E-Mobilität in der Mietwohnung: Die versteckte Bremse der Verkehrswende

Deutschland ist ein Mieterland, aber die Ladeinfrastruktur folgt bisher der Logik des Eigenheims. Die Folgen für die Verkehrswende sind größer, als viele denken.

Foto von <a href="https://unsplash.com/de/@smartmemarketing?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText">smart-me AG</a> auf <a href="https://unsplash.com/de/fotos/ladestation-fur-elektroautos-mit-weissem-fahrzeug-9qS6jmV6wtU?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText">Unsplash</a>

Die Verkehrswende stockt, weil Mietwohnungen beim Laden kaum mitgedacht werden. Ein Auto in der geteilten Tiefgarage zu laden ist heute noch viel schwieriger, als es sein müsste. Foto von smart-me AG

Etwa 70 Prozent der deutschen Wohnungen befinden sich in Mehrparteienhäusern. E-Autos laden in der heimischen Garage, so funktioniert es für den Großteil (80 Prozent) der Besitzer von E-Autos. Für Menschen in Mietwohnungen sieht der Alltag anders aus.
Eine neue Studie des Fraunhofer ISI, hat die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Hürden untersucht. Die Forschenden befragten rund 1.500 Bewohner:innen sowie Vertreter:innen von sieben Wohnungsorganisationen. Die Studie zeigt, wo die größten Hürden im Alltag von Mietern und Wohnungsunternehmen liegen. Ab 2026 entfällt bundesweit die Pflicht zur Baugenehmigung für Ladepunkte, und für Neubauten sowie Sanierungen gelten verbindliche Vorgaben zur Installation oder Vorbereitung von Ladeplätzen. Trotz dieser neuen Rahmenbedingungen bleibt die praktische Umsetzung eine Herausforderung.

Die Studie macht deutlich, wie unterschiedlich die Ausgangslagen in Mietswohnungen sind. Zwar helfen rechtliche Erleichterungen, doch die praktischen Hürden sind weiterhin hoch: begrenzte Stellplätze, Unsicherheiten bei der Umlage von Kosten sowie zusätzliche Investitionen für Lastmanagement oder Photovoltaik. Auf Nutzerseite zeigt sich, dass private Wallboxen am beliebtesten sind, gleichzeitig haben aber auch geteilte Ladelösungen und Angebote am Arbeitsplatz Chancen, wenn sie verlässlich funktionieren. Die Autor:innen betonen, dass es keine Standardlösung für alle Gebäude gibt und dass eine Kombination verschiedener Lademöglichkeiten oft der sinnvollste Weg ist.
Wohnungsunternehmen sorgen sich vor allem darum, wie stark die Nachfrage nach E-Autos in ihren Häusern tatsächlich steigen wird. Sie wissen, dass Elektromobilität kommt, aber nicht, wie schnell sie bei ihren Mietern ankommt. Deshalb wirken hohe Vorabinvestitionen riskant. Hinzu kommt, dass die Netzanschlusskapazität meist nur eine begrenzte Zahl gleichzeitiger Ladevorgänge zulässt. In der Befragung schneiden private Wallboxen als attraktivste Lösung ab. Zugleich zeigen sich die Bewohner offen für gemeinschaftliche Ladelösungen und Lademöglichkeiten am Arbeitsplatz, sofern diese verlässlich verfügbar sind.

Dr. Annegret Stephan vom Fraunhofer ISI und ihr Team empfehlen, den Ausbau der Ladeinfrastruktur in Mehrparteienhäusern politisch verlässlich zu unterstützen und finanziell abzusichern. Genau hier zeigt sich eine Schwachstelle der aktuellen Verkehrspolitik. Wenn der Ausstieg aus dem Verbrenner und die Regeln zur E-Mobilität ständig neu verhandelt werden, entsteht Unsicherheit, die Investitionen ausbremst. Für die Wohnungswirtschaft ist das ein Risiko, für Mieterinnen und Mieter ein Nachteil. Wer im Eigenheim lebt, hat es deutlich leichter, einen Ladepunkt zu installieren. Wer zur Miete wohnt, ist auf klare Vorgaben, verlässliche Förderung und durchdachte Konzepte angewiesen.
Damit die Verkehrswende nicht zu einer Frage des Wohnortes oder Besitzstands wird, braucht es stabile Rahmenbedingungen, die Planbarkeit schaffen.  Erst wenn wirtschaftliche Anreize, technische Standards und Förderprogramme für Bestandsgebäude zusammenwirken, kann Ladeinfrastruktur so ausgebaut werden, dass sie alle erreicht. Die Zukunft der Mobilität entscheidet sich auch in den Innenhöfen, Tiefgaragen und Parkplätzen der Mehrparteienhäuser und darf dort nicht weiter übersehen werden

Quelle: