Wird die Coca-Cola-Flasche in Europa bald verboten?

Süß-Limo-Ikone vor dem Aus?

Dem Entwurf einer EU-Verordnung zur Förderung von Mehrwegverpackungen zufolge könnte die charakteristische Coca-Cola-Flasche bald vom europäischen Markt verdrängt werden. Das beunruhigt die Getränkeindustrie, schreibt Frédéric Simon am 27.10.2023 im Portal euractiv.de. Neue EU-weite Verpackungsvorschriften werden derzeit in Brüssel als Teil des vor einem Jahr vorgelegten Vorschlags der Europäischen Kommission für eine Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR) erörtert.

Über den Entwurf wurde am 24.10.2023 im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments abgestimmt. Dies ist der erste Schritt im Gesetzgebungs-Verfahren, bevor das Plenum des Parlaments im November seinen Standpunkt festlegt und damit die Voraussetzungen für entscheidende Gespräche mit den EU-Mitgliedstaaten schafft, um das Gesetz rechtzeitig vor den Europawahlen im Juni fertig zu stellen.

Industrieverbände befürchten jedoch, dass das Gesetz den Schutz des geistigen Eigentums verletzen könnte, wenn es um spezielle Verpackungen wie Getränkeflaschen von Markenherstellern geht.

„Die Gefahr besteht darin, dass verpackte Produkte immer gleich aussehen werden. Kreative Designs und ikonische Formen werden allmählich verschwinden, und der kommerzielle Wert geht verloren, weil sich Marken in den Regalen nicht mehr voneinander unterscheiden können“, so der Handelsverband FEVE, der Hersteller von Glasflaschen vertritt.

Obwohl die Hersteller von Glasflaschen die Bemühungen der Europaabgeordneten begrüßen, geschützte Verpackungsdesigns „bis zu einem gewissen Grad“ anzuerkennen, sagen sie, dass der am Dienstag angenommene Gesetzesentwurf „weit hinter ihren Erwartungen zurückliegt“. „Wir befürchten, dass dies zu standardisierten Verpackungen und dem allmählichen Untergang der Markendifferenzierung führen wird“, sagte Adeline Farrelly, Generalsekretärin von FEVE. „Wir glauben, dass diese Maßnahme kreative Designs und ikonische Formen von Flaschen einschränkt“, fügte sie hinzu.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bewertetE die vom Umweltausschuss des EU-Parlaments verabschiedete Position zur EU-Verpackungsverordnung als ambitionslos und enttäuschend. Insbesondere die Maßnahmen zur Förderung von Mehrwegverpackungen bleiben weit hinter den Vorschlägen der EU-Kommission zurück. So sähen die geplanten Änderungen vor, Mehrwegquoten für Takeaway-Verpackungen zu streichen und öffneten außerdem weitere Schlupflöcher für Einweg-Papierverpackungen. (presseportal.de/pm/22521/5633606)

Die Anforderungen an das Verpackungsdesign sind derzeit in Artikel 9 der Richtlinie über Verpackungsabfälle festgelegt. Darin wird gefordert, dass Gewicht und Volumen von Verpackungen minimiert werden müssen. Eine Reihe von „Leistungskriterien“, die in Anhang IV aufgelistet sind, können von Marken verwendet werden, um schwerere Verpackungen auf der Grundlage von Kriterien wie Produktschutz, Logistik oder Verbrauchersicherheit zu rechtfertigen.

Die Kommission schlug jedoch vor, die Kriterien „Verbraucherakzeptanz“ und „Marketing und Produktpräsentation“ aus der akzeptierten Liste der Leistungskriterien zu streichen, als sie letztes Jahr ihr aktualisiertes Verpackungsgesetz vorlegte. Dieser Vorschlag wurde bei der Abstimmung im Parlament bestätigt, was bedeutet, dass ikonische Glasflaschen wie die berühmte Coca-Cola-Flasche aus dem EU-Markt verdrängt werden könnten, so Quellen aus der Industrie.

„Ja, die ikonische Coca-Cola-Flasche ist definitiv in Gefahr, ebenso wie viele andere ikonische Parfümerie-, Lebensmittel- und Spirituosenflaschen, wenn für eine bestimmte Form mehr Glas verwendet werden muss“, heißt es aus Industriekreisen. Die EU-Vertretung von Coca-Cola in Brüssel lehnte es vorerst ab, sich zu der Abstimmung zu äußern, und erklärte, man prüfe derzeit die Auswirkungen der Abstimmung. Die Hersteller von Glasflaschen äußerten sich jedoch deutlicher und bestätigten, dass Markenflaschen eindeutig von der neuen Verordnung bedroht sind.

„Das bedeutet, dass Design-Entscheidungen, die der Verpackung mehr Gewicht verleihen, wie beispielsweise einzigartige Formen, Muster, Verzierungen oder Prägungen, nicht mehr zulässig sind und nicht mehr auf den Markt gebracht werden dürfen“, sagte Vanessa Chesnot, Leiterin der Abteilung für öffentliche Angelegenheiten bei FEVE. „Dies wird sich stark auf Spirituosen, Parfüms oder andere Produkte auswirken, die in einzigartigen Verpackungen verpackt sind und oft durch geistige Eigentumsrechte geschützt sind“, sagte sie Euractiv.

Nach Berechnungen von FEVE tragen in Glas verpackte Produkte mit 250 Milliarden Euro zum EU-Export bei – viel mehr als jedes andere Verpackungsmaterial und jeder andere Sektor.Dies gilt insbesondere für Spirituosen wie Whisky oder Wodka, die im Rahmen der Markenbildung in Flaschen mit unterschiedlichen Formen und Größen angeboten werden. „Spirituosenflaschen sind keine standardisierten Flaschen, und eine obligatorische Wiederverwendung würde unsere Mitglieder dazu zwingen, auf ikonische Verpackungen zu verzichten“, sagte Sarah Melina, Direktorin vom Handelsverband Spirits Europe, der die Spirituosenindustrie sowie multinationale Unternehmen wie Diageo und Pernod Ricard vertritt.

„Unser Sektor lebt in der Tat von Premium-Produkten, und die Markenidentität wird auch zu einem großen Teil durch die Verpackung vermittelt“, erklärte gegenüber Euractiv. Laut Melina besteht die Gefahr, dass kleine Hersteller aus dem europäischen Markt gedrängt werden, wenn sie den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanteil an Wiederverwendung nicht garantieren können. „Für sie ist es eine Frage der Produktionsumstellung“, betonte sie.

Aktivisten verteidigen Wiederverwendung

Umweltaktivisten sagen ihrerseits, dass die EU-Verpackungsverordnung das Design nicht verbietet, solange die Flaschen recycelbar sind und in großem Umfang wiederverwendet werden können. „Ich glaube nicht, dass Coca-Cola davon betroffen sein wird, aber es könnte sich auf einige eher ungewöhnliche Wein- und Spirituosenflaschen auswirken, vor allem, wenn sie verschiedene Komponenten aus unterschiedlichen Materialien enthalten, was das Recycling erschweren könnte“, sagte Janek Vahk von der Umweltorganisation Zero-Waste Europe.

Laut einer im vergangenen Monat veröffentlichten Studie sind standardisierte Verpackungen entscheidend, um Glasflaschen wiederverwendbar zu machen. Sie werden die Kohlendioxidemissionen senken, solange die Sammel-, Rückgabe- und Waschsysteme effizient sind. „Es geht nicht darum, alle Flaschen zu vereinheitlichen, sondern darum, einen Rahmen für Einfachheit, Skalierbarkeit und Benutzerfreundlichkeit zu schaffen“, so Vakh.

Jean-Pierre Schweitzer vom Europäischen Umweltbüro (EEB) stimmt dem zu. Für ihn geht es bei der Standardisierung der Wiederverwendung nicht darum, die Ästhetik einzuschränken, sondern darum, ein funktionierendes Wiederverwendungssystem zu entwickeln. „In Belgien haben wir einen florierenden handwerklichen Biermarkt, der hauptsächlich von den drei Bierflaschendesigns abhängt, die im Rahmen des Pfandsystems akzeptiert werden. Die Aufkleber auf den Flaschen sind sehr kunstvoll und ermöglichen eine klare Unterscheidung zwischen verschiedenen Herstellern großartiger Produkte“, sagte er Euractiv.

Dennoch fühlen sich die Markeninhaber der Möglichkeit der Selbstdarstellung beraubt: „Die Verpackung spielt eine Schlüsselrolle für Markenartikel“, sagt AIM, der europäische Markenverband. „Das Design der Verpackung, mit unterschiedlichen Volumen und Formen, ist in vielen Fällen eng mit dem Produkt selbst verbunden und trägt zur unmittelbaren Identifizierung durch den Verbraucher bei“, heißt es in einer nach der Abstimmung im Parlament veröffentlichten Erklärung.

Die Abgeordneten sollten es laut AIM „vermeiden, Obergrenzen für das Gewicht und das Volumen der Verpackung vorzuschreiben, da dies faktisch zu einer Standardisierung führen würde, die die Identität der Marken und die Freiheit der Verpackungsgestaltung untergräbt.“

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