Vorsteuer für PV in ganz Europa zurück

EuGH: EU-weiter Vorsteuerabzug auf PV-Anlagen möglich

Käufer von PV-Anlagen können die Mehrwertsteuer zurückerhalten – unter bestimmten Umständen. Laut eines EuGH-Urteils (Rechtssache C-219/12) können die Eigentümer von Solaranlagen in der EU die Vorsteuer dann von der Mehrwertsteuer abziehen, wenn die PV-Anlage zur „nachhaltigen Erzielung von Einnahmen“ betrieben wird. Denn dann ist der Betrieb nach Ansicht des obersten europäischen Gerichts eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ – eine in Deutschland seit Jahren gängige Praxis.

Ein österreichischer Staatsbürger hat 2005 eine PV-Anlage auf das Dach seines Wohnhauses gebaut. Er speist den produzierten Strom auf der Grundlage eines auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrags ins Netz ein. Diese Lieferungen werden in Höhe des Marktpreises vergütet und unterlagen der Mehrwertsteuer. Der Betreiber kauft den für seinen Haushalt benötigten Strom zum selben Preis, für den der von seiner Fotovoltaikanlage produzierte Strom an das Netz geliefert wird, von der Ökostrom Solarpartner zurück. Daher beantragte er bei der zuständigen Steuerbehörde, dem Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr (bei Linz, Österreich), die Erstattung der im Zusammenhang mit dem Erwerb der Fotovoltaikanlage entrichteten Vorsteuer. Das Finanzamt verweigerte diese Vorsteuererstattung mit der Begründung, dass er „keine wirtschaftliche Tätigkeit“ ausübe. Daraufhin legte er Berufung beim Unabhängigen Finanzsenat, Außenstelle Linz, ein, der seiner Berufung stattgab.

Der vom Finanzamt angerufene Verwaltungsgerichtshof (Österreich) wollte in diesem Zusammenhang wissen, ob nach dem Unionsrecht1 der Betrieb einer auf oder neben einem privaten Wohnhaus angebrachten PV-Anlage, die immer mehr Strom produziert, als der Betreiber privat verbraucht und deren Strom gegen nachhaltige Einnahmen ins Netz einegspeist wird, unter den Begriff „wirtschaftliche Tätigkeiten“ fällt.

Mit seinem Urteil bejahte der Gerichtshof die Frage

Der EuGH stellte fest, dass der Betrieb einer PV-Anlage eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ darstelle, wenn diese Tätigkeit zur „nachhaltigen Erzielung von Einnahmen“ ausgeübt werde. Der Begriff der „Einnahmen“ sei im Sinne eines als Gegenleistung für die ausgeübte Tätigkeit erhaltenen Entgelts zu verstehen. Folglich spiele es für die Feststellung, dass die Nutzung eines Gegenstands zur Erzielung von Einnahmen erfolgt, keine Rolle, ob diese Nutzung auf die Erzielung von Gewinnen gerichtet ist. Da die Anlage Strom erzeugt, der gegen Entgelt in das Netz eingespeist wird, erfolge der Betrieb dieser Anlage zur Erzielung von Einnahmen. Diese seien, da die Stromlieferungen an das Netz auf der Grundlage eines auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrags erfolgten, auch nachhaltig. Insoweit sei es unerheblich, dass die Menge des von der Anlage produzierten Stroms die durch den Anlagenbetreiber für seinen Haushaltsbedarf verbrauchte Strommenge unterschreite.

Außerdem weist der Gerichtshof darauf hin, dass ein Steuerpflichtiger nach der Logik des Mehrwertsteuersystems die Mehrwertsteuer, mit der auf der Vorstufe die Gegenstände oder Dienstleistungen belastet waren, die er für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, abziehen kann. Der Vorsteuerabzug sei an die Erhebung der Steuern auf der folgenden Stufe geknüpft. Würden die Gegenstände oder Dienstleistungen auf der folgenden Stufe für die Zwecke besteuerter Umsätze verwendet, sei ein Abzug der Steuern, mit der sie auf der Vorstufe belastet waren, geboten, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Die Eigenschaft als Steuerpflichtiger setze insbesondere voraus, dass der Betreffende eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ ausübe. Der EuGH wies darauf hin, dass nationale Gerichte ihre Urteile nun im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshof fällen müssten.

1Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (ABl. L 102, S. 18).
->Quelle: curia.europa.eu; www.solarify.eu; curia.europa.eu2