Thema Energie: Einflussnahme auf die öffentliche Meinung

Die Gegner sind lauter

In der Tat, die Gegner sind erheblich lauter. Nach wie vor sind seit Jahren im Abstand weniger Tage die Zeitungen voll mit der Tatsachenverdrehung, dass ein planloser Zubau von Solar- und Windanlagen schuld am explodierenden Strompreis sei, obwohl die EEG-Vergütungsauszahlungen an EEG-Anlagenbetreiber real bereits nahezu stagnieren und nicht mehr als einen winzigen Bruchteil der EEG-Umlagen-Steigerung ausmachen und die EEG-Umlage 2013 nachweislich bereits zu knapp 60% politisch aufgebläht ist (ZDF-Doku „Preistricks beim Strom“ ab min 18:24).

Die EEG-Umlage 2014 wird diese Aufblähung und die damit einhergehende Diskreditierung des EEGs und der Bürgerenergiewende fortführen. Tatsächlicher Grund: Auswirkungen der neuen, politikgemachten Ausgleichsmechanismusverordnung ab 2010 durch die systeminkompatible, verzerrende Vermarktung [[CO2]]-Brennstofffreier Erneuerbaren Energien an einer Börse, die sich ausschließlich an [[CO2]]-Brennstoffkosten orientiert, sowie die Auswirkungen politisch forcierter, ausufernder Industrieausnahmen. Der Energieblogger Thorsten Zoerner sieht als Ursache ebenso die gesunkenen Börsenpreise – sein Kollege Andreas Kühl spricht in seinem Beitrag von einem jährlichen EEG-Umlagen-Ritual und empfiehlt, öffentlichen Druck aufzubauen, damit die gesunkenen Einkaufspreise an die Verbraucher weitergegeben werden.

Der Verband der chemischen Industrie VCI beklagt hingegen „exorbitant“ hohe Energiewende Kosten und fordert den sofortigen Stopp des EEGs, was im krassen Widerspruch steht zu dem für jeden im Internet ersichtlichen VIK Strompreis-Index der gewerblichen Energiekunden. Der Index ist im Zusammenhang mit den gesunkenen Börsenpreisen gegenüber 2008 deutlich gesunken und aktuell auf dem Niveau von 2005. Ebenso nachweislich sind viele energieintensive Unternehmen, auch aus der chemischen Industrie vollständig von der Zahlung der EEG-Umlage befreit. Warum dann die Industrie-Forderung zur Abschaffung des EEGs? Könnte es daran liegen, dass das jahrzehntelang erfolgreich durchgeführte Erfolgsmodell “Haushaltskunde subventioniert Industrie” zu bröckeln beginnt, je mehr Menschen in die Eigenstromerzeugung gehen?

„Wiederholen, wiederholen, wiederholen“ ist das Erfolgsrezept der Einheitsschlagzeilen. Und es scheint zunehmend ungeachtet jeglicher Faktenlage und Originalzahlen in den Köpfen der Bevölkerung zu wirken, was als Phänomen von George Orwell in seinem berühmten Roman 1984 mit folgenden Worten beschrieben wurde:

“Und wenn alle anderen die … Lüge glaubten – wenn alle Aufzeichnungen gleich lauteten –, dann ging die Lüge in die Geschichte ein und wurde Wahrheit.”

In der Medienwelt findet ein Umbruch statt. Während Zeitungen seit Einzug des Internets zunehmend massive ökonomische Schwierigkeiten haben und dadurch weniger Zeit und Geld für ausgedehnte, gründliche, eigene Recherchen, boomt die PR-Branche umso stärker. PR-Agenturen, Kommunikationsagenturen, public-affairs Agenturen wachsen in allen großen Städten – und insbesondere in Berlin – wie Pilze aus dem Boden. Finanzstarke Auftraggeber, die sich diese PR-Dienstleistungen leisten können, profitieren von professionell durchgeführtem „Campaigning“ und „Agenda Setting“. Vielfältige Agentur-Imagebroschüren wie hier als Beispiel geben einen Einblick in diese neu entstandene Berufsbranche und Arbeitsweise. Ein Auszug:

