SZ: Versorgungssicherheit in Gefahr

20% der konventionellen Kraftwerke könnten vom Netz gehen

Wie Süddeutsche Zeitung schreibt, droht zahlreichen Kohle- und Gaskraftwerken vorübergehend oder dauerhaft das Aus. Die Energieversorger „klagen über hohe Verluste“ und überprüfen „wegen des Booms bei der Öko-Energie“ die Wirtschaftlichkeit vieler Kraftwerke. Damit könnte die Versorgungssicherheit gefährdet werden. Etwa ein Fünftel der etwa 90 GW konventioneller Stromkapazitäten könnten betroffen sein. Auch Atomkraftwerke könnten eher als geplant vom Netz gehen.

Wie SZ-Autor Markus Balser schreibt, drohe „neuer Ärger, weil die Regierung die Möglichkeit hat, den Betrieb per Gesetz aufrechtzuerhalten“. In Berlin lösten Überlegungen ernste Sorgen aus, die derzeit in den Zentralen der deutschen Energiebranche kursierten. Zu schaffen mache den Konzernen, dass auf Grund des Aufschwungs der Erneuerbaren ihre Kraftwerke immer seltener am Netz seien. Das wachsende Stromangebot lasse den Börsenpreis so stark fallen, dass sich ihr Betrieb nicht mehr lohne. Die Erzeugungskosten liegen über den Verkaufspreisen. Versorger und Stadtwerke zahlen deshalb immer häufiger drauf. Mehrfach hatten die Betreiber von der Regierung gefordert, für das Bereitstellen der Kraftwerke entlohnt zu werden – bisher vergeblich.

VKU: Diskussion über neuen E-Markt vorantreiben

VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck berichtet in diesem Kontext von einer Befragung „im Zusammenhang mit unserem Vorschlag für ein zukünftiges Energiemarktdesign (Vorstellung am 1. März 2013)“ nach den aktuellen Rahmenbedingungen für bestehende und für Neuanlagen mit dem Ergebnis: „Bei fast drei Viertel der VKU-Mitglieder hat sich die Wirtschaftlichkeit der Anlagen seit 2011 verschlechtert. Und mehr als 50 Prozent haben ihre Pläne für Kraftwerksneubauten zurückgestellt oder gar ganz aufgegeben“. Das – so Reck – zeige „eindeutig, dass die politisch gesetzten Rahmenbedingungen nicht stimmen. Der Aufwuchs der erneuerbaren Energien wird im Übermaß durch das EEG subventioniert, was die Folge hat, dass die für die Versorgungssicherheit notwendigen konventionellen Kraftwerke nicht mehr über rentable Laufzeiten verfügen“.

Deshalb sei es „unter den politisch zu verantwortenden Marktverzerrungen nicht mehr möglich, hocheffiziente, flexible konventionelle Anlagen zu bauen und zu betreiben“. Wenn das System weiter so fortgesetzt werde, komme es zu Versorgungs-Problemen – vor allem in Süddeutschland. Daher müsse die Diskussion über die künftige Gestaltung des Energiemarktes verstärkt vorangetrieben werden. Die erneuerbaren Energien, die Bereitstellung von Kraftwerksleistung und die Stromnetze müssten zusammen und in ihren Wechselwirkungen zueinander betrachtet werden. Reck: „Genau das haben wir in unserem Vorschlag für ein integriertes Energiemarktdesign getan. Unser Marktmodell generiert ein Höchstmaß an volkswirtschaftlicher Effizienz, bietet Versorgungssicherheit und ist dabei nachhaltig. Zu den zentralen Elementen des Modells gehören erstens ein Leistungsmarkt, über den derjenige, der gesicherte Stromerzeugung (Kraftwerke, Speicher) anbietet, zukünftig ein Entgelt für die Bereitstellung erhält. Zweitens beinhaltet das Marktmodell ein neues und wettbewerbliches Fördersystem für die erneuerbaren Energien mit Hilfe eines Auktionsverfahrens. Das dritte Element ist eine Neugestaltung der Regulierungsbedingungen für die Stromnetze.“

BDEW: Viele Neubauten auf Eis – Greenpeace: Kein Blackout

„Viele Kraftwerke können im jetzigen Energiemarkt nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden und sind von einer Stilllegung bedroht“, bestätigte BDEW-Geschäftsführerin Hildegard Müller den Bericht. Auch viele Neubauten lägen derzeit auf Eis. Müller forderte ein Übergangsinstrument jenseits von Zwangsmaßnahmen, bis das Marktdesign den Erfordernissen des Energiesystems angepasst sei. Laut Andree Böhling, Energieexperte bei Greenpeace, droht Deutschland kein Blackout, höchstens regionale Netzengpässe. Zudem gäben die Konzerne die gesunkenen Stromkosten nicht an die privaten Verbraucher weiter. Den geringeren Gewinnen mit Kraftwerken stünden somit höhere Margen beim Stromhandel und -vertrieb gegenüber. Dem Bericht der SZ zufolge dürfte es auch nicht zu systemrelevanten Engpässen kommen. „In Süddeutschland werden wir keine weiteren Stilllegungen akzeptieren“, sagte eine Sprecherin der Bundesnetzagentur der Zeitung.
->Quelle: sueddeutsche.de; vku.de; photon.de