Mit KI Pflanzen in der Natur präzise beobachten

Big Data, maschinelles Lernen und Feldbeobachtungen

In den Pflanzenwissenschaften hilft künstliche Intelligenz (KI), eine mit herkömmlichen Methoden unerreichbare Menge an Daten zu sammeln und zu analysieren. Forschende der Universität Zürich konnten mit Hilfe von Big Data, maschinellem Lernen und Feldbeobachtungen im experimentellen Garten der Universität Zürich zeigen, wie Pflanzen auf eine sich verändernde Umwelt reagieren. Am 22.09.2023 open access in Nature Communications veröffentlicht.

Wiesenblumen – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Angesichts des Klimawandels wird es immer wichtiger zu wissen, wie Pflanzen in einer sich verändernden Umwelt gedeihen. Herkömmliche Laborexperimente haben gezeigt, dass Pflanzen als Reaktion auf Umwelteinflüsse Pigmente anreichern. Bisher wurden diese Messungen anhand von Probenahmen durchgeführt, bei denen ein Teil der Pflanze entfernt und diese somit beschädigt wurde. „Diese arbeitsintensive Methode eignet sich einerseits nicht für eine Anwendung bei Tausenden bis Millionen von Proben. Andererseits werden die Pflanzen durch wiederholte Probenahmen geschädigt – was wiederum die Beobachtung der Reaktion der Pflanzen auf Umweltbedingungen beeinträchtigt. Zur langfristigen Beobachtung einzelner Pflanzen innerhalb eines Ökosystems fehlte lange eine geeignete Vorgehensweise“, sagt Reiko Akiyama, Erstautorin der Studie.

Ein durch den universitären Forschungsschwerpunkt (UFSP) Evolution in Aktion unterstütztes Team der Universität Zürich hat deshalb eine Methode entwickelt, mit der Pflanzen in der Natur sehr präzise beobachtet werden können: PlantServation ist eine robuste und hochauflösende Bildaufnahme-Hardware, kombiniert mit einer KI-unterstützten Software zur Bildanalyse, die bei jedem Wetter funktioniert.

Millionen von Bildern stützen evolutionäre Hypothese der Robustheit

Mit Hilfe von PlantServation sammelte das Team auf Versuchsflächen am Irchel Campus der Universität Zürich während drei Vegetationszeiten (jeweils fünf Monate von Herbst bis Frühling) (Draufsicht-)Bilder von Pflanzen der Gattung Arabidopsis und verarbeitete mit maschinellem Lernen mehr als vier Millionen Bilder. Die Daten erfassten die artspezifische Akkumulation der rötlichen Pflanzenfarbstoffe Anthocyane als Reaktion auf saisonale und jährliche Schwankungen von Temperatur, Licht und Niederschlag.

PlantServation ermöglichte auch die experimentelle Nachbildung dessen, was nach der natürlichen Artbildung einer hybriden polyploiden Art passiert. Diese Arten entstehen aus der Verdopplung des gesamten Genoms ihrer Vorfahren, eine gewöhnliche Art der Artendiversifizierung in der Pflanzenwelt. Viele Wild- und Kulturpflanzen wie Weizen und Kaffee sind auf diese Weise entstanden.

In der aktuellen Studie ähnelte die Menge der Anthocyane der hybriden polyploiden Art A. kamchatica derjenigen ihrer beiden Vorfahren: von Herbst bis Winter der aus einer warmen Region stammenden Art und von Winter bis Frühling der aus einer kalten Region stammenden anderen Art. „Das Ergebnis der Studie bestätigt deshalb, dass diese Hybride tatsächlich elterliche Umweltreaktionen kombiniert, was eine bestehende Hypothese über die Evolution von Polyploiden unterstützt“, sagt Rie Shimizu-Inatsugi, eine der beiden leitenden Autoren.

Vom Campus Irchel bis zur Erforschung von Wild- und Kulturpflanzen in entlegenen Gebieten

PlantServation wurde im experimentellen Garten am Campus Irchel der UZH entwickelt. „Für uns war es essenziell, den direkt auf dem Campus Irchel gelegenen Garten für die Entwicklung der Hard- und Software von PlantServation zur Verfügung zu haben, doch die Anwendung endet keineswegs hier: Die PlantServation Hardware kann in Verbindung mit Solarenergie auch an abgelegenen Standorten verwendet werden. Mit der ökonomischen und robusten Hardware und Open-Source Software ebnet PlantServation den Weg für viele weitere Biodiversitäts-Studien mit KI an Pflanzen über Arabidopsis hinaus – von Kulturpflanzen wie Weizen bis hin zu für die Umwelt wichtigen Wildpflanzen“, sagt leitender Autor und Co-Direktor des Forschungsschwerpunktes Kentaro Shimizu.

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