Warnschuss: Vier Grad drohen

Kurz vor neuem IPCC-Bericht

Während die Klimaskeptiker einander in verharmlosendem Schaulaufen übertreffen, warnen zwölf Wissenschaftler der im Februar gegründeten Earth League in einem Appell davor, dass sich die Atmosphäre noch in diesem Jahrhundert um vier Grad erwärmen könnte, wenn die Welt auf ihrem bisherigen fossilen Entwicklungspfad bleibt. Die Unterzeichner: Joachim Schellnhuber, Chef des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung, Guy Brasseur, Direktor des Climate Service Center Hamburg und Jennifer Morgan vom World Resources Instiute in Washington, außerdem Mario Molina, Brian Hoskins, Carlos Nobre, Peter Schlosser, Veerabhadran Ramanathan, Nebojsa Nakicenovic, Youba Sokona und Leena Srivastava.

„Die Belege dafür, dass unsere Industriegesellschaft bereits eine erhebliche globale Erwärmung verursacht hat, sind überwältigend“, heißt es in dem Text. Wenn wir weiterhin unvermindert fossile Brennstoffe verfeuerten und dabei ein Übermaß von Treibhausgasen in die Atmosphäre entließen, sei die Menschheit auf dem Weg in eine vier Grad wärmere Welt,  warnen die Wissenschaftler. Zudem könnten machtvolle Rückkopplungsprozesse in Gang gesetzt werden, welche die Erwärmung weiter verstärken – und die möglicherweise unumkehrbar seien.

Zwei-Grad-Grenze noch einzuhalten

Es gebe – noch – hinreichende Evidenz dafür, dasswir die Zwei-Grad-Grenze einhalten könnten. Diese wurde von der internationalen Gemeinschaft als Linie definiert, die von der globalen Erwärmung nicht überschritten werden soll – auch wenn sogar dieses begrenzte Maß an Erwärmung bereits gefährliche Auswirkungen auf Umwelt und Mensch haben könnte. Der Artikel warnt, dass ein Anstieg der globalen Mitteltemperatur um vier Grad das Gesicht unseres Planeten drastisch verändern würde. Manche Küsten und viele Inseln würden überschwemmt, weil der Meeresspiegel ansteigt. Eine Zunahme von extremen Hitzewellen könnte in bestimmten Regionen Missernten verursachen, und letztlich auch Menschenleben kosten.

1975 veröffentlichte der US-Wirtschaftsprofessor William Nordhaus eine Grafik mit einer als Zwei-Grad-Grenze bezeichnete Linie – er fügte dieser Grenze eine Zeitachse, die natürlichen Schwankungsbreiten samt einer nach oben verlaufenden Temperatur-Kurve hinzu: 2040 schnitten beide einander. Aus der 2-Grad-Grenze wurde (im Deutschen) über die Jahre ein 2-Grad-Ziel. Unter Ziel verstehen wir aber gemeinhin etwas Erstrebenswertes, für dessen Erreichung oder Überschreitung im Sport sogar Medaillen winken. Es geht aber um die Vermeidung einer Katatstrophe, die nach Überzeugung von Experten schon bei 1,5 Grad anfängt. Siehe: solarify.eu

Nicht-Handeln ist inakzeptable Aussicht

„Obwohl die Klimaforschung nur Aussagen darüber trifft, was zukünftig geschehen kann, und nicht über die daraus abzuleitenden Entscheidungen, ist für uns Autoren Nicht-Handeln eine inakzeptable Aussicht“, erklären die Wissenschaftler. „Staaten ziehen in Kriege, führen Massen-Impfungen durch und richten teure Versicherungssysteme und Anti-Terror-Maßnahmen ein, um weit geringeren Gefahren zu begegnen. Unsere Gesellschaft ist offenbar bereit, den nachkommenden Generationen immense Risiken aufzubürden.“

Während manche Stimmen behaupten, die Menschheit könne keinesfalls eine Erwärmung von vier Grad Celsius verursachen, erklären andere bereits das Scheitern des Versuchs, die globale Erwärmung auf weniger als zwei Grad zu begrenzen. Es gebe aber hinreichend Belege dafür, dass diese Begrenzung der Erwärmung machbar ist, betonen die Wissenschaftler. Technologische Fortschritte zeigten, dass die große Transformation hin zur globalen Nachhaltigkeit zu schaffen sei. Viele Forschungsinitiativen stellten sich dieser Herausforderung. Doch der Zeitraum, der für diese Transformation bleibe, schrumpfe schnell.
->Quelle: pik-potsdam.de; solarify.eu