Energiewende als „Generationenvertrag“

Die Umsetzung der Energiewende nach den Zielen der Bundesregierung hängt jedoch entscheidend von Erfolgen bei der absoluten Energieeinsparung (etwa 50 Prozent) in allen Sektoren bis zum Jahr 2050 ab. Bisher ist seit 1994 der Primärenergieverbrauch in Deutschland nur marginal gesunken und der Stromverbrauch weiter (leicht) gestiegen. Deutschland ist noch weit von den regierungsoffiziellen Energiesparzielen für 2020, und erst recht für 2050 entfernt.

Die in der Vergangenheit wegen zu halbherziger Energiesparpolitik entgangenen „Benefits“ (Energiekosteneinsparung) für Volkswirtschaft und Verbraucher können auf zweistellige Milliardenbeträge veranschlagt werden. Studien (Fischedick et al. 2011) errechnen für einen 10-Jahreszeitraum allein durch 6 zentrale Maßnahmen (z.B. Energieeffizienzfonds, Energiemanagement, Weiße Zertifikate, Wärmeeffizienzmaßnahmen) ein jährliches Energiekosteneinsparpotential von ca. 3,5 Mrd. € (netto d.h. abzüglich der zusätzlichen Investitionen). Wären nur einige dieser Maßnahmen, die (wie z.B. ein Effizienzfonds) schon seit Jahren diskutiert werden (vgl. Thomas / Irrek 2006), schon im vergangenen Jahrzehnt eingeführt worden, hätten in der Summe schon deutlich mehr als 10 Mrd. € Energiekosten vermieden werden können.

Die Effizienzrevolution: eine Schlüsselfrage der Energiewende

Was früher als Utopie abgetan wurde steht heute plakativ in offiziellen Dokumenten: Notwendig ist eine veritable Energieeffizienzrevolution. Aber diese Revolution als zentrale Schlüsselfrage der Energiewende, ist weder konzeptionell (hinsichtlich Techniken, wirtschaftlichen Potentialen, Hemmnissen, Instrumentenmix und Akteurskonstellationen) zu Ende gedacht, noch irgendwo umgesetzt. Daher gibt es auch für den von der Bundesregierung implizit unterstellten absoluten Entkopplungsprozess von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch – zentrales Ergebnis einer erfolgreichen Effizienzrevolution – bisher weltweit noch kein Beispiel. Eine erfolgreiche deutsche Vorreiterrolle hätte daher eine enorme Signalwirkung für den globalen Klima- und Ressourcenschutz.

Eine solche Vorreiterrolle in Bezug auf die Energiewende müsste gesamtwirtschaftlich eine notwendige Bedingungen für nachhaltiges Wirtschaften („mehr Beschäftigung, weniger Ressourcenverbrauch“) erfüllen, die in Bezug auf Energie in folgender Ungleichung zum Ausdruck kommt:

w (EE) > w (BIP) > w (BP).

Dabei werden die Wachstumsraten (w) der Energieeffizienz (EE), des Bruttoinlandprodukts (BIP) und der Beschäftigtenproduktivität (BP) miteinander verglichen. Ceteris paribus sinkt der Energieverbrauch, wenn die Energieeffizienz mehr wächst als das BIP und steigt die Beschäftigung, wenn die Arbeitsproduktivität weniger wächst als das BIP. Offensichtlich eine seltene Konstellation eines „Wachstums auf des Messers Schneide“.

Alle Bundesregierungen setzten bisher, und werden wohl auch in Zukunft (ebenso wie die deutschen Energiewende-Szenarien, siehe oben) auf weiteres exponentielles BIP-Wachstum setzen, auch wenn eine absolute Entkopplung des Energieverbrauchs bei „linearem Wachstum,“ „Nullwachstum“ oder „negativem Wachstum“ rechnerisch einfacher umsetzbar wäre. Aber die sozioökonomischen Herausforderungen wie gerechtere Verteilung, Finanzierung von Staats- und Sozialhaushalten sowie mehr Beschäftigung sind bei aktiver Postwachstumspolitik erheblich schwieriger lösbar. Die Energiewende darf diese ohnehin bestehenden Herausforderungen nicht verschärfen, sondern sollte – so weit wie möglich – hierfür Lösungsbeiträge (z.B. durch gerechte Energiekostenverteilung) bereitstellen.