DESERTEC Vision: Umsetzung ruckelt

Renewable Energy Finance 2013 – Tagung an der Frankfurt School of Finance

Es ist merkwürdig, dass die DESERTEC-Vision, vor allem ihre praktische Ausfaltung, die Desertec Industrie-Initiative (Dii) durch die Energiewende kaum spürbaren Aufwind erfahren hat. Im Gegenteil: Negativ-Schlagzeilen zeugen von der Enttäuschung mancher Medien über den klaffenden Spalt zwischen Erwartung und Ergebnis der Dii. Dies klang immer wieder durch bei einer Konferenz des Verlags der Frankfurt School of Finance und des UNEP Collaborating Centre for Climate & Sustainable Energy Finance zum Thema „Renewable Energy Finance 2013“ – in dieser Tagung spielte das Thema „Desertec – von der Vision zur nachhaltigen Umsetzung“ eine herausragende Rolle.

DESERTEC-Vorstand Thiemo Gropp stellte noch einmal die Ziele der Foundation vor – deren Ziel ist die Verwirklichung des DESERTEC-Konzepts vom Strom aus der Wüste für die Ballungsgebiete der Erde als Lösungsansatz für eine globale Energiewende. Darüber soll DESERTEC sich zu einer Bewegung der globalen Zivilgesellschaft entwickeln, um damit eine nachhaltige Zukunftsgestaltung zu erreichen.

In der darauffolgenden Diskussion klärte Dii-Geschäftsführer Paul van Son zunächst ein altes Missverständnis auf: Die Dii baue selbst keine Anlagen, sie bereite lediglich die Umgebung vor. Projekte gebe es bereits eine Reihe: Windparks in Marokko, Ägypten und woanders, Solarthermie in Marokko, in Abu Dhabi – allerdings nicht so viel, wie die Erwartungen waren. Nach langen Überlegungen sei die Dii zu dem Schluss gekommen, dass wenn man mit sehr großen Anlagen anfange, dauere es lange: „Die Frage war: Gibt ers kleine Projekte, die ohne staatliche Hilfen gebaut werden können? Nach einjähriger Prüfung haben wir 50 GW diagnostiziert.“

Van Son ging auch auf die umstrittene Frage des Stromimports aus der Wüste nach Europa ein: „Das wird erst langfristig passieren: man muss Geduld haben. Noch eine Weile werden wir in Europa Überkapazitäten haben und Export nach Nordafrika sehen.“ Später werde es dann zum Transport von dort nach Europa kommen. Durch gemeinsame Arbeit mit anderen Initiative sollten Erneuerbare Energien entwickelt und marktfähig gemacht werden.

Ignacio Campino sagte für die DESERTEC Foundation (DF) auf die Frage, ob denn die DF eine Art „UN der Solarenergie“ sei, er sei schon bei der Deutschen Telekom für Nachhaltigkeit zuständig gewesen, und habe nach Kopenhagen, Cancun und Abu Dhabi immer wieder festgestellt: „Wir drehen uns im Kreis, es gibt zu große Barrieren.“ DESERTEC biete dafür Lösungen an. Die DF sei ein Katalysator. „Was müssen wir den Regierung für Ideen geben, um Blockaden aufzulösen?“

Dassder Arabische Frühling einen Strich durch die DESERTEC-Rechnung gemacht habe, bestritt Paul van Son: Es habe dadurch keinen Einbruch gegeben – Fukushima habe vielmehr einen starken Akzent in Richtung Erneuerbare Eenergien gegeben. „Uns geht es um eine Region, die bald bevölkerungsreicher ist als Europa, wenn das dort nicht klappt, wird es eine Katastrophe geben. Erst an zweiter Stelle steht der Export. Eerneuerbare Energien nach Europa zu exportieren und mit fossilen in Afrika weiterzumachen wäre widersinnig“. Dazu sei die Entwicklung von Stromnetzen enorm wichtig, damit die Kosten in Grenzen bleiben.

