60 Prozent Energie könnten eingespart werden

Energieexperten fordern Politik zur Halbierung der Energieverschwendung auf

Anlässlich der Bundestagswahl appellieren 21 Energieexperten des fachlichen Beirats der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) an alle Parteien, sich einer Politik zur Halbierung der Energieverschwendung zu verpflichten. In ihrer Berliner Erklärung schreiben die Verfasser: „Ohne eine neue Energiesparpolitik würde die Energiewende teurer, langsamer und schwieriger werden“, denn: „Je geringer der Energiebedarf, desto geringer der Bedarf an neuen Erzeugungs-, Netz- und Speicherkapazitäten.“

So ist seit Jahren bekannt, dass deutschlandweit über 60 Prozent des Endenergieverbrauchs wirtschaftlich und nachhaltig einzusparen wären, mehr als die Hälfte davon alleine in den nächsten 20 Jahren. Um die Kosten der Energiewende auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen, drängen die Autoren daher auf eine integrierte Energieeffizienzpolitik für eine ausgewogene „Energiebalance“, bei der der Ausbau einer umweltverträglichen Versorgungsstruktur mit der Senkung der Energienachfrage Hand in Hand gehen.

„In den letzten Jahren wurde viel über Energiesparmöglichkeiten geredet und es gab vielversprechende Ansätze. Doch scheint dies heute für die Politik jetzt kein Thema mehr zu sein. Dabei könnte ein umfassendes, konsistentes und verbindliches Politikkonzept für das Energiesparen ein wesentlicher Pfeiler für ein zukunftsfähiges Energiesystem sein – mit großen Vorteilen für die verschiedenen Marktakteure und die gesamte Gesellschaft“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Irrek vom Institut für Energiesysteme und Energiewirtschaft an der Hochschule Ruhr-West.

„Die bisherigen Effizienzfortschritte sind keinesfalls ausreichend, um die Energiewendeziele zu schaffen. Die kommende Legislaturperiode muss daher deutliche zusätzliche politische Impulse für die Energieeffizienz mit sich bringen“, ergänzt Dr. Hans-Joachim Ziesing von der AG-Energiebilanzen.

Konkret schlagen die Autoren ein integriertes Effizienzkonzept vor, das auf Bundes- und Länderebene alle relevanten Ressorts, vom Steuerrecht über das Mietrecht bis hin zur Sozialpolitik, einbezieht. Dies soll rechtlich z.B. in einem Energieeffizienz- und Klimaschutzgesetz verankert werden.

Als Bestandteile fordern die Autoren u.a. eine verbindliche Zielsetzung, den Endenergiebedarf bis 2030 um mindestens 30 Prozent zu senken. Das entspricht der Hälfte der bis 2050 möglichen Einsparungen. Als weitere Eckpunkte werden die Schaffung einer zentral verantwortlichen und unabhängigen Koordinationsstelle für den Energieeffizienzmarkt, die kontinuierliche Finanzierung von Anreizen sowie die Stärkung der Marktakteure nahegelegt. Außerdem wird empfohlen, der Politik einen Effizienz-Rat zu Seite zu stellen, ähnlich der Plattformen für erneuerbare Energien, Netze und Elektromobilität.

Zitate der Unterzeichner:

Prof. Dr. Peter Hennicke, ehem. Präsident des Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie: „Ohne eine strategische Energiesparpolitik wird die Energiewende zu teuer, zu langsam und zu technokratisch. Verbindliche nationale Prozessverantwortung für die Umsetzung der Energiesparziele fordert nicht nur die EU, sondern auch wirtschaftlicher Sachverstand spricht dafür. Wir brauchen einen nationalen Kümmerer, zum Beispiel eine Energieeffizienzagentur, damit der Markt für Energiedienstleistungen endlich entwickelt werden kann.“

Prof. Dr. Claudia Kemfert, Professorin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW): „Wenn etwas die Stromrechnungen treibt, dann ist das die jahrelange verschlafene Energiesparpolitik. Hoher Verbrauch heißt auch hohe Kosten für Kraftwerke, Netze und Speicher. Die technischen Möglichkeiten, um in Haushalten und Unternehmen sinnvoll Strom und Wärme zu sparen, liegen brach. Deutschland braucht eine echte Energiekostenbremse durch eine kluge Effizienzpolitik.“

Dr. Martin Pehnt, Fachbereichsleiter Energieeffizienz am Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg: „Wir verschwenden große Mengen unserer teuer erzeugten und bezahlten Energie. Das belastet Haushalte, Unternehmen, die öffentliche Hand und nicht zuletzt das Klima. Die kommende Bundesregierung sollte sich die Priorität setzten, diese Verschwendung bis 2030 zu halbieren. Das erfordert weder Verzicht noch Komforteinbußen, sondern einzig klare Bekenntnisse.“
->Quelle: deneff.org