Sommerhitze kostet 1,40 Euro

StZ, FAZ u.a.: Zwei- bis dreistelliger Millionenbetrag zusätzlich

„Die Rekordhitze war ein Stresstest für die Stromnetze“, schreibt die Stuttgarter Zeitung: Sie treibe „mal eben die Kosten der Energiewende um zweistellige Millionenbeträge in die Höhe“. Das müssten „am Ende alle Stromkunden bezahlen“. Ein Netzbetreiber rechnet laut FAZ gar „mit einer halben Milliarde Euro Kosten für Stromverbraucher“. Der „entscheidende Grund“ sei jedoch in den fehlenden Stromtrassen von Norden nach Süden zu suchen. (Siehe auch die Rand-Kolumne)

Dirk Biermann von der 50Hertz-Leitzentrale erläutert, man gebe täglich etwa „zweieinhalb Millionen Euro aus für grenzüberschreitende Eingriffe mit unseren Nachbarn, um das Netz stabil zu halten“. Er schätzt die bisherigen Kosten der Hitzewelle auf 25 Millionen.

50Hertz sorgt für Betrieb, Instandhaltung, Planung und Ausbau des 380/220-Kilovolt-Übertragungsnetzes im Norden und Osten Deutschlands. Das Netz erstreckt sich über eine Fläche von 109.360 km² und hat eine Länge von rund 10.000 km, das entspricht etwa der Strecke von Berlin nach Rio de Janeiro. Es sichert die Netzintegration von etwa 40% der gesamten in Deutschland installierten Windkraftleistung und versorgt rund 18 Millionen Menschen.

Viel Solarstrom

Schwarzwaldhaus mit PV-Dach – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Derzeit speisen die PV-Anlagen viel Sonnenstrom ins Netz ein, und der hat Vorrang. Kunden aus Ungarn und Italien kaufen an der Börse billigen deutschen Ökostrom, der zwar über Polen fließen soll, aber die Leitungen sind „verstopft“. Deshalb muss 50Hertz grenzüberschreitend so stark in die Stromerzeugung eingreifen wie noch nie, mit der Folge, dass konventionelle Kraftwerke heruntergefahren werden müssen. Diese Eingriffe erreichten bei 50Hertz am 14.08.2015 zeitweise 5745 MW – etwa die Leistung von vier AKW. Die „Redispatch“ genannten Eingriffe kommen teuer, weil die Stromkonzerne dafür entschädigt werden. Die Privatkunden bezahlen das über die im Strompreis enthaltenen Netzentgelte – bisher eben 25 Millionen.

Viel Windstrom kann nicht nach Süden

 

Die On- und Offshore-Windgeneratoren an Nord- und Ostsee speisen in Herbst und Winter zwar besonders viel Strom ein, die Unternehmen im Süden wie Audi, BMW, Daimler, Bosch und Siemens brauchen noch mehr Energie  – weil aber die nötigen HGÜ-Stromautobahnen von Norden nach Süden noch fehlen (Seehofer lässt grüßen), müssen im Norden Windparks abgeschaltet werden. Alles in allem könnte sich das auf mehr als eine halbe Milliarde Euro summieren.

Bei 50Hertz ist man zwar über den Koalitionskompromiss in Sachen Nord-Süd-Stromtrassen erleichtert, richtet sich aber auf „noch ein paar Jahre ohne sie“ ein. Umso wichtiger sind daher jetzt laut Biermann die aktuellen Netzausbau-Projekte wie die Thüringer Strombrücke oder die Uckermark-Leitung.

Solarify fällt eines auf: Ein klassisches Beispiel für subkutane Meinungsmache. Die Überschrift lautet – in der FAZ: „Stromverbraucher zahlen für die Hitzewelle“ – in der StZ: „Traumsommer wird ein teurer Spaß“ – beides mehr oder weniger als seriös geltende Blätter, sollte man meinen. Aber eigentlich – so die FAZ – ist „der entscheidende Grund“ ein anderer: „Immer noch fehlen Stromtrassen von Norden nach Süden.“ In der Stuttgarter kommt das erst kurz vor Schluss vor – dort heißt es stattdessen im Lead-Text: „Die Probleme bei der Energiewende gehen auch mal wieder richtig ins Geld.“ Warum auch nachdenken oder gar differenziert argumentieren, wenn der Stammtisch so nahe steht…?
PS: Übrigens – wenn man Biermanns geschätzte 25 Millionen (s.o.) auf 18 Millionen 50Hertz-Kunden (eigene Angabe) verteilt, kommen auf jeden einzelnen von 50Hertz mit Strom Versorgten sagenhafte € 1,40 für die Sommer-Hitze zu.

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