Referatsleiter Martin Schöpe, im Bundesumweltministerium zuständig für für Umwelt und Energien im internationalen Bereich, wies darauf hin, das BMU habe mit dem DLR 2003 die grundlegenden drei wissenschaftlichen Studien angeschoben. Das langfristige deutsche Energiekonzept gehe weit über die Ziele der EU hinaus –  80 % Erneuerbare bis 2050. Es gehe zunächst um Förderung, dann um Integration, schließlich um Speicherung und Konversion. Eine rein nationale Energiewende wäre kein Erfolg: „Wir wollen Langfristigkeit in der Politik auch auf europäischer Ebene durchsetzen.Die für 2050 angepeilten 80% Erneuerbare werden keine 100% deutsche Erzeugung sein, 20% davon werden importiert – aus zwei großen Bereichen: Wind-Offshore und Nordafrika.“

Ex-Greenpeace-Power-Chef Robert Werner, jetzt Geschäftsführer der HIC (Hamburg-Institut-Consulting): Ein Abgleich der Erwartungen sei nötig. DESERTEC sie als „ein großer Suppentopf“ aufgetreten – jeder habe seine Erwartungen hineingerührt.

  • Zuerst die Politik, die wollte die Idee international einsetzen.
  • Dann die Stromunternehmen – damals sei die Kilowattstunde bei 8-9 Ct gelegen, doppelt so hoch wie heute, der Kraftwerkspark sei veraltet gewesen – die Diskussion sei bis heute „nicht fossile versus Erneuerbare Energien, sondern alte Kraftwerke gegen neue“. Die Preisbindung am Strommarkt funktioniere nicht mehr mit Erneuerbaren ohne Brennstoffkosten.
  • Weiterer der Koch am Suppentopf: die Umweltverbände, die hätten immer das Thema Versorgungssicherheit ausgelassen, seien jetzt dabeigewesen.
  • Die nordafrikanischen Staaten hätten auf Finanzflüsse gehofft, aus Sorge vor steigenden Brennstoffpreisen.

Alle Interessen gemeinsam bedienen zu wollen, sei nicht das beste Vorgehen gewesen. Jetzt müsse man schauen: „Was ist das Ziel aller, die dieses Ziel richtig finden?Die Lernkurve von CSP muss beschleunigt werden.“ Derweil wartet aber einer auf den anderen. Dabei müsse einer Vorreiter sein und Risiko übernehmen. Dann könne Desertec Wirklichkeit werden.

Die Konferenz „Renewable Energy Finance 2013

Der Markt rund um die Erneuerbaren Energien ist nach wie vor durch viele Herausforderungen geprägt: Wind- und Solarbranche kämpfen weiterhin mit Margeneinbrüchen, der Bau neuer Offshore-Windparks stockt, der Netzausbau kommt nicht voran und der anfangs schwindelerregende Wachstumskurs wird nun häufig zum Konsolidierungskurs. Mehr und mehr steht Deutschland im Wettbewerb mit dem Ausland. Zugleich möchte es seine internationale Vorreiterrolle im EE-Markt behaupten.

Die jährliche Fachkonferenz „Renewable Energy Finance“ des Frankfurt School Verlages fand 2013 bereits zum sechsten Mal statt und hat sich als jährlicher Branchenevent für Experten aus Kreditinstituten, Projektentwicklungsunternehmen, Anlagenindustrie und Institutionen etabliert. Mitveranstalter der Veranstaltung war auch in diesem Jahr das Frankfurt School – UNEP Collaborating Centre for Climate & Sustainable Energy Finance.

Im Zentrum der Konferenz standen die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen der Energiewende wie auch aktuell bedeutsame Einzelfragen der Projektfinanzierung. Dabei ging es insbesondere um die Frage: Wie sieht der weitere Fahrplan der Energiewende aus und welche Auswirkungen und Gefahren, aber auch Chancen werden auf die EE-Märkte und Akteure zukommen?
->Quelle: ho; frankfurt-school-verlag.de; fs-unep-centre.org