„Eigene Themen auf die politische Tagesordnung zu setzen, wird für Unternehmen, Verbände und andere Akteure immer wichtiger. …Das Herzstück der Einflussnahme durch AgendaSetting ist eine zielgerichtete, auf einem umfassenden Themenmanagement beruhende PR- und Pressearbeit ….Wenn der thematische ‚Nährboden‘ durch PR-Arbeit bereitet ist, können die Instrumente des Kommunikationsorchesters umso effizienter zum Einsatz kommen. Durch das abgestimmte ‚Einschlagen kommunikativer Pflöcke‘ wird die thematische Deutungshoheit erlangt…….“

Der Kabarettist Frank Markus Barwasser alias „Erwin Pelzig“ hatte die starke Zunahme von Konzern-Lobbyismus und die damit verbundene boomende PR-Branche in seiner Abschlusssendung von Neues aus der Anstalt am 01.10.2013 im ZDF ebenfalls zum Thema und beschrieb diese in der für Pelzig so typisch einfachen, aber deutlichen Sprache als „gut bezahlte Auftragslügner“ (min 1:44).

Advokatorische Denkfabriken

Eine zentrale Rolle spielt hierbei auch die seit mehr als zehn Jahren zunehmende Zahl sogenannter advokatorischer Denkfabriken nach dem Vorbild der US-amerikanischen Heritage Foundation. Advokatorische Denkfabriken betätigen sich selten forschend; ihre Hauptfunktion besteht in der Vermarktung und Neuverpackung von Ideen. Sie vertreten eine bestimmte politische oder ideologische Linie, die aggressiv beworben wird, um politische Debatten im eigenen Sinn zu beeinflussen. Im Gegensatz zu akademischen Denkfabriken betreiben advokatorische Denkfabriken keine eigenständige wissenschaftliche Analyse, sondern kaufen externe Expertisen. Advokatorische Denkfabriken werden von finanzstarken Interessengruppen ins Leben gerufen und haben eine klare gesellschafts- und wirtschaftspolitische Ausrichtung.

Initiative neue soziale Marktwirtschaft INSM

Die größte und einflussreichste advokatorische Denkfabrik in Deutschland ist die Initiative neue soziale Marktwirtschaft (INSM). Sie ist eine Lobbyorganisation der deutschen Wirtschaft, deren Arbeit darin besteht, über eine Vielzahl an intransparenten PR-Maßnahmen den Diskurs in den Massenmedien so zu lenken, dass die Interessen der Wirtschaft durchgesetzt und in politische Beschlüsse gefasst werden. Sie wurde bereits 2005 von der ZEIT in Anbetracht ihrer starken Einflussnahme provokativ als „Lautsprecher des Kapitals“ bezeichnet. Der TV-Beitrag aus dem Jahr 2005 des Politmagazins monitor, (Teil 1 und Teil 2)  gibt einen umfassenden Eindruck über die Arbeitsweise der INSM.

Durch intransparente Lobbyarbeit werden die ökonomischen Interessen von Konzernen oder Verbänden mit Unterstützung von Kommunikationsagenturen in die Medien gebracht und mittels orchestrierter Kommunikation verbreitet. Das bedeutet: Alle Medien (Zeitungen, TV, Rundfunk, Internet) werden in einem abgestimmten Timing mit gut aufbereiteten Inhalten, Studien, Umfragen und Rankings beliefert – mit sich stets wiederholenden griffigen Slogans, Framings, Schlagwörtern. Die INSM hat einen ganzen Pool an Kuratoren und Botschaftern unterschiedlicher Parteien oder Organisationen, die als Dauergäste in Polit-Talkshows mitunter sogar wie in dieser Sendung zu mehreren gleichzeitig als vorgetäuscht unterschiedliche Akteure zum Kampagnenthema einhellig die gleichen Inhalte vertreten.

Diese Informationen sind nicht auf den ersten Blick als Lobbyarbeit erkennbar, sondern werden als unabhängige, neutrale Information gewertet. Offensichtlicher Zweck: Das Kampagnenziel des Auftraggebers soll möglichst von der Öffentlichkeit übernommen oder zumindest als „alternativlos“ akzeptiert werden. So platziert die INSM ausgearbeitete Dialoge in Vorabendserien. Selbst die Manipulation von Kindern über nett aufbereitete, vorgefertigte Arbeitsblätter oder Schulbuchbeiträge für das Unterrichtsfach Politik + Wirtschaft ist kein Tabu. Einseitig wird die marktradikale Sichtweise der INSM als scheinbar neutrale Unterrichtsinformation ausgegeben – aus demokratischer Sicht höchst fragwürdig.

