IPCC beklagt politischen Druck

Eine Chance für die Politik

Trotzdem ist der deutsche Ökonom am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) über die Entwicklung bei den Verhandlungen in Berlin nicht glücklich. Er sieht aber in der Debatte um den politischen Einfluss auch einen Vorteil: Man werde nun intensiv diskutieren innerhalb der Staaten, wer künftig welchen Klimabeitrag leisten müsse. Nur dann könne man über Verantwortung reden. «Dass der politische Druck nun so gross geworden ist, zeigt, wie relevant das Thema ist», sagt Reto Knutti. Der ETH-Forscher spricht aus Erfahrung. Er war im September bei den Verhandlungen über den ersten IPCC-Teilbericht in Stockholm dabei. «Die Regierungen, allen voran China, Brasilien und Saudiarabien, versuchten Aussagen mit dem Vorwand zu entfernen, die Passagen seien unklar und zu komplex», sagt Knutti. Es ging unter anderem um eine Figur, die aufzeigt, dass jede Tonne CO2 etwa die gleiche Erwärmung verursacht, egal wann und wo sie ausgestossen wird. Aus diesem Zusammenhang kann ab­geleitet werden, wie stark verschiedene Ländergruppen proportional zu deren totalen Emissionen zum Klimawandel beigetragen haben. Trotzdem konnten die IPCC-Forscher die Regierungen überzeugen, diese politisch wichtige Aussage im Kurzbericht zu belassen. In Berlin sei die «Front» zu gross gewesen, um etwas zu erreichen, sagt Edenhofer.

Trotz der schlechten Erfahrungen verteidigt ETH-Klimaforscher Reto Knutti das System: «Es ist sinnvoll, dass Regierungen bei der Kurzfassung mit­bestimmen können. Dann bekennen sie, dass der Inhalt für sie relevant ist.» ­Dadurch erhalte dieser eine gewisse ­Verbindlichkeit. Dennoch hat für ihn in Berlin der politische Druck ein Mass erreicht, der die Unabhängigkeit des IPCC-Prozesses infrage stellt.
->Quelle(n): tagesanzeiger.ch; sciencemag.org; ethlife.ethz.ch; pik-potsdam.de