„Größere Schuhe – aber keine Knobelbecher“

Tanja Gönners Buch – vorgestellt von Klaus Töpfer

„Deutschland soll seine Zurückhaltung aufgeben und bei der Lösung globaler Zukunftsfragen mehr Gestaltungswillen aufbringen. Das meinen Politiker, Künstler, Unternehmer und Wissenschaftler aus allen Erdteilen, wie eine GIZ-Umfrage in fast zwei Dutzend Ländern offenbart.“ Das schreibt der Murmann-Verlag in seinem Text zu Tanja Gönners Buch „Zieht die größeren Schuhe an, sie werden euch passen!“ Und das ist auch die Überzeugung der Autorin, baden-württembergische Umwelt- und Sozialministerin a.D., aktuell Vorstandssprecherin der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Ihr Buch stellte am 11.03.2014 Klaus Töpfer vor – der zur Vorstellung keine Titelsammlung mehr braucht.

„Die Welt hat eine klare Vorstellung von Deutschland: Sie erwartet mehr Führungsstärke, mehr Einsatz, mehr Verantwortung. So habe es einer der Befragten auf den Punkt gebracht. Die erstaunlich eindeutigen Ergebnisse der Studie nimmt Tanja Gönner zum Anlass, über Deutschlands Handlungsmöglichkeiten im internationalen Gefüge nachzudenken. In diesem Buch zeigt sie, wo unser Engagement angemessen ist und was wir bieten können – bescheiden wie bisher, aber tatkräftig wie gefordert.“

Ludwig Erhard als Wachstumsskeptiker

Töpfer zitierte bei der Buchvorstellung aktuell Reden von Steinmeier bis Gauck und geißelte dann die „Verblendung mit Blick aufs Wachstum“: Wie gingen wir eigentlich damit um, „dass wir eine andere Inanspruchnahme der Ressourcen“ durchsetzen müssten? Sonst würden wir immer mehr zu „Opfern unserer Wachstumslogik“. Und er zitierte aus Ludwig Erhards „Wohlstand für alle“ (1957 ): „Wir werden sogar mit Sicherheit dahin gelangen, dass zu Recht die Frage gestellt wird, ob es noch immer nützlich und richtig ist, mehr Güter, mehr materiellen Wohlstand zu erzeugen, oder ob es nicht sinnvoll ist, unter Verzichtsleistung auf diesen ‚Fortschritt‘ mehr Freizeit, mehr Besinnung, mehr Muße und mehr Erholung zu gewinnen.“ Der große Montini-Papst Paul IV. habe die Formel „Entwicklung ist der neue Begriff von Frieden“  geprägt – heute würde er wohl „nachhaltige Entwicklung“ sagen. Ein Wohlstand, aufgebaut auf Zerstörung der Umwelt, sei kein wirklicher Wohlstand und nicht friedensstiftend, verwies Töpfer auf ein Wort seines früheren Chefs, des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan.

Friedensstiftend sei Gönners Leitmotiv der „Green Economy Transformation“, so Töpfer, der seiner Hoffnung Ausdruck gab, das viele Gönners Buch lesen und sich ärgern mögen – denn das sei gut für die Diskussion. Positiv wertete er, dass die Autorin dem Thema Energie ein eigenes Kapitel gewidmet habe. Es sei eine „Fehlleistung zu glauben, die Energiewende sei nur etwas für Deutschland – wenn es nicht gelingt, die Energiewende zu sozialisieren, werden wir nicht weit kommen.“ Wir müssten deutlich machen, dass die Energiewende dann gelungen sei, wenn neun Milliarden Menschen 2050 eine bessere Zukunft hätten.

„Makler für das Mögliche“

Gönner schlägt als deutsche Rolle den „Makler für das Mögliche“ vor. Dass die [[CO2]]-Werte bei uns trotz Energiewende anstiegen, so Töpfer, erschwere diese Rolle. Gönner nennt im Buch die Konsequenzen für unsere Lebensstile, nicht nur technische – für andere könne das eine Bedrohung darstellen. Deutschland hat  laut Töpfer zwar seinen Ort gefunden, aber wir müssten uns  unserer Geschichte bewusst sein und immer wieder umblicken“. Und er begrüßte Gönners Satz: „Wir werden größere Schuhe anziehen müssen – aber es werden keine Knobelbecher sein.“ Und die EU? Die müsse von der green economy zur green society führen, damit wir von der Angebotsseite endlich auf die Nachfrageseite kämen, so Töpfer.
->Quelle: murmann-verlag.de; Gerhard Hofmann (auch Fotos)