AKW Grafenrheinfeld vorzeitig vom Netz

Nicht ökologisch motiviert: E.ON will Brennelemente-Steuer sparen

Das Energieversorgungsunternehmen E.ON will sein Atomkraftwerk Grafenrheinfeld schon Ende Mai 2015, sieben Monate früher als geplant, endgültig abschalten. Der Grund: Die drohende Brennelemente-Steuer in Höhe von rund 80 Millionen Euro, die das unterfränkische AKW kaum noch rentabel Strom produzieren lässt. Das AKW Grafenrheinfeld ist E.ONs ältester aktiver Atommeiler, wurde 1974 begonnen und 1982 fertiggestellt.

Aus der Pressemitteilung: „E.ON beabsichtigt, den Leistungsbetrieb des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld in Bayern Ende Mai 2015 und damit sieben Monate vor dem gesetzlich vorgesehenen Laufzeitende zu beenden. Eine entsprechende Stilllegungsanzeige hat das Unternehmen am Freitag der Bundesnetzagentur und dem Netzbetreiber TenneT übermittelt. Hintergrund für die Entscheidung ist die mangelnde Wirtschaftlichkeit der Anlage. Der Weiterbetrieb von Kernkraftwerken ist wirtschaftlich nur noch dann sinnvoll, wenn sich ein genügend langer Zeitraum ohne Kernbrennstoffsteuer anschließt. Diese Steuer läuft erst im Jahr 2016 aus. Für Grafenrheinfeld ist daher angesichts der verkürzten Restlaufzeit eine vorzeitige Stilllegung auch im Interesse der Aktionäre des Unternehmens unumgänglich.“

TenneT: „Situation beherrschbar“

Netzbetreiber TenneT hat wie es die Reservekraftwerksverordnung vorsieht, eine vorzeitige Stilllegung von Grafenrheinfeld zu prüfen, gab aber bereits Entwarnung, kündigte jedoch hohe Kosten an. TenneT-CEO Martin Fuchs hofft laut einer Mitteilung, dass die vorzeitige Abschaltung die Versorgungssicherheit in Bayern nicht gefährdet: „Die Situation wäre unter sehr deutlich erhöhten Eingriffen in den Markt, die das Netz stabilisieren, für uns als Übertragungsnetzbetreiber beherrschbar“. Auch das Bundeswirtschaftsministerium befürchtet keine Gefährdung der Versorgungssicherheit.

[note Bereits heute muss TenneT nach eigenen Angaben rund 1.000 mal im Jahr eingreifen, um das Höchstspannungsnetz stabil zu halten. Dabei handelt es sich in der Regel um Anweisungen an konventionelle Kraftwerke, ihre Leistung zu reduzieren oder zu erhöhen, um zu hohe Stromflüsse auf belasteten Leitungen zu unterbinden. Die Kosten für Eingriffe in den Kraftwerkspark liegen bei etwa 150 Millionen Euro im Jahr und werden über die Netzentgelte von den Verbrauchern getragen. Eine durch die vorzeitige Stilllegung von Grafenrheinfeld notwendige sehr deutliche Erhöhung von Eingriffen in den Markt würde auch diese Kosten stark ansteigen lassen.]

Parteiübergreifendes Lob – aber auch Skepsis wg. möglicher Tricks

Bundesumweltministerin Hendricks (SPD) hat die Entscheidung gelobt. Jedes AKW, das ein bisschen früher vom Netz gehe, sei in ihrem Interesse. Nach Meinung der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hat E.ON versucht, den Staat zu Steuererleichterungen zu überreden. Dies sei aber nicht gelungen. „Die Abschaltung von Grafenrheinfeld ist längst überfällig“, erklärte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Hubert Weiger. Er lobte Eon für den Schritt, hoffe aber gleichzeitig, dass Eon nicht hintenrum versuche, Geld für den Weiterbetrieb zu bekommen:. „Das Aus für das AKW Grafenrheinfeld ist hoffentlich keine Nebelkerze, um hintenrum Geld für den Weiterbetrieb des Atomkraftwerks zu bekommen.“

Ex-MdB Hans-Josef Fell (B90/Grüne): „Das frühere Abschalten des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld bedeutet eine baldige Erlösung der Region von den radioaktiven Gefahren und Belastungen. Die Emissionen aus dem Normalbetrieb, die sich zur natürlich vorhandenen Umweltradioaktivität addieren, gehören dann der Vergangenheit an. Es ist zu erwarten, dass nun auch die erhöhten Leukämieraten bei Kindern in Schweinfurt und Umgebung endlich zurückgehen werden.“

Hans Josef Fell weiter:

E.ON widerlegt Mär vom teuren Öko- und billigen Atomstrom

„E.ON widerlegt damit selbst die unentwegt verbreitete Mär vom teuren Ökostrom und billigem Atomstrom. Nun wird aber auch offensichtlich, worum es bei der EEG-Novelle der schwarz-roten Bundesregierung wirklich geht: Den weiteren erfolgreichen Ausbau der Erneuerbaren Energien bremsen oder gar stoppen, damit nicht auch Gundremmingen und andere Atom- und Kohlekraftwerke das Schicksal des früheren Abschaltens aus ökonomischen Gründen wie Grafenreinfeld ereilt.“

Die Grünen im Bayerischen Landtag zeigten sich hocherfreut. „Die Energiewende entwickelt eine erfreuliche Dynamik. Der Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland macht die gefährlichen Atomkraftwerke zunehmend unrentabel und überflüssig. Für Grafenrheinfeld gilt das ganz besonders. Wenn Eon diesen Uralt-Meiler stilllegen will, sollte die Bundesnetzagentur dem Konzern entgegenkommen und eine sofortige Abschaltung nach der anstehenden Frühjahrsrevision ermöglichen“, kommentierte der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag, Ludwig Hartmann. Die angekündigte Stilllegung sei eine Blamage für den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU). Dieser habe im Poker um mögliche Steuerrabatte zunächst fest an der Seite von E.,ON gestanden und diese Position nach nur zwei Wochen „winselnd räumen“ müssen, so Hartmann weiter.

E.ON unter Druck

Eon steht unter Druck: Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien sinken die Gewinne der konventionellen Kraftwerke deutlich. E.ON hatte das im vergangenen Jahr zu spüren bekommen, als sich der Gewinn auf 2,2 Milliarden Euro nahezu halbierte.

[note Der Antrag von Eon wird nun von der Bundesnetzagentur geprüft. Wenn Tennet die Versorgungssicherheit nicht infrage gestellt sieht, kann das AKW in einem Jahr vom Netz gehen. Lehnt die Bundesnetzagentur ab, müsste Grafenrheinfeld bis Ende 2015 weiterlaufen, dann würden die Kosten E.ON erstattet und den Stromkunden in Rechnung gestellt.]
->Quelle(n): pv-magazine.de; eon.com; spiegel.de; photovoltaikforum.com; dw.dedeutschlandfunk.de; tennet.eu/de; ludwighartmann.de