, wie das Land wieder auf Klimakurs kommt. So schmilzt Deutschlands verbleibendes CO2-Budget schneller als die Alpengletscher in der Sommerhitze. Die Problembereiche sind längst bekannt. Neben den Gebäuden ist es vor allem der Verkehr, weil Verkehrsminister Wissing viel zu wenig unternimmt, um den CO2-Ausstoß zu verringern. Verantwortlich aber ist die gesamte Koalition. Die Regierung von Bundeskanzler Scholz wird mit dem Schönrechnen und Aufsummieren unzähliger, kaum wirksamer Einzelmaßnahmen, den Rückstand nicht aufholen. Sofortiger Klimaschutz ist auch im Interesse der Wirtschaft, denn jede Tonne CO2, die heute nicht eingespart wird, kommt uns künftig teuer zu stehen. Daher braucht Deutschland eine Obergrenze für das noch verbleibende CO2-Budget. Wenn dieses dann auf die Jahre und Sektoren verteilt wird, kann Deutschland die Klimaziele noch einhalten.”

BUND fordert belastbares Konzept zur vollen Erreichung der Klimaziele

Anlässlich der Stellungnahme des Expertenrats für Klimafragen zum Klimaschutzprogramm der Bundesregierung erklärt Antje von Broock, Geschäftsführerin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):  „Der Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung ist in seiner Beurteilung der aktuellen deutschen Klimapolitik deutlich: Es klafft noch eine gewaltige Lücke zwischen Ziel und Wirklichkeit. Mindestens 20 Prozent fehlen noch – unter optimistischen Annahmen. Denn der Endspurt erfordert viel mehr Kraftaufwand als die ersten Meter. Die Ampelregierung muss daher schnell ein belastbares Konzept vorlegen, wie sie die die Klimaschutzziele voll und ganz erreichen will; denn aktuell entspricht dieses Klimaschutzprogramm nicht einmal den Anforderungen des Klimaschutzgesetzes. Dies wird nur gelingen, wenn Deutschland durch Klimaschutz auch sozial gerechter wird. Noch mangelt es aber an Maßnahmen für einen sozial gerechten Umbau. Die breite Zustimmung in der Bevölkerung wird daran hängen, ob Klimaschutz gleichzeitig auch gute Lebensbedingungen erhält. Dazu gehört in jedem Fall auch die Förderung von Energieeffizienz und Energiesparen. Denn wer keine Energie verbraucht, hat auch keine Kosten. Hier sehen wir eine weitere Leerstelle. Gerade im Gebäudesektor kann mit energetischer Modernisierung viel eingespart werden. Wir fordern von Bundeskanzler Olaf Scholz einen Sanierungsgipfel und das angekündigte Energieeffizienzgesetz. In Zeiten gestiegener Energiepreise können wir uns Energieverschwendung nicht mehr leisten.“

Deutschland wird wahrscheinlich 150 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente mehr ausstoßen, als die EU-Vorschriften der Effort Sharing Regulation zulassen, was voraussichtlich zu einer saftigen Strafzahlung von bis zu 30 Milliarden Euro führen wird. Die EU-Verordnung zur Lastenteilung (ESR), die zuletzt im März überarbeitet wurde, deckt 60 % der Emissionen in der EU ab und ist eine ergänzende Maßnahme zum Emissionshandelssystem (ETS I), das für die Industrie und den Energiesektor gilt. (euractiv.com/costly-gap-germany-to-fall-significantly-short-of-eu-climate-targets)

->Quellen: