„Abfall“ aus der Apfelsaftproduktion oder gebrauchtes Frittierfett als Ressourcen

Bioplastik aus Reststoffen

WissenschaftlerInnen der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg forschen an optimierten Verfahren zur Herstellung von Bioplastik. Damit soll Bioplastik konkurrenzfähiger werden und als nachhaltige Alternative vermehrt konventionelle Kunststoffe als Verpackungsmaterial für die Lebensmittelindustrie oder die Kosmetikbranche ersetzen. Darüber hinaus können im medizinischen Bereich beispielsweise Verbindungen aus Bioplastik klassische Materialien wie Netze oder orthopädische Stifte in Operationen ersetzen, wodurch sich Folgeeingriffe reduzieren ließen, so Stefanie Duvigneau von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Universität und Leiterin der Arbeitsgruppe „Synthese von nachhaltigen biotechnologischen Prozessen“.

PlastikFoto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Das Besondere an Bioplastik sei, dass es, mit Bakterien aus den unterschiedlichsten biologischen Materialien gewonnen werden könne, erklärt Duvigneau, die seit 2016 an der Universität Magdeburg arbeitet. „Die Bakterien können Reste aus der Apfelsaftproduktion oder auch gebrauchtes Frittierfett verstoffwechseln und unter bestimmten Bedingungen den Biokunststoff dann als Energie- und Kohlenstoffspeicher einlagern.“ Bioplastik werde bereits weltweit industriell hergestellt und genutzt, allerdings nur mit einem geringen Marktanteil, so die Wissenschaftlerin weiter. Ihr Ziel sei es aber, diese Produktionsprozesse wesentlich zu verbessern und damit die Herstellung von Bioplastik preiswerter, schneller und konkurrenzfähiger zu machen. „Um das zu ermöglichen, nutzen wir Computermodelle, die simulieren, wie man den Kunststoff schnellstmöglich, mit hoher Ausbeute und so nachhaltig wie möglich herstellen könnte“, so die Wissenschaftlerin weiter. Was ihr Team am Computer modelliert, wird anschließend im Labor anhand von Experimenten getestet.

Die Forschung ist Teil des Forschungsclusters, in dessen Rahmen Wissenschaftler fossile Rohstoffe durch erneuerbare Kohlenstoffquellen ersetzen und energieintensive Prozessketten in vollständig geschlossene Kreisläufe umgestalten wollen. Ihr Ziel ist eine „grüne“ chemische Industrie, die auf biogenen Rest- und Abfallstoffen sowie auf recycelten Kunststoffen basiert, deren Prozesse allein aus erneuerbaren Energiequellen gespeist werden und deren Bausteine durch systematische Kreislaufführung immer wieder neu genutzt werden können. Die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg beteiligt sich mit diesem und zwei weiteren Forschungsclustern an der neuen Runde der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder.

Die Mikroorganismen sind kleine, lebendige Fabriken, die aus Abfall- und Reststoffen Bioplastik herstellen. In der Natur dient der Stoff den Organismen als Nahrungs- und Energiespeicher für schwere Zeiten, der immer dann produziert wird, wenn besonders viel Kohlenstoff und wenig andere Nährstoffe vorhanden sind. Bis zu 70 Prozent der Bakterienmasse können aus Bioplastik bestehen, in genetisch veränderten Mikroorganismen sogar noch mehr. Achim Kienle nennt den Rohstoff, aus dem das sogenannte Bioplastik hergestellt werden kann, „Biopolymer“.

Wie seine Verwandten aus Erdöl besteht dieses aus identischen, miteinander verketteten Einzelbausteinen, wird jedoch unter Umweltbedingungen abgebaut. „Polymer ist nicht gleich Polymer“, betont Achim Kienle. Es gibt Unterschiede in der Elastizität, Stabilität oder Formbarkeit – je nachdem, welche Nährsubstrate die Bakterien erhalten. Das Bioplastik ist also sehr variabel. Mit Experimenten testet das Forschungsteam aus, welche Substrate besonders geeignet sind und wie man das Bioplastik am besten aus den Bakterienzellen herausholt.

Alles, was in den Bioreaktoren geschieht, wird auch hier in mathematische Modelle übersetzt; Wachstums- und Produktionskurven werden auf Computern simuliert. Stefanie Duvigneau entwickelt diese Modelle mithilfe experimenteller Daten, um einerseits die ablaufenden Reaktionen zu verstehen und andererseits neue Prozesse und Regelungskonzepte zu entwerfen.

Schließlich sollen die Bakterien möglichst viel und effizient Bioplastik in der gewünschten Qualität produzieren. Doch nicht nur das: „Wir wollen vom Anfang der Produkte bis zu ihrem Ende alles mitdenken: Vom Nährsubstrat, das etwa aus Abfällen von Biogasanlagen, aus der Lebensmittel- oder der Holzindustrie stammen kann, bis zum Recycling des Bioplastiks“, erklärt die Forscherin.

Klaus-Erich-Pollmann-Forschungsförderpreisträgerin

Stefanie Duvigneau hat für ihre herausragende Forschung kürzlich den Klaus-Erich-Pollmann-Forschungsförderpreis der Universität Magdeburg erhalten. Die nach Prof. Dr. Klaus Erich Pollmann, emeritierter Historiker und Altrektor der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, benannte Auszeichnung wurde erstmals 2013 vom Karin-Witte-Fonds ausgelobt. Der Preis richtet sich an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uni Magdeburg, deren Promotion mit summa cum laude, dem akademisch höchsten Lob, bewertet wurde.

->Quelle:  Otto-von-Guericke-Universität-Magdeburg/ovgu.de/bioplastik-aus-reststoffen