Bioenergie nachhaltig nutzen

Neue ESYS-Stellungnahme vorgestellt: Nachwachsende  Rohstoffe unerlässlich

Als vielfältigster Energieträger unter den Erneuerbaren kann Bioenergie zwar einen Teil der Klimaschutzlücke schließen.  Sie muss dafür jedoch nachhaltiger hergestellt und eingesetzt werden als bisher. In einer gemeinsamen Pressemitteilung haben acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften im Rahmen ihres Projekts ESYS am 28.02.2019 in Berlin Strategien zur nachhaltigen Nutzung von Bioenergie aufgezeigt. Bioenergie sollte zudem stärker aus Rest- und Abfallstoffen produziert und vorwiegend zur Kraftstoffproduktion sowie zur Wärmeerzeugung in der Industrie verwendet werden. Parallel sollten neue Klimaschutzoptionen wie CO2-Entnahmetechnologien mit Bioenergie erforscht werden.

Immer mehr Klimamodelle zeigen, dass es für den Klimaschutz nicht reicht, fossile Energieträger durch Erneuerbare zu ersetzen und Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Der Weltklimarat IPCC hält es zusätzlich für erforderlich, der Atmosphäre CO2 zu entziehen und es zu speichern. Diese Einschätzung teilt das Bundesumweltministerium in seinem aktuellen Entwurf für ein Bundes-Klimaschutzgesetz: Bis 2050 soll ein Gleichgewicht zwischen verbleibenden Treibhausgasemissionen und dem Abbau von Treibhausgasen entstehen. Eine Möglichkeit wäre, bei der Umwandlung von Biomasse in Bioenergie CO2 abzuscheiden und unterirdisch zu lagern (BECCS).

ESYS-Präsentation der Stellungnahme ‚Bioenergie‘ – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

In seinem Schlusswort forderte ESYS-Kuratoriumsvorsitzender Reinhard Hüttl (Geoforschungszentrum Potsdam) „eine konsequente Klimaschutzpolitik, um das CO2 zu verringern und nicht ständig viele Teilziele, in denen wir uns verfangen.“ Denn aktuell nur fünf Prozent Gesamtanteil von Sonne und Wind am Gesamtenergieverbrauch heiße: „Es ist schon noch ein weiter Weg“.

Die Stellungnahme in Kürze

  • Rest- und Abfallstoffe können risikoarm energetisch verwendet werden. In Deutschland gibt es große Potenziale an Restholz, Stroh und tierischen Exkrementen. Energetisch aufbereitet könnten diese bis zu 17 Prozent des zukünftigen deutschen Primärenergiebedarfs decken.
  • Für einen nachhaltigen Einsatz muss Bioenergie systemdienlich genutzt werden: Sie kann diejenigen Funktionen im Energiesystem übernehmen, für die andere Erneuerbare ungeeignet sind. Bioenergie könnte beispielsweise Schiffe und Flugzeuge antreiben oder Wärme für Industrieprozesse liefern.
  • Klimamodelle zeigen, dass der Atmosphäre künftig CO2 entnommen werden muss, um die Pariser Klimaziele zu erreichen Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um solche „negativen Emissionen“ zu erzeugen. Eine Option ist, Kohlendioxid in Bioenergieanlagen abzuscheiden und dauerhaft unterirdisch zu speichern (BECCS). Dieser Ansatz sollte bei künftigen Einsatzgebieten der Bioenergie mitbedacht werden.
  • Ein ausreichend hoher CO2-Preis und Zertifizierungssysteme können sicherstellen, dass Bioenergie dem Klima nützt. Sie sind am wirksamsten, wenn nicht nur Bioenergieträger, sondern alle landwirtschaftlichen Produkte darin einbezogen werden.

Negative Emissionen als Baustein für den Klimaschutz

Neben BECCS gibt es weitere Optionen, der Atmosphäre CO2 zu entziehen: von Aufforstung über Biokohle bis zu Direct Air Capture, wobei das CO2 aus der Umgebungsluft aufgenommen wird. Der Co-Leiter der ESYS-Arbeitsgruppe Gernot Klepper vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) Kiel erklärt, warum die Bundesregierung diese Maßnahmen als Teil der Klimaschutzstrategie mitbedenken sollte: „Ohne der Atmosphäre CO2 zu entnehmen und sogenannte negative Emissionen zu erzeugen, schmälert Deutschland seine Chancen, die Klimaziele zu erreichen. Diese Technologien sollten stärker erforscht werden, um ihren Einsatz sorgfältig bewerten zu können.“ Voraussetzung sei jedoch, dass die umstrittene CCS-Technologie von der Bevölkerung akzeptiert werde. ESYS empfiehlt, eine breite gesellschaftliche Diskussion anzustoßen und dazu alle beteiligten Akteure in einer Plattform zusammenzubringen.

Mehr Rest- und Abfallstoffe nutzen

Unabhängig von der CO2-Entnahme kann Bioenergie vielfältig eingesetzt werden. Mit der wachsenden Weltbevölkerung steigen jedoch auch die Nutzungskonflikte um die Landflächen. Hinzu kommen ökologische Folgen einer noch weiter intensivierten Landwirtschaft. Bei Bioenergie aus Waldholz und Agrarrohstoffen besteht das Risiko, dass sie nicht nachhaltig erzeugt wird. Daher sollte Bioenergie vorrangig aus Rest- und Abfallstoffen produziert werden: Bis zum Jahr 2050 könnten diese 13 bis 17 Prozent des Primärenergiebedarfs in Deutschland decken.

Folgt: Bioenergie als Kraftstoff und für Prozesswärme