Energie-Subventionen: Dramatisches Missverhältnis

Fossile Energiesubventionen auf Rekordumfang gestiegen: 523 Mrd. US$

Weltweit betrachtet ist das Missverhältnis zwischen Energiesubventionen für traditionelle Energien und die Unterstützung von erneuerbaren Energien noch dramatischer. Denn trotz des G20-Beschlusses von 2009, ineffiziente fossile Energiesubventionen abzubauen, sind diese laut der Internationalen Energieagentur auf einen Rekordumfang von 523 Milliarden US-Dollar gestiegen – sechsmal so viel wie die weltweite Unterstützung für erneuerbare Energien.

Deshalb gilt für Industrie- wie Entwicklungs- und Schwellenländer: Solange traditionelle Energien durch Energiesubventionen künstlich verbilligt werden, haben es erneuerbare schwer, sich durchzusetzen. Die weltweit erfolgreichsten Instrumente für die Einführung von erneuerbaren Energien sind garantierte Einspeisetarife nach dem Vorbild des deutschen EEG. Trotzdem gibt es hier Reformbedarf.

Die Transformation der Energiesysteme wird nicht schnell gelingen

Zwei Aspekte dürfen bei einer EEG-Reform nicht vergessen werde:

  1. Die CDU-FDP-Bundesregierung hat durch die Ausweitung der Befreiung von der EEG-Umlage auf rund 2300 Strom-Abnahmestellen die anstehende Erhöhung mit verursacht. Die Ausgleichsregelung ist für einen Anstieg von 25 Prozent verantwortlich. Dass die Industrie an dieser Bevorzugung festhalten möchte, erklärt BASF-Chef Bock damit, dass es sich nicht um eine Subventionierung, sondern um eine Vermeidung zusätzlicher Lasten handelt. Doch inzwischen zeigt die politische Bedeutungslosigkeit der FDP Wirkung: Bundeskanzlerin Merkel sprach sich kürzlich bei der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie dafür aus, nur Industrien von der EGG-Umlage auszunehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen.
  2. Wer in Deutschland die Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, beziehungsweise global betrachtet die Abschaffung der Unterstützung für erneuerbare Energien fordert, muss im gleichen Atemzug die um ein vielfaches höheren Subventionen für nukleare und fossile Energien benennen und diese ebenfalls abschaffen wollen, statt neue Subventionen zu fordern, wie das Eon und RWE jüngst getan haben. Wer faire Wettbewerbsbedingungen zwischen traditionellen und erneuerbaren Energien herstellen möchte, kommt um diese Diskussion nicht herum.

Doch auch wenn fossile Energiesubventionen abgebaut werden, wird die notwendige Transformation der Energiesysteme, wie sie der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung fordert, kurzfristig nicht gelingen – weder in Deutschland noch weltweit. Zum einen bleiben bestehende Kohlekraftwerke für vierzig bis fünfzig Jahre am Netz. Zum anderen können wir seit Anfang des 21. Jahrhunderts eine Renaissance der Kohle beobachten – vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern.

Die Industrie profitiert von niedrigen Zertifikatspreisen

Die Forderung, Energiesubventionen jeder Art abzuschaffen, bleibt richtig, ist aber nur mittel- bis langfristig zu realisieren. Zu groß sind die ökonomischen Interessen der Akteure. Für Deutschland und Europa gilt, wer die Förderung erneuerbarer Energien reduzieren möchte, muss im Gegenzug bereit sein, sowohl das System der fossilen Energiesubventionen als auch den europäischen Emissionshandel zu reformieren. Doch auch hier gibt es Widerstand aus der traditionellen Energiewirtschaft. Während eine fundamentale EEG-Reform für STEAG-Chef Rumstadt schnellstmöglich umzusetzen ist, sorgt er sich, wenn in ein etabliertes System wie den europäischen Emissionshandel eingegriffen wird. Denn die Industrie profitiert durch wenig ambitionierte Reduktionsziele schon länger von den niedrigen Zertifikatspreisen. Derzeit gibt es keine Anreize für einen Wechsel von traditionellen zu erneuerbaren Energien. Im Gegenteil, die fossile Erzeugung wurde ausgeweitet.

Matthias Ruchser arbeitet als Berater in der Energiewirtschaft und ist Leiter der Stabsstelle Kommunikation des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE).
Der Artikel erscshien zuerst in der Frankfurter Rundschau.