Schlüsselrolle bei INSM-Themenkampagnen spielen Experten wirtschaftsnaher Institute (IW, RWI, EWI etc.), die im Auftrag der INSM Studien, Statistiken oder Meinungsumfragen erstellen und ausgewählte Journalisten und Medien mit den entsprechenden Inhalten versorgen. Jede Studienveröffentlichung ist ein Medienevent, über das anschließend im gesamten deutschen Blätterwald berichtet wird. Die INSM hat auch direkte Medienkooperationen mit Zeitungen, z.B. Wirtschaftswoche, Welt o.a., was die gewünschte Verbreitung der Inhalte nochmals forciert.

Dass die in einer Kampagne eingebundenen Experten nicht immer so unabhängig sind, wie es den Schein haben soll, sondern mitunter ausgewiesene Lobbyisten sein können, zeigt das Beispiel der ab 2000 dauerhaft zu hörenden und sehenden Rentenexperten im Rahmen der bislang erfolgreichsten INSM Themenkampagne: „private Altersvorsorge“. Die damit forcierten Parlamentsbeschlüsse von 2002 und 2005 öffneten einen riesigen Markt für die Versicherungswirtschaft. Bernd Raffelhüschen geriet aufgrund mehrerer Nebentätigkeiten und Vortragsreisen für die private Versicherungswirtschaft in die Kritik. Der dauerhaft in den Medien präsente Rentenexperte und damalige Wirtschaftsweise Bert Rürup, der ebenfalls gebetsmühlenartig die private Altersvorsorge einforderte, wechselte 2008 ausgerechnet zu Finanzdienstleister AWD, der unzählige Kleinanleger, die aufgrund der permanenten Thematisierung in den Medien privat für ihr Alter vorsorgen wollten, mit Altersvorsorgeprodukten geprellt und in den Ruin getrieben hat. Seit 2010 hat Rürup mit dem früheren AWD-Chef und Versicherungs-Millionär Maschmeyer eine gemeinsame Firma: Beratung zu Finanz- und Versicherungsprodukten.

Seit Juli 2012 ist Bundesminister a.D. Wolfgang Clement Vorsitzender des Kuratoriums der INSM. Clement ist Aufsichtsrat der Konzerntochter RWE Power AG und einer der 40 Unterzeichner der Anzeigenkampagne August 2010, die eine Laufzeitverlängerung der AKW forderten; der damit forcierte Beschluss erfolgte bereits 8 Wochen später.

INSM-Schwerpunkt „Energie“

Ab August/September 2012 widmete sich die INSM der Energiepolitik als Schwerpunkt. Es begannen die ersten Anzeigenkampagnen zur Abschaffung des EEGs in allen überregionalen Zeitungen, ergänzt von überdimensionalen Plakaten an allen großen Bahnhöfen Deutschlands.  Zahlreiche Studien wirtschaftsnaher Institute im Auftrag der INSM waren nachfolgend Auslöser für die bekannten Zeitungsmeldungen.

Studie IW und Studie IW für INSM -> Zeitungsmeldung: EEG belastet vor allem Geringverdiener
Studie EWI für INSM -> Zeitungsmeldung: weiter explodierende Kosten bis 2018
Studie RWI und Kampagneneröffnung mit der INSM -> ganzseitige Zeitungsanzeigen und Plakate: Forderung nach einem Quotenmodell

Flächenübergreifende Meinungsbeeinflussung mit Hilfe professioneller Agenturen hat Tradition in der öffentlichen Debatte zum Thema Energiepolitik. Dank zweier Whistleblower gelangten zwei Original-PR-Dokumente in die Öffentlichkeit (der taz und Greenpeace zugespielt), die eine Handlungsempfehlung offenlegen, wie die Debatte um eine Laufzeitverlängerung trotz klarer Gesetzeslage, bestehenden Atomausstiegsvertrages und ablehnender Haltung der Bevölkerung im Sinne von Atomforum (Auftraggeber der Deekeling Arndt Advisors), bzw. e.on (Empfänger eines Akquisekonzepts der PRGS – Unternehmensberatung für Politik & Krisenmanagement) beeinflusst werden konnte (s.u.).

