SZ: „Brüssel will AKW-Bau erleichtern“

Subventionen für Atomstrom?

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung plant die EU-Kommission „die Rückkehr der Atomkraft“. Die Erbauer und Betreiber von Atomkraftwerken sollen – so sieht es ein der SZvorliegehder Entwurf der neuen Beihilferichtlinie von Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia vor – bald ebenso Subventionen bekommen wie Ökostrom-Produzenten. Die Begründung von Almunias Behörde klingt aberwitzig: Beide Energieformen seien „kohlenstoffarm“. Umweltorganisationen sehen bereits die deutsche Energiewende bedroht. Almunias Sprecher dementierte diese Meldung allerdings mit den Worten: „Die EU-Kommission möchte in keiner Form zu Subventionen für Kernkraft ermuntern“. Es sei an den Mitgliedstaaten, ihren eigenen Energiemix festzulegen.

Angela Merkel in BPK: „dagegen“

Die Bundeskanzlerin äußerte sich anlässlich ihrer Sommereinladung in die Bundespressekonferenz knapp zu dem Thema. „Deutschland hat dagegen gestimmt, und das unterstütze ich.“

Vor allem Großbritannien, Frankreich, Litauen, Polen, Finnland und die Slowakei hoffen auf Unterstützung aus dem Brüsseler Topf für ihre geplanten oder bereits im Bau befindlichen Atomkraftwerke. Da kommt ihnen die Brüsseler Initiative sehr zupass. Man wolle beim Ausbau der Kernenergie vorankommen, und deshalb seien für „Errichtung und den Betrieb eines Atomkraftwerks“ staatliche Hilfen notwendig, heißt es laut SZ in dem Papier. Demnach sollen „Investoren künftig von vornherein Rechtssicherheit über mögliche Beihilfen haben“. Dazu wolle Almunia ein Regelwerk verabschieden lassen, das die Voraussetzungen dafür klar regle.

Fehleinschätzung des Atomstroms

Demnach müssten die Behörden nachweisen, dass die Anlage für eine sichere Stromversorgung unabdingbar sei und die Investitionen dafür für private Investoren zu hoch seien. Dieser Punkt ist vor dem Hintergrund einer kürzlich erschienenen DIW-Studie interessant, nach der Brüssel die Kosten für Kernkraft zu niedrig ansetzt und umgekehrt die erneuerbaren Energien für zu teuer hält. Bislang müssen Beihilfe-Anträge einzeln vorgebracht und in einem jahrelangen Verfahren geprüft werden – mit ungewissem Ausgang.

Nach einem Bericht des Telegraph hatte es die EDF aber zur Bedingung für die Realisierung gemacht, dass die zuständigen Minister umgehend  notwendigen staatlichen Subventionen zustimmen. Nur bei einem gesicherten „strike price“ werde laut so EDF gebaut. Japanische und koreanische Unternehmen hatte die EDF nämlich bereits unterboten. Hauptproblem dürfte in vielen AKW-Ländern sein, dass die Kraftwerke in die Jahre gekommen sind, und durch neue Anlagen ersetzt werden sollen. Auf Grund der gesunkenen Börsen-Strompreise rechnen sich neue Atomkraftwerke aber derzeit nicht.

Umweltorganisationen: Energiewende bedroht

Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Lemke verurteilte die Pläne: „Das ist ein Rückfall in die Steinzeit der Energieversorgung. Es ist falsch, dass Staaten der EU noch immer auf Atomkraft setzen wollen, wo doch viel bessere und vor allem risikofreie Energien zur Verfügung stehen“, teilte sie mit. Mark Breddy, Sprecher von Greenpeace Europa, sieht laut Süddeutsche sogar die deutsche Energiewende bedroht: „Sie gefährden nicht nur die deutsche Umweltpolitik, sondern auch die Wirtschaft.“

„Solarkraftwerke müssen vollkaskoversichert sein, bei Atomkraftwerken haftet weiter der Bürger“, sagte Claude Turmes, Europa-Abgeordneter der Grünen. Der Atomunfall von Fukushima habe 100 Milliarden Euro gekostet, in Europa versicherten die Betreiber ihre Meiler mit maximal einer Milliarde Euro. Würden Atomkraftwerke ausreichend versichert, könnte Atomstrom je nach Laufzeit der Versicherung bis zu 60 Euro pro Kilowattstunde kosten – errechnete kürzlich ein Leipziger Versicherungsverband im Auftrag des BEE.
->Quellen: iwr.de; sueddeutsche.de; solarify.eu; telegraph.co.uk;