Energiewende als „Generationenvertrag“

Wie kontraproduktiv ist Energie-„Versorgung“?

Die deutschen Wirtschaftsminister und die Energieanbieter vertreten in aller Regel einträchtig den Standpunkt, dass Energie­sparen „Sache der Verbraucher“ ist. Staat und Energieversorgungsunternehmen (EVUs), so die vorherrschende Meinung, müssen informieren, mehr Transparenz schaffen und Anreize geben. Entscheiden muss der Ver­braucher. Man fragt sich: Wer denn sonst? Das ist so trivial wie unzulänglich, wenn zielkongruente Entscheidungsvoraussetzungen fehlen. Denn diese müssten so verlässlich ausgestaltet und mit Mechanismen versehen werden, dass in Summe das Energienutzungsverhalten tatsächlich die Erreichung der Energiewendeziele und eine absolute Entkopplung sicherstellen.

In der Praxis läuft das Argument „Energiesparen ist Sache der Verbraucher“ auf scheinbare „Konsumentensouveränität“ auf dem Energiemarkt und auf Klientelschutz der besonderen Art hinaus: Energieanbieter kämpfen unter dem Marketing-Schutzschirm der „Versorgung“ um Erhaltung und Ausbau des Energieabsatzes, dessen Höhe die Bundesregierung im Rahmen der Energiewende drastisch senken will. Dabei dient das pauschale Argument der „Versorgungssicherheit“ häufig der Energieangebotsseite zur Absicherung des Status quo und der Besitzstandswahrung. Das wirtschaftlich und sozial zweifellos wichtige Ziel der „Versorgungssicherheit“ wird jedoch bei erfolgreicher Umsetzung der Energiewende nur dann erreicht, wenn bisherige Besitzstände durch neue Geschäftsfelder ersetzt werden – bei gleichzeitiger drastischer Reduktion der fossil/ nuklearen Absatzmengen und forcierten Substitution der Energieträger durch erneuerbare Energien.

Was geschieht, wenn die Absatzstrategien der Energieanbieter im Zusammenwirken mit zu wenig informierten Entscheidungen von Millionen von Verbrauchern (Haushalte, KMUs, Industrie) – wie bisher in der Vergangenheit – auch in Zukunft bestenfalls zu einer relativen Entkopplung und nicht zur notwendigen absoluten Energieeinsparung führt? Wer ist dann verantwortlich und wie wird interveniert, um die Zielkongruenz zu sichern? Der „Markt“ nach bisherigem Verständnis war offensichtlich als Steuerungs- und Koordinierungsinstanz hierzu nicht in der Lage.

Einige Gründe für dieses Marktversagen wurden oben genannt. Neben der fehlenden Marktransparenz über die enorme Vielfalt von Effizienztechniken, sind vor allem folgende Punkte zu nennen: Die strukturell bedingte Dominanz des Energieangebots, das Investor/Nutzer-Dilemma (z.B. im Mietwohnungsbau), die Nichtbeachtung von Lebenszykluskosten (der Regelfall bei Investitionsentscheidungen), die Nichtberücksichtigung externer Kosten bis hin zu (Vor-)Finanzierungsproblemen höherer Anschaffungskosten von Effizienztechniken. Von Politikversagen muss dann gesprochen werden, wenn die Überwindung dieser Hemmnisse nicht systematisch angegangen wird. Oder noch problematischer: Wenn es der Politik an Innovationskraft für Langfristperspektiven mangelt und an Mut, das Gemeinwohl gegenüber Sparteninteressen durchzusetzen.