Lange vor der Bundestagswahl 2009 war eine gewaltige, wie sich später zeigte, erfolgreiche  Pro-Kernenergie-Kampagne gestartet worden war. Das Ergebnis der ab 2008 begonnenen professionellen Meinungsbeeinflussung ist bekannt. Am 28. Oktober 2010, beschloss der Bundestag mit den Stimmen von Union und FDP die Verlängerung der Laufzeiten für die Atomkraftwerke.

Meinungsbeeinflussung durch die Energiewirtschaft

Diese Entwicklung war kein Zufall, sondern Kalkül im Rahmen einer ausgefeilten Kommunikationsstrategie, für die zwei zugespielte Originaldokumente zweier PR-Agenturen vorliegen:

1. PR-Agentur Deekeling Arndt-Advisors (kam zur Ausführung)

Der Auftrag war – ganz im Sinne des Auftraggebers Deutsches Atomforum, in dem sich u.a. die vier Betreiber der deutschen Atomkraftwerke – RWE, Vattenfall, Eon und EnBW – zusammengeschlossen haben, “die politische-öffentliche Debatte um die Verlängerung  der Restlaufzeiten deutscher Kernkraftwerke positiv zu beeinflussen“ (Dokument Deekeling Arndt Advisors Teil 1, S. 3). Der Auftragszeitraum ging von Mai 2008 bis zur Bundestagswahl im September 2009.

2. PRGS (Akquisepapier „Kommunikationskonzept Kernenergie“ für e.on)

Die wichtigste Aussage bei den Handlungsempfehlungen für e.on findet man auf S. 93:

„ …Politiker bevorzugen wie Journalisten quellenbasiertes Informationsmaterial, das die Neutralität der Information suggeriert.”

Das gesamte Kapitel 5 des Kommunikationskonzepts Kernenergie (S. 81ff.) ist eine Methodenbeschreibung: Die konkreten Ziele hinter einzelnen Maßnahmen sollen nicht zu deutlich werden, externe Studien für mehr Glaubwürdigkeit sorgen, um die eigenen Botschaften und Ziele vermeintlich neutral zu verpacken => „bestellte Wahrheiten“

Diese offensichtliche Meinungsbeeinflussung ist keine Verschwörungstheorie, sondern war praktizierte Realität 2008/2009 im Zuge des Vorhabens “die politische-öffentliche Debatte um die Verlängerung der Restlaufzeiten deutscher Kernkraftwerke positiv zu beeinflussen“ mit dem gewünschten Ergebnis am 28. Oktober 2010.

Im Zuge dieser Bemühungen rechnete bereits Juli 2008 z.B. Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) eine Entlastung von mindestens 50 Milliarden Euro vor, sollten die Laufzeiten der Atomkraftwerke um 20 Jahre verlängert werden. Dies wurde von dpa, BILD („7 Wahrheiten über Kernkraft“), Welt, Focus und anderen Medien breit veröffentlicht.

Das RWI-Institut ist ein wirtschaftsnahes Institut, das jeweils zu etwa einem Drittel durch den Bund, das Land NRW und über Drittmittel finanziert wird, wie z.B. über die Gesellschaft der Freunde und Förderer des RWI. Präsident dieser Gesellschaft war ab 1996 Dietmar Kuhnt (Vorstandsvorsitzender RWE AG 1995-2003), danach bis letztes Jahr (Juni 2012) Rolf Pohlig (Finanzvorstand RWE AG bis Ende 2011). Der jetzige Präsident der Gesellschaft ist Manfred Breuer. Das „nah“ könnte auch wörtlich genommen werden. Zwischen dem RWE Hauptsitz in Essen und dem RWI-Institut liegen gerade mal 9 Minuten Fußweg durch den Stadtgarten.

Ausschlaggebend für den Beschluss der Laufzeitverlängerung wurde jedoch eine Studie des wirtschaftsnahen Instituts EWI, die parallel zur bereits erwähnten Anzeigenkampagne der 40 Manager veroffentlicht wurde. Das EWI ist ein Institut, das von e.on und RWE gefördert wird, bzw. auch über den „Förderverein Gesellschaft zur Förderung des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln e.V.“, der wiederum von deutschen Energieversorgungsunternehmen und Organisationen der deutschen Energiewirtschaft finanziert wird.

