EEG: Solarförderung korrigiert

Experten-Anhörung im Umweltausschuss: Verordnungsermächtigung weg – „Atmender Deckel“ zurück

Michael Kauch, umweltpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, sagte heute in einer Anhörung des Umweltausschusses, der „atmende Deckel“ in der Solarförderung solle wieder eingeführt werden: Die jeweilige Degression der Förderung erfolgt dabei im Verhältnis zum erfolgten Zubau. Die geplante Verordnungsermächtigung zum sogenannten Marktinteg- rationsmodell werde gestrichen, sagte Kauch. Damit könnte die Regierung bestimmte Förderungssätze am Parlament vorbei ändern. Ob noch eine weitere Verordnung gestrichen wird, werde derzeit noch diskutiert, sagte Kauch. Währenddessen stießen die Pläne der Bundesregierung zur Kürzung der Solarförderung bei vielen Experten grundsätzlich auf Verständnis. Die Sachverständigen übten bei der Anhörung des Umweltausschusses jedoch Kritik an einer Reihe von Details des Gesetzentwurfes (17/8877), den die Regierung vor zwei Wochen ins Parlament eingebracht hatte.

Das Marktintegrationsmodell kritisierten die Experten besonders stark. Es sieht vor, dass die Anlagenbetreiber in Zukunft nicht mehr 100 Prozent, sondern nur noch zwischen 85 und 90 Prozent des erzeugten Stroms ins Netz einspeisen dürfen. Zwar sei das Ziel begrüßenswert, sagte Maren Hille vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, Eigenverbrauch gehe aber bei Grußanlagen nicht, die gegenwärtige Ausgestaltung sei zudem „optimierbar“. Diese Regelung würde einen großen Abwicklungsaufwand erfordern. Daher schlug sie für ihren Verband vor, anstelle einer prozentualen Absenkung die Photovoltaik-Vergütung von zwölf auf acht Monate zu begrenzen.

Holger Krawinkel vom Verbraucherzentrale Bundesverband erinnerte daran, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel das Versprechen abgegeben habe, dass die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nicht weiter steigen dürfe. Das von der Regierung angestrebte Maßnahmenpaket bezeichnete er daher „übereinstimmend als durchaus tragbar“. Hinsichtlich der Probleme der Netzparität, der sogenannten 50,2 Hertz-Problematik, sprach er sich dafür aus, dass die dafür nötigen Nachrüstungen von den Betreibern der Anlagen finanziert werden sollten.

Hubert Aulich von der Firma PV Crystalox Solar, einem Unternehmen das vor allem Siliziumscheiben produziert, äußerte die Befürchtung, dass „die Erfolgsgeschichte der Photovoltaik gestoppt werden könnte“. Er betonte, dass gerade für die Industrie eine Verlässlichkeit hinsichtlich des gesetzlichen Rahmens absolut notwendig sei und kritisierte, dass das Gesetz einen mangelnden Vertrauensschutz zur Folge habe. „Wir haben uns auf den atmenden Deckel verlassen“, sagte er. Aulich zitierte Roland Berger, der errechnet habe, dass  die Umlage später zum Teil in die Volkswirtschaft zurückfließe   ca. 17 Mrd. auf lange Sicht.
Martin Zembsch, Geschäftsführer der Belectric Solarkraftwerke, forderte ebenfalls bessere Planungs- und Investitionssicherheit. Die vorgesehene Übergangsfrist für Freiflächen bis 30. Juni sei „nicht akzeptabel“, sagte Zembsch. Aufgrund bestehender Fristen und Verordnungen des Baurechts seien die Übergangsfristen nicht realistisch: „Selbst wenn Sie die Heinzelmännchen dazu nehmen, schaffen Sie das nicht“, sagte er.

Auch Karl-Heinz Remmers vom Unternehmen Solarpraxis, kritisierte das Marktintegrationsmodell und die bislang vorgesehene Verordnungsermächtigung. Er forderte zudem, dass zwischen den einzelnen Anlagetypen mehr differenziert werden müsse. Er forderte, „aufzuhören, das Erreichte kaputt zu reden“, und regte ebenfalls eine Reihe von Nachbesserungen an dem Gesetz an. Remmers warnte zudem, dass die Vergütungsabsenkung zu einer Kreditklemme bei Investoren führen könne, da die Banken nur noch das finanzieren würden, was auch sicher vergütet würde: „Bestehende Modelle weiterentwickeln – statt ‚Fallbeilentwurf‘!“, forderte er. Der Entwurf sei handwerklich Pfusch; die Abgeordneten forderte er auf: „Nehmen Sie sich bitte künftig mehr Zeit für solche Gesetzesvorhaben!“

Philippe Welter von Photon vergab Schulnoten: Das existierende EEG erhielt „Zwei plus“ von ihm – die geplante Novelle dagegen „eine glatte Sechs“. Das Marktintegrationsmodell sei „Quatsch“. Er betonte, dass im Bereich der Photovoltaik „in den letzten Wochen viel Porzellan zerschlagen worden“ sei. Welter regte an, die Vergütungsfrist von 20 auf 30 Jahre zu verlängern, den Tarif dafür abzusenken. Er kritisierte, dass in dem Gesetzentwurf der Transformationsgedanke fehle. Er äußerte sich dennoch optimistisch über die Zukunft der Photovoltaik. Sie habe in der Vergangenheit „die stärksten Lernkurven“ durchlaufen, die werde aber durch den Entwurf gebremst und die Kostensenkung verlaufe dadurch langsamer. Daher prognostizierte er: „Noch in diesem Jahrzehnt wird die Photovoltaik die billigste Energiequelle werden – billiger als Kohle und Gas.“ Photovoltaik sei die Energiequelle des Jahrhunderts.

UNEP-Direktor Achim Steiner sagte später im Rahmen eines Symposiums der Enquetekommission „Wohlstand, Wachstum, Lebensqualität“, die Umlage sei keine verlorene Zahlung. Die Verbraucher sollten sich lieber überlegen, was geschehen wäre, wenn sie die ca. zehn Euro im Monatsdurchschnitt nicht bezahlt hätten – welcher Fortschritt nicht eingetreten sei und wie viele Arbeitslätze es nicht gegeben hätte.

AZ  mit hib – (Heute im Bundestag)