Der lange Kampf gegen das EEG

Heute dreht sich die öffentliche Debatte um das Thema EEG und den Zubau neuer Solar- und Windanlagen. Das EEG und schon sein Vorläufer, das Stromeinspeisegesetz wurden von Beginn an von der konventionellen Energiewirtschaft bekämpft. Gegen das Stromeinspeisegesetz (Vorläufer EEG) wurde von Preussen Elektra (späterer Bestandteil von e.on) bereits in den 90er Jahren geklagt, was bis zum EuGH ging und dort 2001 abgewiesen wurde. Der juristische Weg scheiterte, das Modell des EEGs wurde durch die EEG Richtlinie 2009 juristisch sogar noch einmal ausdrücklich bestätigt und letzte europarechtliche Zweifel ausgeräumt.

Die FDP hat bereits im Februar 2001 einen Antrag zur Abschaffung des EEGs und Einführung des Quotenmodells gestellt.

Frondel hat seit Mitte 2000 immer wieder Studien und Publikationen gegen EEG und PV in die Medien gebracht, welche die angeblich starke Kostenentwicklung durch den Zubau thematisierten.

Als Wirtschaftswissenschaftler hätte Frondel wissen müssen, dass der überproportionale Anstieg der EEG-Umlage ab 2010 von den eigentlichen EEG-Kosten (Auszahlungen EEG-Vergütungssummen an die Anlagenbetreiber) und dem Zubau entkoppelt wurde. Die EEG-Auszahlungen, die sich durch Zubau verändern, stagnieren bereits, wie jeder anhand der Originalzahlen der Übertragungsnetzbetreiber nachvollziehen kann. Dennoch wird in vielen Publikationen behauptet, der Zubau lasse die EEG-Umlage explodieren.

Die starke Steigerung ist jedoch vor allem dadurch verursacht, dass mit der neuen im Juli 2009 beschlossenen schwarz-roten Ausgleichsmechanismusverordnung und zwangsweisen Vermarktung [[CO2]]- und brennstoffkostenfreier Erneuerbarer Energien an einer Strombörse, die sich ausschließlich an Preisen für Brennstoff und [[CO2]] orientiert, Strom aus Erneuerbaren Energien schlagartig entwertet und damit synchron die EEG-Umlage politisch aufgebläht wurde, was zusätzlich durch ausufernde Industrieausnahmen massiv verstärkt wurde.

Neue Solar- und Windanlagen von 2012 machen real nur 0,27 Ct/kWh, bzw. 9 Euro im Jahr aus (Berechnungen des Öko-Instituts für die ZDF Dokumentation „Preistricks beim Strom“)von den mittlerweile zu fast 60% politisch massiv aufgeblähten EEG-Umlagekosten 2013 von 185 Euro, die ein 4-Personenhaushalt mit einem Durchschnittsverbrauch von 3500 kWh/a zahlt. Anders ausgedrückt: Der Zubau, bzw. die Vergütungsauszahlungen an die Anlagenbetreiber, die 2012 neue Anlagen errichtet haben, kostet einen Durchschnittshaushalt 75 Cent/Monat.. Das wurde jedoch merkwürdigerweise von den Wirtschaftswissenschaftlern nie publiziert. Sündenbock für eine ausufernde EEG-Umlage war für diese ausschließlich der Zubau von Solar- und Windanlagen.

Vielstimmiger Chor?

Im Sommer 2012 hat das RWI-Institut (Frondel und Schmidt) im Auftrag der INSM eine Studie zu einem Quotenmodell (WEE) erarbeitet und Ende August die Kampagne Energiewende retten – EEG  stoppen eröffnet. Ebenfalls im Auftrag der INSM hat das durch e.on und RWE geförderte EWI wenige Monate später eine Studie veröffentlicht zur möglichen Entwicklung der EEG-Umlage bis 2018 (EEG-Kosten-Explosion).

Auch das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat im Februar 2013 eine Kurzexpertise im Auftrag der INSM erstellt, um eine Ineffizienz und Kostenspirale des EEGs herauszustellen. Auch diese wurde, wie alle Studienveröffentlichungen im Auftrag der INSM als Medienevent mit entsprechend hoher medialer Aufmerksamkeit inszeniert, um eine hohe Schlagzeilendichte zu erzeugen. Was der Leser dabei nicht erfährt: Das 1951 als Deutsches Industrie-Institut (DI) gegründete IW wird von Verbänden und Unternehmen der privaten Wirtschaft finanziert. Trägervereine sind die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) ist die Muttergesellschaft der Lobbyorganisation INSM selbst. Der IW Autor der Kurzexpertise spielte auch bereits zur Forcierung der Laufzeitverlängerung eine Rolle.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („die fünf Wirtschaftsweisen“) fordert ebenfalls die Abschaffung des EEGs und die Einführung eines Quotenmodells. Was der Leser hierbei ebenfalls nicht erfährt: Den Vorsitz der Sachverständigen hat Christoph M. Schmidt (Bildmitte), Präsident des wirtschaftsnahen RWI-Instituts, der zusammen mit seinem Kollegen Manuel Frondel im Auftrag der INSM den im Rahmen der INSM-Themenkampagne zur Abschaffung des EEGs vorgestellten Vorschlag zum Quotenmodell (WEE) selbst ausgearbeitet hat.

Mein Energieblogger-Kollege Björn-Lars Kuhn von Proteus Solution, sowie der Rechtsanwalt Fabio Longo hatten vor einiger Zeit außerdem die Frage in den Raum gestellt, welche Rolle die Monopolkommission, bzw. Justus Haucap bei der Diskussion um die Abschaffung des EEGs spielt und ob die für eine Monopolkommission erforderliche Unabhängigkeit gegeben ist oder nicht oder ob gar ein Dienstleistungsverhältnis besteht.

Der Volkswirtschaftsprofessor Justus Haucap war bis 2012 Vorsitzender und ist Mitglied der Monopolkommission. Er ist Vorsitzender des Forschungsbeirast und Mitglied im Verwaltungsrat des RWI-Instituts. Haucap ist Autor im Ökonomenblog der Lobbyorganisation INSM und war im Zuge der ThemenkampagneEnergiewende retten – EEG stoppen“ einer der Protagonisten. Ein direktes Dienstleistungsverhältnis besteht nicht. Haucap ist auch kein Botschafter oder Kurator der INSM. Zweifelsohne besteht aber eine sichtliche Nähe, die nochmals durch das verstärkt ist, was unter einem weiteren Video im Rahmen der INSM-Themenkampagne zu lesen ist.“Wirtschaftspolitik verstehen“ ist ein Videoformat der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und dem Thinktank „Econwatch“. Der Präsident des Thinktanks Econwatch, der mit der INSM diese Kooperation hat, ist wiederum Justus Haucap.

Die Aufgabe der unabhängigen Monopolkommission ist es, für mehr Wettbewerb zu sorgen und Monopolbildung zu verhindern. Statt dessen fordert sie mit Unterstützung der INSM das Quotenmodell.

Wirtschaftsrat der CDU, dena und BDEW

Als weitere Stimme zur Abschaffung des EEGs erscheint in den Medien der Wirtschaftsrat der CDU, ein bundesweit organisierter, unternehmerischer Berufsverband mit derzeit rund 12.000 Mitgliedern. Auch dieser fordert die Abschaffung des EEGs und Einführung des Quotenmodells und setzte sich 2010 ebenso für eine Laufzeitverlängerung von Alt-AKW ein. Was der Leser bei den weit verbreiteten Schlagzeilen der Forderungen des Wirtschaftsrates der CDU vorenthalten bekommt: Im Präsidium und in der Bundesfachkommission ist u.a. Johannes Lambertz, der bis Ende 2012 Vorstandsvorsitzender der RWE Power AG war, mit Zuständigkeit für Braunkohlekraftwerke und Tagebau.

Im wissenschaftlichen Beirat sitzt Prof. Marc Oliver Bettzüge, der Direktor des EWI, das von e.on und RWE gefördert wird. Er hat die Studie erstellt, die Basis für den Beschluss der Laufzeitverlängerung wurde und ebenso auch Negativ-Studien zum EEG im Auftrag der INSM. Ebenfalls im wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsrats der CDU ist Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), deren Tochtergesellschaft die  INSM ist, in deren Auftrag das IW ebenso entsprechende Expertisen zum EEG (EEG-Kostenexplosion) verfasst hat. Zum Bundesvorstand des Wirtschaftsrats gehört außerdem auch Hildegard Müller, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), in dem die vier großen Energiekonzerne eine dominierende Rolle einnehmen. Vor dieser Tätigkeit war sie Staatsministerin im Bundeskanzleramt.

Auch die Deutsche Energieagentur dena und ihr Geschäftsführer Stephan Kohler fordert die Abschaffung des EEGs und ein Ende des Einspeisevorrangs für Erneuerbaren Energien. Was allerdings nicht in den Zeitungen steht, ist, dass Kohler 2008, also in dem Jahr, in dem auch die mit über 700.000 Euro veranschlagte Kommunikationsoffensive „zur positiven Beeinflussung der politisch-öffentlichen Debatte um die Restlaufzeiten von Kernkraftwerken“ durch den Auftraggeber Atomforum anlief, dringend vor einer Stromlücke warnte, falls auf die Kernenergie verzichtet würde. Ebenso wenig stand in den Berichten, dass die dena im Jahr zuvor mehr als neun Millionen Euro von e.on, RWE, EnBW und Vattenfall erhalten hatte. Auch dass Kohler 2009 von RWE gebeten wurde, die Seiten zu wechseln, was er nach kurzem Zögern dann aber wieder verwarf, ist den Berichten nicht zu entnehmen.

Rechtzeitig vor Veröffentlichung der politisch noch stärker aufgeblähten EEG-Umlage 2014 zum 15. Oktober stellte der BDEW ein eigenes Marktmodell (Quotenmodell) vor. Der BDEW ist ein Unternehmensverband von 1800 Unternehmen, der neben etlichen Stadtwerken und Regionalversorgern auch die großen Energiekonzerne vertritt und aufgrund deren vieler Tochter- und Tochter-Tochterfirmen letztendlich von den Interessen von e.on, RWE, EnBW und Vattenfall dominiert wird.

Übersichtliches Destillat mit klarer Interessenslage

Der vermeintlich vielstimmig-einhellige Chor zur Abschaffung des EEGs und Einführung des Quotenmodells entpuppt sich bei genauerer Betrachtung der Vernetzungen als übersichtliches Destillat mit klarer Interessenslage.

Das Quotenmodell (Eurosolar: „Vergifteter Köder„) für Erneuerbare Energien würde das Ende der begonnenen Bürgerenergiewende bedeuten, zu einer Marktkonzentration weniger großer Akteure mit dem ausschließlichen Bau von Großanlagen führen und das Geschäftsmodell derer retten, die den Energiemarkt bereits dominieren. Der Slogan „Rettet die Energiewende“ kann 1:1 übersetzt werden mit: „Rettet die Energiekonzerne“, denen immer mehr Marktanteile durch die Bürgerenergiewende abhanden gehen. In Großbritannien wurde das Quotenmodell übrigens aufgrund steigender Strompreise bei gleichzeitig mangelnder Marktdynamik neuer Technologien nach 13 Jahren durch ein EEG nach deutschem Vorbild ersetzt.

Dass aufgrund sämtlicher Zusammenhänge um die EEG-Diskussion und bestehender Vernetzungen Fragen auftauchen, die im Sinne einer demokratischen Öffentlichkeit Antworten einfordern, verwundert nicht.

Dipl.-Ing. Tina Ternus war nach dem Ingenieurstudium der Physikalischen Technik bei der ÖEB GmbH in Darmstadt tätig, konzipierte dort im Rahmen des „1000-Dächer-Programms“ die ersten netzgekoppelten Solarstromanlagen für Privathaushalte. Nach Gründung wir sie  16 Jahre mit der inek Solar aktiv. In einem berufsbegleitenden Aufbaustudium „Energiewirtschaft“ vertiefte sie ihre Kenntnisse über die Struktur der Energieversorgung, sowie die Themen Energieeffizienz und Umstieg auf eine dezentrale Energieversorgung.  Seit Mitte 2008 betreibt sie gemeinsam mit Matthias Diehl das Photovoltaikbuero und arbeitet als Referentin; ihre Themengebiete: „EEG-Aufblähung“, „Ursachen des EEG-Paradoxons“ und „stimmungsmachende Einheitsschlagzeilen trotz klarer Faktenlage“ – z.B. „Die PV als Sündenbock: Erfolgreiche Kommunikation im aktuellen Streit um die Kosten der Photovoltaik“ bei  Solarpraxis.
->Quelle: photovoltaikbuero.de1; photovoltaikbuero.de2